Der erst 23-Jährige soll für fünf Explosionen, Geiselnahmen und den Handel mit 1,3 Tonnen Marihuana verantwortlich sein. Nach seiner Festnahme in Paris droht ihm nun nicht nur eine lange Haftstrafe.
Anklage in KölnStaatsanwaltschaft will Sicherungsverwahrung für Kölner Drogenboss

Tatort Ehrenstraße: Der Kölner Drogenboss soll auch für die Explosion bei „Life Fast Die Young“ verantwortlich sein.
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In den internen Chatgruppen gab sich der 23-Jährige den Namen eines Auftragskillers. Sermet A. nannte sich „John Wick“ aus einer amerikanischen Actionserie. Dass Sermet A. nicht vor Gewalttaten zurückschreckt, zeigt die nun vorgelegte Anklage der Kölner Staatsanwaltschaft. Dem 23-Jährigen wird als mutmaßlicher Boss einer Kölner Drogenbande im sogenannten Drogenkrieg erhebliche Straftaten vorgeworfen. Die Ankläger gehen davon aus, dass von dem Mann eine große Gefahr ausgeht. So betont die Staatsanwaltschaft bereits jetzt in der Anklage, dass sie den 23-Jährigen auch nach Verbüßung einer Haftstrafe noch länger in Haft sehen will und verfolgt die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Die Vorwürfe reichen von bandenmäßigem Drogenhandel über Geiselnahme und gefährliche Körperverletzung bis zur Anstiftung zum Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen.
Mit riesigen Mengen Drogen gedealt
Die Ermittlungsbehörden halten den 23-jährigen Deutsch-Iraker für den Kopf der Kalker Drogenhändler-Bande, die im vergangenen Jahr zahlreiche besonders aufsehenerregende Straftaten verübt hat. Die Polizei sprach damals von „großen Herausforderungen durch beispiellose Fälle der Gewalt und Schwerkriminalität, die es bis dato in Köln so noch nicht gegeben hat“. Nachdem der Bande von anderen Kriminellen 350 Kilogramm Marihuana aus einer Lagerhalle in Hürth-Kalscheuren gewaltsam entwendet worden waren, setzte sie alles daran, um das Rauschgift zurückzubekommen, unter anderem mit Folter und Waffengewalt. Zuvor wurden bereits durchaus beachtliche Drogendeals abgeschlossen. So soll die Bande um Sermet A. bereits Rauschgiftgeschäfte in der Größenordnung von 1300 Kilo Marihuana oder mehr als 50 Kilo Kokain getätigt haben.
Der mutmaßliche Boss und sein mutmaßlicher Erfüllungsgehilfe waren der Anklage zufolge diejenigen, die beschlossen, die Bewacher des geraubten Marihuanas in einer Lagerhalle in Hürth zu misshandeln und zu bedrohen. Die dazu engagierten Niederländer wurden in der vergangenen Woche zu hohen Haftstrafen verurteilt. Später wurden in einer Villa in Rodenkirchen noch zwei andere Personen über Stunden gewaltsam zu dem verschwundenen Marihuana befragt. Die Kölner Staatsanwaltschaft sprach von einer Folterung im Keller der Villa. Auch dazu soll der 23-Jährige den Befehl gegeben haben. Der andere Angeklagte habe als sein Stellvertreter vor Ort agiert.
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Anweisung zu Explosionen in Köln und Region
Wie es in der Anklage heißt, soll Sermet A. als mutmaßlicher Bandenboss die Anweisungen für fünf Sprengstoffexplosionen in Köln, Engelskirchen und Duisburg gegeben haben. Eine Explosion gab es am 29. Juni 2024 auf der Keupstraße in Mülheim, einen Tag später knallte es in einem Haus in Buchheim. Bei diesem gravierenden Vorfall wurden auch unbeteiligte Bürger der kriminellen Auseinandersetzung schwer beeinträchtigt. So ging ein Rollstuhl im Treppenhaus in Flammen auf. Durch die Detonation wurden Fensterscheiben zerstört und ein Auto vor der Tür beschädigt. Dann gab es Explosionen am 1. Juli in Engelskirchen, eine Detonation in der Nacht von 3. auf den 4. Juli in Duisburg und schließlich eine aufsehenerregende Explosion am 18. September 2024 auf der Modemeile Ehrenstraße in der Kölner Innenstadt. Dort wurde das Geschäft „Live Fast Die Young“ in die Luft gejagt.
Die Brandattacke habe einer Geldforderung Nachdruck verleihen sollen, heißt es in der Anklage. Nach dem Feuer kam es zu einer dramatischen Situation. Ein Radfahrer (39) fuhr an dem brennenden Geschäft vorbei, blieb stehen und lief in den Laden. Auf einem Video einer Anwohnerin ist zu sehen, wie der Mann immer wieder Kleidung aus dem Geschäft auf die Straße wirft. Mit anderen Kleidungsstücken versucht der Mann, die Flammen zu ersticken. „Er versuchte, den Brand einzudämmen“, sagte eine Polizistin. Der 39-Jährige wurde von Rettungskräften wegen des Verdachts auf eine Rauchgasvergiftung versorgt und zur Vernehmung auf eine Wache gefahren. Mit den anderen Explosionen sollte ebenfalls Personen unter Druck gesetzt werden, die von der Bande verdächtigt wurden, etwas mit dem Marihuana-Raub zu tun zu haben.
Sermet A. soll unter Bandenmitgliedern gefürchtet gewesen sein. So beschreiben es weitere Angeklagten in den Verfahren, die bereits beim Landgericht laufen oder liefen. Sie beschreiben den 23-Jährigen, als „unberechenbar“ und „impulsiv“ Das offenbar lukrative Drogengeschäft brachte Sermet A. einen luxuriösen Lebensstil ein. So soll Sermet A. einen Fuhrpark mit drei Audi G5, und einem Audi RS7 besessen haben, hieß es weiter. Im Spätsommer klickten am Flughafen in Paris die Handschellen, als der Angeklagte aus Dubai nach Frankreich einreisen wollten. Die Polizei nannte ihn immer die „Schlüsselfigur“ in dem Gesamtverfahren.
Nun wartet der „Drogenboss“ auf seine Gerichtsverhandlung.

