- Seit 15 Jahren ist Andreas Hupke Bezirksbürgermeister der Innenstadt in Köln.
- Er selbst sagt über sich, dass er anders ist als die meisten Politiker. Doch bei politischen Gegnern kommt das nicht immer gut an.
- Die Bürger schätzen an ihm vor allem seine Offenheit und sein offenes Ohr. Ein Porträt.
Köln – Noch nie, und darauf ist Andreas Hupke stolz, musste er auf einer Polizeiwache seine geschwärzten Fingerkuppen über ein Blatt Papier rollen und sich fotografieren lassen. „Ich bin nie erkennungsdienstlich behandelt worden“, erzählt er und schmunzelt, denn selbstverständlich ist das nicht. Noch heute kann er ohne langes Nachdenken die exakten Adressen von Häusern herunterbeten, die er in den 1970er Jahren mit seinen Freunden besetzt hatte. Als „Gammler“ und „linkes Gesocks“ seien sie damals beschimpft worden. „Der Feind war aber niemals die Polizei, sondern immer der Stadtrat“, sagt er.
Andreas Hupke: „Für mich war Köln wie New York“
Inzwischen ist Andreas Hupke seit 15 Jahren Bezirksbürgermeister der Innenstadt und eine Institution der Stadt, in der er seit 1973 lebt. Aus Kalterherberg in der Eifel zog es ihn in die Großstadt. „Für mich war Köln wie New York“, erinnert sich der Grünen-Politiker, der über einen eigenen Wikipedia-Eintrag verfügt. Am 12. Januar feiert er seinen 70. Geburtstag und wird im „sehr kleinen Kreis“ feiern.
Hupke ist anders als viele andere Politiker. In den Sitzungen der Bezirksvertretung steht ein Glöckchen neben ihm, mit dem er sich Ruhe verschaffen kann – ähnlich wie der Bundestagspräsident. Regelmäßig lässt er Bürger zu Wort kommen, er mag es pragmatisch, direkt. „Das war ein Novum und ist heute unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt er, denn zu seiner wilden Zeit waren Beifallsbekundungen oder Unmutsäußerungen in Sitzungen streng untersagt.
Anfangs sei er von den politischen Gegnern als „Berufsdemonstrant“ abgekanzelt worden. „Bart, lange Haare, Latzhose, Birkenstock-Sandalen, das war normal“, erinnert sich Hupke an seine Anfangszeit in Köln. An die Jahre als „Häuserretter“ und Mitglied der „Wohnraumrettungsgesellschaft“.
Manchmal ist der Rat auch heute noch der Feind
„Ich habe meine Wurzeln nicht vergessen“, ist ein Satz, der in Hupkes Repertoire unterhaltsamer Metaphorik weit vorne steht. „Ich könnte mich heute nicht für Milieuschutz-Satzungen einsetzen, wenn ich das früher nicht gemacht hätte“, ist er sich sicher. Die Besetzung des Stollwerck-Gebäudes 1980 in der Südstadt bezeichnet er als „Urknall“, als Grund für sein politisches Engagement.
Zu seinen Lieblingsformulierungen gehören auch „die normative Kraft des Faktischen“ und die „Arroganz der Macht“, mit der er zuweilen die Dominanz des Stadtrats gegenüber den Bezirksvertretungen geißelt. Manchmal ist der Rat auch heute noch der Feind. Wenn ihm die Verwaltung hin und wieder zu langsam arbeitet, beschwert er sich gelegentlich süffisant mit der Bemerkung: „Lesen, lochen, lachen, abheften“.
Die Bürger schätzen seine Offenheit
Überhaupt ist er ein Mann klarer Worte, womit er sich nicht immer Freunde macht. „Verbaltheatralik“ warfen ihm die Kollegen schon mehrfach vor. Etwa als er bemerkte, die Polizei habe den Ebertplatz aufgegeben. Oder aber bei seiner Äußerung: „Die HGK ist eine Schande für Köln“. Gemeint war die Gesellschaft für Häfen und Güterverkehr, die nach Hupkes Empfinden zu wenig für die Binnenschiffer tat.
Viele Bürger schätzen diese Offenheit. Vor Jahren ging Hupke mal wieder auf die Straße – beim Protestmarsch zur Legalisierung von Marihuana. Die Bezirksvertretung stimmte sogar mehrheitlich für legale Abgabeshops.
Seit 45 Jahren wohnt Hupke in der Kölner Innenstadt
Zunächst gehörte Hupke der Initiative „Bunte Liste“ an, die 1979 gemeinsam mit den Grünen als „Kölner Alternative“ zur Kommunalwahl antrat. Vom Bühnenarbeiter der Stadt gelangte Hupke damals in den Personalrat des Dezernats Kunst und Kultur, wurde sogar Vorsitzender.
Inzwischen ist er zudem das dienstälteste Mitglied der Bürgerinitiative Rathenauplatz. Schon seit 45 Jahren wohnt er in der Innenstadt. Und regiert sie ehrenamtlich – für 750 Euro Aufwandsentschädigung im Monat. Einen Stadtbezirk mit 120.000 Einwohnern. „Das funktioniert so nicht mehr“, stellt er fest und wünscht sich mehr Mitspracherecht der Bezirke.
Bei der Kommunalwahl würde Hupke nochmal antreten
Sein Büro hat Andreas Hupke im Bezirksrathaus in der Ludwigstraße, fünfter Stock, über den Dächern der Stadt. Auf einem Tisch liegt stapelweise das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Er verteilt es bei Einbürgerungen. Etwa 3500 Menschen hat er inzwischen schon die Einbürgerungsurkunde überreicht. In seinem Kalender stehen rund 600 Termine pro Jahr. Um die Flut an Mails zu sichten, hat er inzwischen einen ehrenamtlichen Helfer.
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Der Häuserkampf lässt Hupke bis heute nicht los. Wenn er sich zum Geburtstag etwas wünschen dürfte, dann die Rehabilitierung der Hausbesetzer von damals. „Unsere Hausbesetzungen hatten ganz entscheidend mit dafür gesorgt, dass die damals vom Rat willfährig erteilten Abrissgenehmigungen für die fantastischen Jugendstilhäuser gestoppt wurden“, sagt Hupke. Er strebt die alternative Ehrenbürgerschaft für Rainer Kippe an, einen Gefolgsmann von einst.
Erst 1996 wurde Hupke Mitglied bei den Grünen. Zuvor hatte er als parteiloser Vertreter in der Landschaftsversammlung Rheinland gesessen. „Das hat manchmal für Irritationen gesorgt. Durch meinen Eintritt bei den Grünen konnte ich politisch eingeschätzt werden“, erklärt er.Bei der Kommunalwahl im Herbst würde Hupke nochmal antreten, sofern er von seinem Ortsverband nominiert wird. Wehren würde er sich nicht.