Diskussion um die PilleDarum wollen viele Frauen keine Hormone mehr schlucken

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Anti-Baby-Pille

Anti-Baby-Pillen

Die Anti-Baby-Pille ist praktisch und einfach einzunehmen, sie gilt als das sicherste Verhütungsmittel. Trotzdem haben viele Frauen kein gutes Gefühl mehr, sie täglich zu schlucken. Selbst, wenn sie keine Nebenwirkungen, sondern oft nur eine diffuse Besorgnis spüren: Was stellen die auf Dauer eingenommenen Hormone wohl in und mit meinem Körper an? Zu diesem schlechten Bauchgefühl haben vor allem die dramatischen Krankheitsfälle beigetragen, die rund um die neueren Pillen öffentlich wurden.

Gemeint sind die Pillen der dritten und vierten Generation, die zum Beispiel den Wirkstoff Drospirenon enthalten. Eine der Geschädigten ist Felicitas Rohrer, eine Frau, die aktuell gegen den Bayer-Konzern klagt. Sie hatte acht Monate die Pille "Yasminelle" genommen, und erlitt eine Thrombose, eine Lungenembolie und sogar einen Herzstillstand. Ihr und vielen anderen Geschädigten war nicht klar, dass die neuen Pillen zu einem erhöhten Thrombose-Risiko führen können. Weder vom Arzt noch im Beipackzettel seien sie ausreichend darüber aufgeklärt worden, wie sie sagen.

Die Mitglieder der Initiative "Risiko Pille" fordern den Bundestag daher auf, die Pillen der dritten und vierten Generation vom Markt zu nehmen.

www.risiko-pille.de

Melanie, 29

Der Hauptgrund, weshalb ich die Pille abgesetzt habe, waren meine extremen Kopfschmerzen während der Pillenpause. Das waren richtige Migräneattacken, ganz schlimm. Als ich einmal intensiv den Beipackzettel gelesen hatte, habe ich gemerkt, dass noch etwa fünf bis sechs andere Nebenwirkungen auf mich zutreffen. Elf Jahre habe ich die Pille Belara genommen, bis zum April letzten Jahres.

Nach dem Absetzen haben sich die Kopfschmerzen direkt im ersten Zyklus gebessert, sie waren quasi verschwunden. Doch dafür habe ich vermehrt Pickel bekommen, keine kleinen Pickelchen, sondern extreme Unterlagerungen der Haut. Dazu noch richtig heftigen Haarausfall, der etwa drei bis vier Monate nach dem Absetzen auftrat. Inzwischen wachsen die Haare aber wieder stark nach, da bin ich sehr froh. Ganz ehrlich: Seit ich die Pille nicht mehr nehme, habe ich wieder viel mehr Lust auf Sex. Ich kann wirklich sagen, dass mein Lustempfinden durch die Pille unterdrückt war. Insgesamt empfinde ich mich jetzt als weniger gereizt, bin ruhiger und belastbarer. Manchmal aber auch emotionaler, etwa wenn ein bestimmtes Lied im Radio läuft.

Mein Freund und ich verhüten jetzt mit Kondom und mit NFP (natürliche Familienplanung), also der Temperaturmessmethode. Das Messen ist überhaupt kein Problem, bisher habe ich es in zehn Monaten nur an drei Morgen vergessen. Das Thermometer liegt direkt neben meinem Handy, das mich morgens weckt.

Ich rate jeder Frau, die Pille abzusetzen, sobald sie unerwünschte Nebenwirkungen spürt. Für mich gibt es definitiv kein Zurück mehr zur hormonellen Verhütung.

Meine Ärztin hatte mir bei meinen Beschwerden erst geraten, die Pille durchzunehmen, dann eine andere Pille zu nehmen, die ich nicht vertragen hatte. Mein Eindruck ist, dass viele Frauenärzte nicht viel von NFP halten. Mir wurde in der Praxis nie zu etwas anderem geraten als zur Pille.

Sarah, 17

Vor eineinhalb Jahren habe ich angefangen, die Pille Kleodina zu nehmen, mit 15. Einerseits, weil ich einen Freund hatte, andererseits, weil mein Zyklus ziemlich unregelmäßig war.

