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Konzerte in KölnWeltstars verlangen für ihre Shows mehrere hundert Euro - wie lange geht das gut?

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Elton John an seinem Piano.

Elton John an seinem Piano.

Für Konzerte von Weltstars wie Elton John zahlen Fans bis zu 300 Euro und mehr. Darunter leiden andere Künstler und Veranstalter.

Sir Elton John, 50 Jahre auf der Bühne, mehr als 300 Millionen verkaufte Tonträger. Kategorie: Gold. Dienstagabend spielte der 76-Jährige das erste von drei Kölner Konzerten in der Lanxess-Arena im Rahmen seiner „Farewell Yellow Brick Road“-Tour. Natürlich ist die Arena drei Mal nahezu komplett ausverkauft. Natürlich? Die Karten kosten in der günstigsten Kategorie 91 Euro, gute Sitzplätze 178 Euro oder der Golden-Circle-Sitzplatz (erste Reihen) 378 Euro. Doch der Preis scheint bei den Top-Konzerten nicht das Problem zu sein. Trotz Rekord-Inflation und einer Flut an Mega-Gigs.

„Die Leute wollen wieder große Live-Events, und sind bereit, für eine große Show auch sehr viel Geld auszugeben“, sagt Stefan Löcher, Chef der Lanxess-Arena. Seit einem Jahr brummt der Veranstaltungstempel in Deutz wieder. Der Nachholbedarf nach der Corona-Krise ist riesig – und zwar auf Seiten der Konzertbesucher wie bei den Veranstaltern. „Der Markt ist proppevoll“, sagt Löcher. Und das seit zwölf Monaten. Aber wo es voll ist, da wird es für manche auch zu eng.

Konzerte in Köln: Bis zu 352 Euro für Madonna

In diesem Jahr gastieren unter anderem Helene Fischer sieben (!) Mal in Köln, die Pet Shop Boys und Madonna (beide Konzerte im November sind fast ausverkauft). Für die einst so skandalträchtige Madonna kosten die Karten in den Kategorien 1 bis 6 zwischen 208 und 352 Euro. Die Fans bezahlen Preise, die vor wenigen Jahren noch unvorstellbar waren. 65 Euro sind bei Helene Fischer der günstigste Einstiegstarif, mit guter Sicht und nah dran kostet die Göttin des Schlagers 165 Euro. „Wenn die Show spektakulär ist, und der Abend in Erinnerung bleibt, lohnt es sich dennoch“, sagt Arena-Chef Löcher. Die Abrechnung finde eigentlich auf dem Heimweg statt.

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Im Schatten der ganz Großen leidet offenbar die Mittelklasse. Bands, die früher solide 2000-Besucher-Hallen gefüllt haben, mussten zuletzt Auftritte absagen oder verschieben. Die Diskurs-Rocker von „Tocotronic“, die seit 30 Jahren über eine äußerst stabile Anhängerschaft verfügt, musste zuletzt einen Teil ihrer Tour verschieben – weil nicht genug Karten über den Tisch gingen, wie sie offen bekannten.

Kasalla musste Tour absagen: „Liegt das an uns?“

Auch Bastian Campmann kennt das Auf und Ab in der Branche: Am Wochenende spielte der Sänger mit seiner Band Kasalla ein furioses Konzert zum Auftakt der Tanzbrunnen-Saison, doch im Herbst mussten sie ihre Tour absagen, weil der Ticketverkauf nicht lief. Und das, obwohl die Kölschrocker zuvor das Stadion mit 41 000 Fans gefüllt hatten. „Wir haben uns schon gefragt: Können wir es noch? Liegt das an uns?“, sagt er. Mit der Energiekrise und den extremen Preisanstiegen habe man ein sehr schlechtes Timing erwischt. „Die Situation ist immer noch ambivalent, die Unsicherheit ist da.“ Aber das Zutrauen auch. Die Kasalla-Tour soll nun im Frühjahr 2024 stattfinden, mit 16, 17 Stationen, statt 27. In den nächsten Tagen geht die offizielle Ankündigung raus.

Zu den Lehren aus der Corona-Zeit zählt: Die Besucher entscheiden kurzfristiger und sie wählen genauer aus, suchen verstärkt das ganz große Erlebnis. Das kann auch eine Schlagerparty mit Dieter Thomas Kuhn in der Arena sein (mehr als 10 000 wollen dabei sein) oder ein Konzert mit dem ZZ-Top-Gitarristen Billy Gibbons. 75 Euro kosten die Karten, ein Tarif, der im Mülheimer E-Werk früher nicht vorstellbar gewesen ist.

Extrem gestiegene Kosten

Die Veranstalter verweisen auch auf die gestiegenen Kosten für den Tour-Tross. Aufbau und Bühnentechnik und das Material kosten ein Vielfaches verglichen mit der Vor-Corona-Zeit. Mit 30 Prozent bezifferte Sänger Peter Brings kürzlich den Preisanstieg für Aufbauten.  Auch das Sicherheitspersonal ist deutlich teurer geworden. Wie lange geht das gut? Das für den Juli geplante Mitsingspektakel „Kölle singt“ steigt aus diesem Grund nicht im Stadion, sondern in der Arena, trotz fast 18 000 verkaufter Karten. Der Preisdruck war extrem, wir wären auf einem sechsstelligen Betrag sitzen geblieben“, sagt Mitveranstalter Lukas Wachten. Die günstigsten Karten kosteten 16 Euro – und sollten nicht teurer werden.

Im Stadion steht dennoch ein großer Konzertsommer an: mit Beyoncé, Muse, Annenmaykantereit und Pink stehen erneut Großereignisse in Serie an. Für die beiden Auftritte der US-Sängerin kosten die Stehplatzkarten 113,90 Euro. Alle sind längst vergriffen.


Dynamisches Preismodell in den USA

Nicht nur in Deutschland sind Fans immer wieder erbost über völlig überteuerte Konzert-Tickets. Vor allem in den USA nimmt das Phänomen immer absurdere Züge an. 1000 Dollar kosten dort schon mal Tickets für Beyonce. Als Bruce Springsteen den Verkauf seiner Welttournee startete, mussten Fans teilweise 5000 Dollar zahlen.

Möglich macht das ein Prinzip, das in Deutschland noch eher unbekannt ist. Dynamic Pricing heißt es, dynamische Preise also. Vereinfacht erklärt bedeutet das: steigt die Nachfrage nach einem Konzert, so steigt auch der Preis. Oft ohne Deckel nach oben.

400 Dollar weniger kostete beispielsweise am Ende ein Konzert von Superstar Taylor Swift. Das Kuriosum: Zum Verkaufstart lagen die Ticketpreise bei rund 1000 Dollar. Zwei Monate später, als die schnellsten Fans bereits versorgt waren, kosteten Plätze in der gleichen Kategorie nur noch 600 Dollar. 

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