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„Dankbar für Nahbarkeit und Demut“Gläubige trauern im Kölner Dom um Papst Franziskus

Lesezeit 7 Minuten
Kondolenzbuch - Papst - Koelner Dom

Ein Gedenkort mit einem Bild des verstorbenen Papst Franziskus und einem Kondolenzbuch wurde im Kölner Dom aufgestellt.

Gläubige trauern im Kölner Dom um Papst Franziskus. Sie würdigen seine Nahbarkeit, Demut und Reformansätze für eine modernere Kirche. Wir haben Stimmen gesammelt.

Hunderte Kerzen haben die Gläubigen am Altar der Schmuckmadonna im Nordschiff des Domes entzündet. Vor dem kleinen schwarz-weißen Foto von Papst Franziskus, der in den frühen Morgenstunden des Ostermontags gestorben ist, liegt ein Kondolenzbuch aus. Menschen ganz in schwarz gekleidet verharren im Gedenken, eine Familie in Alltagskleidung mit zwei kleinen Kindern zündet zwei Kerzen an, Teenager bleiben eine Weile vor dem Altar stehen. Gläubige aus vielen Ländern der Welt trauern im Dom um den verstorbenen Papst. Über allem liegt dieses besondere Licht, das durch das mehr weltliche denn opulente Richter-Fenster ins Nordschiff fällt.

Kondolenzbuch - Papst - Koelner Dom

Kondolenzbuch - Papst - Koelner Dom

Ein charismatischer Papst

Für seine „Nahbarkeit und Demut“ danken viele der Menschen im und vor dem Dom Papst Franziskus. Dafür, dass er sich als „Bischof von Rom“ und nicht als Papst bezeichnet hat. Dass er die Menschen mit weltlichem „Guten Tag“ begrüßte. „Dafür, dass er sich jedes Jahr zu den Gefangenen in die Zellen begeben und ihnen die Füße gewaschen hat“, sagt Rainer N. , der seine Gedanken gerade ins Kondolenzbuch eingeschrieben hat. So früh wie der 72-Jährige hat sich auch Gabi Kolbe mit ihrer Mutter Elisabeth und Tochter Stefanie Ortelbach auf den Weg gemacht. „Dieser Papst war charismatisch, er hat sich ins Weltgeschehen eingemischt und versucht, Dinge zu verändern“, sagt Ortelbach. Unterdessen hat sich das 81-jährige Familienoberhaupt schon auf den Weg gemacht, um sich ins Kondolenzbuch einzutragen, als eine von zahlreichen Gläubigen, die mit Rollator oder Gehilfen gekommen sind. Auch Menschen aus der Ukraine, die als orthodoxe Christen dem Papst fern sind, danken dem Verstorbenen dafür, dass er sich für den Frieden in ihrem Land eingesetzt hat.

Kondolenzbuch - Papst - Koelner Dom

Kondolenzbuch - Papst - Koelner Dom

Ihre Trauer teilt Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. „Der Heilige Vater war ein unermüdlicher Anwalt der Schwachen und der an den Rand Gedrängten. Sein ständiges waches Mahnen zu sozialer Gerechtigkeit und für die Bewahrung der Schöpfung als unserem ‚gemeinsamen Haus‘ wird uns ebenso fehlen, wie seine Impulse zu einem synodalen Miteinander in der Kirche und dazu, das Evangelium allen Menschen zu verkünden.“