Ich hatte persönlich keine Beschwerden, aber Bedenken. Vor gut einem Monat habe ich jetzt die Pille abgesetzt. Auslöser waren ein Internet-Video, in dem eine Australierin erzählte, dass sie die Pille abgesetzt hatte und die Erfahrungen von zwei Mädchen, die ich gut kenne. Sie hatten Schmier- und Zwischenblutungen und mussten auf eine andere Pille wechseln. Dazu kamen bei ihnen noch schlechtere Haut und Gewichtszunahme. Für mich sind das alles Anzeichen, dass die Pille stark auf den gesamten Körper einwirkt. Jetzt verhüte ich mit der Hormonspirale. Ich habe das Gefühl, dass es mir emotional besser geht, ansonsten habe ich keine großen Veränderungen gespürt. Das Einsetzen tat zwar weh, war aber auszuhalten. Ich habe mich dafür entschieden, weil die Spirale niedriger dosiert ist als die Pille, und direkt in der Gebärmutter wirkt. Die Pille wirkt ja im ganzen Körper.

An sich habe ich die Pille damals gut vertragen, ich hatte keine Nebenwirkungen. Nur einmal, da hatte ich die Pille vergessen und habe dann nach den Anweisungen des Beipackzettels drei Dragees auf einmal genommen, da habe ich dann schon Auswirkungen gemerkt und zum Beispiel grundlos geheult.

Für die Spirale Jaydess zahle ich jetzt genau dasselbe wie für die Pille, 360 Euro für drei Jahre. So lange bleibt sie im Körper. Eine Frauenärztin, bei der ich war, war zwar anfangs skeptisch, weil ich noch so jung bin, aber bisher bin ich sehr zufrieden, ich merke überhaupt nichts. Für mich war das die richtige Entscheidung, aber ich kann verstehen, wenn sich andere nicht so lange festlegen wollen. Viele wissen gar nicht, dass die Pille stark in die Abläufe des Körpers eingreift.

Alternative Verhütungsmethoden

Kondom: Wenn es korrekt verwendet wird und nicht abrutscht oder reißt, ist das Kondom ein sehr sicheres Verhütungsmittel. Es ist zudem das einzige Verhütungsmittel, das einen Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, einschließlich HIV, bietet.

Kupferspirale und Kupferkette: Die Spirale besteht aus einem T-förmigen Kunststoffstäbchen, dessen Schaft mit einem feinen Kupferdraht umwickelt ist. Sie wird, genau wie die Kupferkette, vom Frauenarzt eingesetzt und kann bis zu fünf Jahre in der Gebärmutter bleiben. Die Kupferkette besteht aus Kupferröhrchen, die an einem flexiblen Nylonfaden aufgereiht sind. Kette und Spirale sorgen dafür, dass geringe Mengen von Metallionen in die Gebärmutter abgegeben werden.

Dadurch wird die Schleimhaut der Gebärmutter so verändert, dass sich kein Ei mehr einnisten kann und gleichzeitig wird die Beweglichkeit der Spermien vermindert. Beide Methoden gelten als sicher, allerdings kann die Monatsblutung stärker und schmerzhafter werden. Diaphragma: Der silikonbespannte, flexible Federring wird vom Frauenarzt angepasst. Die Frau setzt das Diaphragma vor dem Sex selbst in die Vagina ein und trägt vorher eine Samen-abtötende Creme auf. Ob es zuverlässig schützt, hängt von der passenden Größe und dem genauen Sitz ab. Neu auf dem Markt ist ein oval geformtes Diaphragma, das sich dem Scheidengewölbe anpasst. Es wird in einer Einheitsgröße angeboten, ein individuelles Anpassen soll nicht mehr notwendig sein.

Fem Cap: Die Fem Cap ist eine Weiterentwicklung der klassischen Portiokappen, die nicht mehr auf dem Markt erhältlich sind. Die Kappe gibt es in drei Größen und besteht aus einer nach innen gewölbten Kuppel und einem breitem Rand. Ähnlich wie das Diaphragma wird die Fem Cap in die Scheide eingeführt und direkt über den Muttermund gestülpt, so dass sie eine Barriere zwischen Spermien und Gebärmutter bildet. Ihre Sicherheit hängt von der richtigen Anpassung und sachgemäßen Anwendung ab.

Symptothermale Methode oder natürliche Familienplanung (NFP): Bei der Temperaturmethode misst und notiert die Frau jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen ihre Körpertemperatur. Daraus lässt sich nach einigen Monaten ablesen, wann der Eisprung stattgefunden hat. Sie setzt aber einen regelmäßigen Zyklus voraus und eine regelmäßige Lebensführung. Alkohol, kurze Schlafzeiten, Reisen, Sport, langes Ausschlafen können die Körpertemperatur ebenfalls verändern. Noch genauer lässt sich der Zeitpunkt des Eisprungs feststellen, wenn auch die Beschaffenheit des Schleims mit hinzugezogen wird, der den Gebärmuttermund verschließt. Die natürlichen Verhütungsmethoden helfen, den Körper und seine Signale sehr gut kennenzulernen.

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, www.bzga.de

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