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Crack-Raucher lösen Brandmelder ausKVB erwägt Schließung von U-Bahn-Stationen in Köln

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Die KVB-Haltestelle Kartäuserhof

Die KVB-Haltestelle Kartäuserhof

Drogensüchtige machen zwei Haltestellen der Linie 17 zu Problemzonen. Auch am Appellhofplatz stockt das angekündigte Pilotprojekt. Dem Sicherheitskonzept droht das Geld auszugehen.

Die zunehmende Drogen-Problematik und die daraus folgende Verwahrlosung werden immer mehr zu einer Herausforderung für die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). In den U-Bahnstationen übernachtende Obdachlose sind ein Sicherheitsrisiko. Fahrgäste fühlen sich durch Drogensüchtige verunsichert. Wildes Urinieren beschädigt Aufzüge. Und nun gibt es nach Informationen der Rundschau noch ein neues Problemfeld: In den wenig frequentierten U-Bahnstationen Kartäuserwall und Bonner Wall in der Südstadt halten sich verstärkt Süchtige auf. Die Folgen sind so massiv, dass es Überlegungen gibt, ob die beiden Haltestellen geschlossen werden sollten.

Brandmelder löst nahezu täglich aus

Die Anfrage der Rundschau beantwortet die KVB auf Lücke: „An zwei Haltestellen ist es zu vermehrtem Auslösen der Brandmeldeanlage gekommen. Die Ermittlung der Ursachen ist noch nicht abgeschlossen“, sagt eine Sprecherin. Deutlich umfangreicher waren hingegen die Informationen, die von der Betriebsleitung an mehrere Gremien gegeben wurden – unter anderem an den Aufsichtsrat. Demnach suchen Drogensüchtige vermehrt die beiden Haltestellen der Nord-Süd-Stadtbahn Bonner Wall und Kartäuserwall auf. Die bieten sich als Rückzugsraum an, weil von ihnen nur die Linie 17 angefahren wird. Eine Wurmfortsatz-Linie, die zur Verstärkung der überlasteten Linie 16 dienen soll, aber nur sechs Haltestellen zwischen Severinstraße und Rodenkirchen bedient und folglich von nur wenigen Fahrgästen genutzt wird. 2015 wurde sie in Betrieb genommen – vor allem auch deshalb, um die längst fertiggestellten Haltestellen wie eben Bonner Wall und Kartäuserwall nutzen zu können. Die würden ansonsten bis heute ungenutzt verfallen, weil die Linie der Nord-Süd-Stadtbahn seit dem Archiveinsturz im Jahr 2009 nicht durchgehend befahren werden kann.

Das massive Problem, das nun besteht: Die Süchtigen rauchen in den U-Bahnhaltestellen Crack. Wie die KVB in den Gremien berichteten, springt dadurch durchschnittlich einmal am Tag die Brandmeldeanlage an. Sicherheitskräfte müssen ausrücken und die Stationen räumen. Ein Aufwand, der kaum im Verhältnis zum Nutzen der beiden Haltestellen steht. Darum wurde in den Gremien die Möglichkeit diskutiert, die beiden Haltestellen zu schließen.

Pilotprojekt Appellhofplatz in der Warteschleife

Schließen wollen die KVB auch die Haltestelle Appellhofplatz – in den nächtlichen Betriebspausen. Ein Thema, bei dem der Betrieb bisher allerdings nicht weiter vorangekommen ist. Im vergangenen Juni ging die KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks in die Offensive und berichtete von erheblichen Sicherheitsrisiken, die unter anderem an der U-Bahnstation Appellhofplatz durch dort übernachtende Obdachlose entstehen. Jeden morgen zum Betriebsstart müssten Sicherheitskräfte berauschte Menschen unter den Bahnsteigen und aus den Tunnel hervorholen, um schwere Unfälle zu verhindern. Haaks kündigte damals an, die KVB würden am Appellhofplatz ein Pilotprojekt starten. Die Station werde in der nächtlichen Betriebspause geschlossen. Die Stadt soll das Projekt mit flankierenden Sozialmaßnahmen unterstützen.

