Kölner DoktorandinEva-Maria Grommes ist auf TikTok mit Videos zur Energiewende erfolgreich

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Unterwegs mit ihrem Smartphone ist Eva-Maria Grommes für ihren TikTok-Kanal.

Unterwegs mit ihrem Smartphone ist Eva-Maria Grommes für ihren TikTok-Kanal.

Mit ihren Kurzvideos über Photovoltaik, Windräder oder ein Balkon-Kraftwerk erreicht die Kölnerin teilweise bis zu 100.000 Aufrufe.

TikTok kann schlau(er) machen. Davon ist Eva-Maria Grommes überzeugt. Und sie hat in schon über 100 Videos auf hohem wissenschaftlichen Niveau mit verständlichen Clips im Stil der „Sendung mit der Maus“ gezeigt, wie das in der digitalen Bilderflut überhaupt zu schaffen ist. Wer beim beliebt-berüchtigten sozialen Netzwerk vor allem an Schülerstreiche, Katzenvideos oder Fake-News denkt, dem empfiehlt sich ein Blick in ihren Kanal @energiewende.erklaert. Mit Reichweiten von bis zu 97 000 Aufrufen für ihre 90-Sekunden-Beiträge rund um Klimawandel und Energiewende erreicht die Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Cologne Institute for Renewable Energy der TH Köln viele. Sie sei die erste Wissenschaftlerin, die sich auf TikTok systematisch dem Fachbereich widme.

Innovative Wege der Wissenschaftskommunikation

„Die Energiewende ist ein Thema, das viele im Alltag betrifft“, erzählt die 29-Jährige. Neben der Begleitung von Bachelor- und Masterstudierenden sowie ihrer Doktorarbeit über sogenannte bifaziale Photovoltaikanlagen, die Sonnenenergie beidseitig sammeln und umwandeln können, widmet sich die Nachwuchswissenschaftlerin ihrem Online-Format und geht innovative Wege der Wissenschaftskommunikation. Damit möchte sie gerade auch diejenigen erreichen, die sich nicht gezielt in einen Hörsaal setzen oder recherchieren, um mehr zu erfahren. „Im Bekanntenkreis habe ich immer viele Anfragen zu dem Thema bekommen, aber verständliche Antworten waren im Netz nicht zu finden.“

Stimmt es, dass Windräder viele Vögel töten? In einem vergleichsweise geringen Maße, sagt Grommes und belegt das mit Zahlen, Grafiken und Fakten. Ist es richtig, dass Photovoltaikanlagen so viel Energie verbrauchen, dass sie gar nicht so viel wieder reinholen können? Was passiert mit Windenergieanlagen nach Auslaufen der Förderung? Wo genau darf man sie überhaupt bauen? Wie baut man ein Balkonkraftwerk? Seit über einem Jahr produziert die Ingenieurin regelmäßig Beiträge zu solchen Fragen von TikTok-Usern. Sie nimmt im Büro oder außerhalb Videos mit dem Smartphone auf, schneidet das Ganze - und lädt es hoch.

Idee kam während der Corona-Zeit

Die Resonanz war schon bei der Premiere größer als gedacht. Dass anfangs viele Hass-Kommentare zu den Reaktionen gehörten, überraschte die 29-Jährige, schreckte sie aber nicht ab. Im Gegenteil. Die positiven Stimmen haben sich seitdem deutlich vermehrt. „Ich begreife die neuen Wege der Wissensvermittlung als Chance, gerade die zu erreichen, die der Energiewende eher ablehnend gegenüberstehen. Auch ihnen werden durch den Algorithmus meine Beiträge vorgeschlagen.“

Die Tochter eines Elektromeisters war schon in der Schule technikbegeistert, belegte als Leistungskurse Physik und Mathe, engagierte sich bei Greenpeace - und startete als eine der allgemein (noch) wenigen Frauen in den Ingenieurwissenschaften ein Studium an der TH. Auf die Idee, TikTok zu nutzen, kam die Photovoltaik-Expertin während der Corona-Pandemie. Nach kurzer Zeit schlug ihr der „schlaue Algorithmus“ Wissenschaftsvideos, aber auch Clips zu Hunden und Pflanzen vor - Bereiche, für die sie sich privat interessiert. „Da kam mir die Idee, dass der Kanal ein guter Ort ist, wo Menschen erreicht werden können, die nicht unbedingt gezielt nach Inhalten zur Energiewende suchen, aber trotzdem Fragen haben, die beantwortet werden sollten.“

Zu Vorreitern der Nutzung neuer Medien in der Lehre gehört der Kölner TH-Professor Martin Bonnet vom Institut für Werkstoffanwendung; etwa mit Youtube-Videos und Computerspielen als Ergänzung der Lehre stößt er auf große Resonanz (wir berichteten). Bonnet und Kollegin Prof. Claudia Frick gaben der jungen Mitarbeiterin den ersten Anstoß, mit ihrem Kanal zu starten und unterstützen sie. Wer im Übrigen glaubt, dass TikTok vor allem die junge Generation anspricht, der irrt: Im Analysetool ist die Verteilung ihrer Nutzerinnen und Nutzer genau abzulesen, erläutert Grommes: Nur 16 Prozent sind unter 24 Jahre alt, die ihre Videos ansehen, die meisten Personen zwischen 25 und 54. Sie möchte „weiter meinen Teil zur Energiewende beitragen“ - auch mit Hilfe neuer Kommunikationskanäle. Erst einmal reicht sie ihre Promotion an der Universität Luxemburg ein.

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