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Corona-Maßnahmen in KölnMaskenpflicht und Alkoholverbot an „Hotspots“ am Wochenende

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Um ein negatives Testergebnis für den Urlaub zu bekommen, stehen viele Kölner Familien in diesen Tagen Schlange wie bei diesem privaten Labor an der Aachener Straße.

  1. Am Samstagmorgen, so ist sich Gesundheitsamtsleiter Dr. Johannes Nießen sicher, sei man im roten Bereich angelangt.
  2. Am Freitag war Köln mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 49,8 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner nur noch ganz knapp entfernt von der 50er-Grenze.
  3. Wie geht es jetzt weiter?

KölnWie ist die Lage in Köln zu Beginn der Herbstferien?Aktuell sind 684 Menschen mit dem Corona-Virus infiziert. 83 werden im Krankenhaus versorgt. „Die Zahl der Patienten in den Krankenhäusern steigt“, meldet der Leiter der Kölner Feuerwehr, Dr. Christian Miller und spricht von einer „dynamischen Eskalationslage“. Intensiv werden auch Altenheime beobachtet, um im Ernstfall eingreifen zu können. Also lieber keine Urlaubsreisen? „Die Testkapazitäten sollten nicht von Reiselustigen genutzt werden“, sagte OB Henriette Reker am Freitag. Das sehen viele Kölner anders: Etliche Familien standen an zum Teil privaten Laboren Schlange, um für die anstehende Urlaubsreise ein negatives Testergebnis vorlegen zu können. Rund 80 Euro kostet ein Corona-Test, der privat gezahlt wird.

Interview: Dr. Rolf Kaiser, Virologe an der Universitätsklinik in Köln.

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Dr. Rolf Kaiser

Es sind Herbstferien – müssen wir alle zuhause bleiben?Kaiser: Nein, Sorgen machen uns vor allem die, die trotzdem in Risikogebiete reisen und wieder zurückkommen. Wenn eine Familie in der Natur wandern geht, dann ist die Ansteckungsgefahr ja nicht hoch. Wenn junge Leute zum Feiern in den Urlaub fahren, ist das Risiko viel höher. Wir sagen oft: Mitdenken ist erlaubt. Bei vielen fehlt aktuell die Einsicht und die Selbstbeschränkung. Ohne Vorschriften geht es nicht. Dazu kommt die Influenza: Gerade hatten wir in unserem Labor den ersten Fall – die ersten kommen normalerweise erst ab Weihnachten.Wie sieht Ihre Prognose für die kommenden Wochen der Pandemie aus?Wir sind gut vorbereitet. Ich vergleiche das gerne mit einer Sturmflut. Wir haben die Deiche gut aufgeschüttet, mehr können wir aber nicht machen. In der Diagnostik werden wir immer besser, aktuell testen wir die Anti-Gen-Schnelltests. Bewähren sich diese Tests, können sie an einigen Stellen hilfreich sein.Wo könnten Sie zum Einsatz kommen?Dort, wo bisher keine Tests durchgeführt werden. Sie funktionieren ähnlich wie ein Schwangerschaftstest. Denkbar wäre auch eine Nutzung vor großen Konzerten oder Fußballspielen. Nur wer negativ getestet wird, kommt ins Stadion rein.Interview: Henriette Sohns

Welche Maßnahmen gelten ab Samstag?

Im öffentlichen Raum wird das Kontaktverbot verschärft: Nur noch fünf Personen anstatt zehn dürfen sich treffen. Private Feiern  dürfen nur noch mit maximal 25 Personen gefeiert werden. Überall, wo im öffentlichen Raum kein Abstand gehalten werden kann, gilt die Maskenpflicht, etwa in Fußgängerzonen. Im Einzelhandel gilt ab sofort: 10 Quadratmeter pro Kunde. Ab 22 Uhr gilt ein Alkoholkonsumverbot auf öffentlichen Plätzen, an den Wochenenden (freitagabends bis montagsfrüh) gilt an so genannten „Hotspots“ auch ein Verkaufsverbot für alkoholische Getränke. Wo genau diese sind, will die Stadt noch spezifizieren. Ganz sicher gehören das Belgische Viertel mit dem Brüsseler Platz sowie der Bereich Zülpicher Platz dazu. „Wir können das Virus nicht komplett aufhalten“, begründet Reker die Maßnahmen. „Aber wir können den Anstieg zum Stillstand bringen.“ Einen zweiten Lockdown wolle man nicht.

Warum gibt es keine Sperrstunde?

Anders als andere Städte, zum Beispiel Berlin oder Frankfurt, wird Köln vorerst keine nächtliche Sperrstunde einführen. „Die Gastronomen bekommen eine besondere Verantwortung“, sagt OB  Reker. Sie sollen weiterhin Hygieneregeln, die Rückverfolgung sowie die Personenzahl kontrollieren. „Wir sehen das als eine Bewährung, die uns eingeräumt wird“, sagt der Kölner Dehoga-Sprecher Mathias Johnen. Der Branchenverband sei darüber sehr dankbar und wolle sensibel mit der Thematik umgehen – „das ist ja ein erheblicher Vertrauensvorschuss.“

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Wer kontrolliert die neuen Maßnahmen?

Um die Kontrollen im öffentlichen Raum kümmert sich weiterhin das Ordnungsamt. 160 Mitarbeiter sind im Außendienst. Da im privaten Bereich nicht kontrolliert werden kann, appelliert die OB  an den „gesunden Menschenverstand“: „Von Feiern zuhause raten wir dringend ab. Ein Abendessen mit wenigen Freunden ist möglich, aber bitte keine Partys.“

Wo infizieren sich die meisten Kölner?

Aktuell stecken sich mehr als ein Drittel aller Kölner im sozialen Umfeld an. Vor allem der Aufenthalt in Innenräumen erhöhe die Ansteckungsgefahr, so Reker. Größere Cluster, also wenn mehr als drei Personen einer Gruppe positiv auf Covid-19 getestet werden, gab es in der vergangenen Woche bei mehreren privaten Feiern. Jeweils drei Cluster gab es in Krankenhäusern und Altenzentren. Ausbrüche wurden in einem Gerüstbaubetrieb, bei einer Jugendfreizeit und einem Kulturverein beobachtet.Auch die erste Schule wurde zum Cluster: Ein Berufskolleg hat in einer Klasse gleich sechs Corona-Fälle. Zurückgegangen sind Infektionen durch Reiserückkehrer. Vor drei Wochen machten sie noch ein Viertel aller Infektionen aus, jetzt seien es nur noch drei Prozent. Die junge Zielgruppe, die aktuell den Großteil der Infizierten ausmacht, wolle die Stadt zeitnah über die sozialen Medien und einen Kindersender ansprechen.