Doch auch sechs Monate nach Haaks' Ankündigung ist die Schließung immer noch nicht in Sicht. KVB-Sprecher Matthias Pesch versichert jedoch: „Wir halten an dem Vorhaben fest.“ Jedoch: „Vor einer endgültigen Entscheidung sind allerdings umfangreiche Untersuchungen hinsichtlich der baulichen Gegebenheiten, der brandschutztechnischen Anforderungen und der Kosten der Maßnahme erforderlich. Diese Untersuchungen laufen derzeit. Nach einer endgültigen Entscheidung für eine Schließung bedarf es etwa vier Monate Vorlaufzeit bis zu einer Umsetzung“, führt Pesch weiter aus. Und KVB-Chefin Haaks ergänzt: „Unser Ziel ist es nicht, Menschen zu vertreiben oder das Problem auf andere Haltestellen zu verlagern. Daher werden wir die versuchsweise Schließung der Haltestelle erst dann umsetzen, wenn begleitende Maßnahmen verabredet sind, mit denen sichergestellt ist, dass Menschen, die sonst nachts in der Haltestelle lagern, eine Anlaufstelle haben.“

Das klingt ein wenig nach Sankt-Nimmerleins-Tag, zumal die Stadt vor wenigen Wochen auf die Frage der Rundschau, wie weit sie bei der Planung der flankierenden Maßnahmen vorangekommen ist, das sogenannte Zürcher Modell ins Feld führte. Ein umfangreiches Paket zur Bekämpfung der Drogenproblematik, für das die Stadt bisher weder die Räumlichkeiten noch das Geld hat.

Und es wird noch mehr Geld brauchen, denn die Haltestelle Appellhofplatz muss erst für eine nächtliche Schließung ertüchtigt werden. Zwar gibt es noch Tore aus der Zeit, als die Haltestelle zu den Betriebspausen geschlossen wurde. Doch nach Informationen der Rundschau müssen die erst wieder gangbar gemacht werden. Laut einer Kostenschätzung braucht es dafür einen sechsstelligen Betrag. Kostenträger wäre die Stadt – und das bei der gerade erst verhängten Haushaltssperre.

Unter dem Damoklesschwert der Haushaltssperre befindet sich auch das sogenannte SOS-Programm der KVB: Service, Ordnung und Sicherheit. Diese drei separaten Abteilungen des Betriebs sollen zusammengelegt werden, um vor allem an den Brennpunkten in der Innenstadt eine Kontrolle der Haltestellen 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche zu organisieren. Für 2024 hatten die KVB dafür 2,5 Millionen Euro von der Stadt beantragt, aber unter dem Spardruck nur 1,5 Millionen Euro erhalten. So konnten zumindest am Neumarkt und am Ebertplatz verstärkte Kontrollen umgesetzt werden. Für 2025 hat die Stadt die 1,5 Millionen nicht frei gegeben. Die KVB finanzierte „SOS“ aus eigenen Mitteln. Die reichen bis zum Ende des Jahres . Für 2026 sind die 1,5 Millionen Euro nach Informationen der Rundschau nicht erneut im Wirtschaftsplan des Verkehrsbetriebs aufgelistet. Dennoch versichert eine KVB-Sprecherin, das Konzept werde auch in 2026 weiter verfolgt.

Geht dem Sicherheitskonzept „SOS“ das Geld aus?

Doch woher kommt dann das Geld? Eine Stadtsprecherin antwortet: „Über die Freigabe der Mittel für 2026 müssen die zuständigen Gremien auf betrieblicher und politischer Ebene noch final beraten. Das wird voraussichtlich in den kommenden Wochen geschehen.“ KVB-Chefin Haaks appelliert nun: „Wir gehen davon aus, dass das Thema Sicherheit und Sauberkeit auch für die Politik ein wichtiges Thema ist und dass der neue Rat der Stadt Köln in 2026 Lösungen finden und beschließen wird. Das schließt sowohl unsere Haltestellen als auch deren Umfeld mit ein. Selbstverständlich leisten auch wir unseren Beitrag dazu im Rahmen unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten.“ Nicht weniger als ein diplomatisch formulierter Hilferuf.