Glocken läuten im Kölner Dom

Auch das Domkapitel hat die Nachricht vom Tod des Papstes mit Trauer aufgenommen. Die Petersglocke – die größte Glocke der Kölner Kathedrale – läutete kurz nach der offiziellen Bekanntgabe des Todes des Papstes am Ostermontagmorgen als Zeichen der Trauer und Anteilnahme. Das Zehn-Uhr-Hochamt im Dom zwischen Kyrie und Gloria wurde spontan durch ein Gebetsgedenken unterbrochen, die Gläubigen gedachten kniend des verstorbenen Papstes. Für das Kölner Erzbistum sei Papst Franziskus ein wichtiger Impulsgeber gewesen, so Woelki weiter. So forderte das Kirchenoberhaupt immer wieder, dass die Kirche an die Ränder der Gesellschaft gehen müsse und setzte sich für Arme, Obdachlose oder Geflüchtete ein. Dem Aufruf zum entschlossenen Handeln folgte auch Kardinal Woelki, indem er kurz nach seinem Amtsantritt die Flüchtlingshilfe „Aktion Neue Nachbarn“ ins Leben rief.

Köln: Gläubige trauern während eines Gedenkgottesdienstes im Kölner Dom um den verstorbenen Papst Franziskus.

Köln: Gläubige trauern während eines Gedenkgottesdienstes im Kölner Dom um den verstorbenen Papst Franziskus.

„Das Pontifikat von Franziskus hat 2013 mit einem freundlichen ‚Buona sera‘ auf dem Balkon des Petersdoms begonnen. Mit seinem bescheidenen Auftreten, seinem Mitgefühl und seinem Herz für Arme, Vertriebene und Schwache hat Franziskus viele Sympathien gewonnen“, sagte Dompropst Guido Assmann. Migration sei von Anfang an eines der großen Themen des Papstes gewesen. „Mit seinen Besuchen auf Lampedusa und auf der griechischen Insel Lesbos hat Franziskus früh Zeichen gesetzt. Er verstand es, Brücken der Liebe und Geschwisterlichkeit zu anderen Religionen zu bauen, und setzte mit seiner Umwelt-Enzyklika ein wichtiges Zeichen im Kampf gegen die weltweite Umweltzerstörung.“

Auch ein Papst, der polarisierte

Zugleich sei Franziskus auch ein Papst gewesen, der polarisiert habe, so der Dompropst weiter. „Einige seiner Äußerungen und Entscheidungen sind als unverbindlich oder missverständlich kritisiert worden – und haben auch uns Christinnen und Christen im Erzbistum Köln herausgefordert. In schwierigen Krisenjahren, die durch Missbrauchsaffären und schwindende Identifikation mit kirchlichem Leben geprägt waren und sind, hat es Franziskus jedoch für viele verstanden, unsere Kirche als den Menschen zugewandt und barmherzig zu repräsentieren. “

Dominik Meiering, leitender Pfarrer für Köln-Mitte und Domkapitular, berichtet: „Als Papst Franziskus das Jahr der Barmherzigkeit ausgerufen hat, dachten wir: Jetzt müssen wir gegenüber jedem und allem barmherzig sein. Doch er hat uns korrigiert: Nein, ihr müsst erstmal die Barmherzigkeit für euch annehmen. Nach dem Motto: Gott ist barmherzig mit jedem, aber entdeckt erstmal Gottes Barmherzigkeit für euch und dann für die Armen und Unterdrückten. Ihm war es immer wichtig, die Ränder der Gesellschaft im Blick zu haben. Todos – alle! Das hat er immer wieder betont, auch bei Gottesdiensten auf dem Petersplatz, bei denen ich vor Ort war. Damit meinte er: Lebt nicht als Kirche exklusiv, nur in euren Kreisen. Christi Leben ist ein Vorbild für alle. Ihr könnt nicht alle gleich lieben, aber ihr sollt alle anschauen, mit einem lebendigen Blick.“

Meiering fand Franziskus unglaublich sympathisch, besonders „weil er manchem Kleriker auch die Leviten gelesen hat. Er hat gesagt, seid bei den Menschen. Und er hat eine Reform auf den Weg gebracht im Vatikan, die revolutionär ist. Dank ihm kann nun im Prinzip jeder Mann oder jede Frau in unterschiedlichen Behörden im Vatikan Vorsteher werden.“

„Uns ist ein Papst verloren gegangen, der sehr nahbar und bei den Menschen war“, sagte Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses. „Ich wünsche mir, dass der synodale Prozess, den er angestoßen hat, fortbesteht. Das gelingt nur, wenn wir aufeinander hören, so wie es Papst Franziskus immer wieder gesagt hat. Und wenn wir uns zusammensetzen und gemeinsam schauen, ob die Idee des synodalen Weges, die er uns mitgegeben hat, mit der in Köln praktizierten übereinstimmt. Kirche muss sehr nah bei den Menschen sein. Ich glaube, dass die Menschen das sehr schätzen und brauchen. Gelebt werden muss das nicht nur vom Papst sondern auch vom Bischof und dem Ortspfarrer.“

Auf dem Weg zum Krankenhausgottesdienst erreichte Gemeindereferentin Marianne Arndt die Nachricht vom Tod des Papstes. „Ich habe gedacht, ‚wie schön, er konnte den Ostersegen noch geben und ist jetzt in Gottes liebender Hand angekommen‘“, sagt sie. „Jetzt können wir nur auf den heiligen Geist hoffen, dass es mutig in Veränderungsprozessen weitergeht. Und auch, dass die Kirche der Verantwortung für den Weltfrieden auch nach dem Tod von Papst Franziskus gerecht wird und sie wahrnimmt.“

Zweimal ist Stadtdechant Robert Kleine dem Papst begegnet. „Seine Augen, strahlend blau, ungeheuer lebendig, leuchtend, habe ich nie vergessen“, erinnert sich Kleine an die Begegnung 2013. „Als ich gestern früh von seinem Tod erfuhr, war ich doch überrascht. Ich hatte ihn im Fernsehen auf dem Petersplatz gesehen und mich gefreut, dass es ihm besser ging. Aber er hat wohl alle Kraft da hineingelegt, den Menschen noch einmal den Segen zu spenden. Dass er an Ostern, dem Fest der Auferstehung gestorben ist, freut mich sehr, und es war wohl angesichts seiner schweren Erkrankung auch eine Erlösung. Er hat das Leben als eine Pilgerschaft verstanden. Und jetzt ist er angekommen in der Welt der Liebe Gottes.“

Mit seinen Reformen hat er versucht, der Kirche ein modernes und liebevolles Gesicht zu geben. „Nahbar, bei den Menschen“, sagt Kleine. „So wird Papst Franziskus in Erinnerung bleiben.“

Ein Pontifikalrequiem für den verstorbenen Papst wird am Mittwoch, 23. April, ab18.30 Uhr im Kölner Dom gefeiert. Über weitere besondere Gottesdienstee zum Gedenken gibt es Informationen auf genannten Internetseite. Im Nordschiff des Domes ist ein Gedenkort eingerichtet worden, an dem alle Gottesdienstbesuchende nach den Messen ihre Anteilnahme zum Ausdruck bringen können.

Das sagt Oberbürgermeisterin Reker

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker äußerte sich zum Tod des Oberhaupts der katholischen Kirche: „Der Tod von Papst Franziskus macht mich sehr traurig. Für mich ist tröstlich, dass er mit Ostern noch das höchste Fest im christlichen Kirchenjahr mitfeiern konnte, das Fest der Hoffnung.“

„Zweimal durfte ich Papst Franziskus persönlich begegnen. Zuletzt im vergangenen Jahr bei einer Konferenz im Vatikan zum Klimawandel. Ich habe ihn so erlebt, wie viele Kölnerinnen und Kölner ihn auch erlebt haben: Er war das Gesicht einer den Menschen zugewandten, nahbaren Kirche auf Erden. Er stellte die Nächstenliebe und die soziale Tat in das Zentrum des katholischen Glaubens. Viele Kölnerinnen und Kölner hoffen, dass seine Reformen die Kirche nachhaltig prägen werden.“ (EB)