„Gesicht war voller Blut“Köbes half angeschossener Frau nach Mord an Ex-„Hells-Angel“ in Köln

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Kerzen stehen am Tatort in Köln-Mülheim vor einer Backsteinwand.

Kerzen stehen am Tatort in Köln-Mülheim.

Mit einer Tischdecke hatte der Ersthelfer versucht, die Blutung der Frau zu stoppen - doch etwas anderes ärgerte den Kölner Köbes.

„Lebe das Leben und Liebe die Liebe“ steht auf einem Schild direkt neben dem Tatort in Mülheim.   Kindergartenkinder der nahen Tagesstätte am Clevischen Ring haben das Schild dort vermutlich in der Vergangenheit gemalt und aufgestellt. Die Aufschrift lässt einen wenige Tage nach dem Mord an einem Ex-Rocker der „Hells Angels“ nachdenklich zurück. Am Hintereingang des Hortes, in einem Innenhof, ist ein 35-Jähriger mit einem Kopfschuss ermordet worden.

Der Kindergarten war über Pfingstsamstag zu. Fast das gesamte Pfingstwochenende war der Tatort in dem Innenhof und der zweite Tatort neben dem Biergarten des „Gilden Brauhauses“ am Böcking-Park mit Flatterband abgesperrt. Einige Meter neben der Gaststätte war die Begleiterin (28) des 35-Jährigen mit Schüssen lebensgefährlich verletzt worden.

Ich habe sie an eine Mauer gesetzt. Zuerst konnte ich ihr Gesicht nicht erkennen. Es war voller Blut, ein furchtbarer Anblick.
Köbes, Gilden-Brauhaus

Am Mittwoch kehrte vordergründig wieder das normale Leben zurück. Mütter mit ihren Kindern, die die Sonne genossen, standen im Park und sprachen über das Geschehene. Auch ein Köbes des Brauhauses kann das Erlebte nicht abschütteln. Der 57-Jährige bediente am Samstag gerade im Biergarten, als eine Zeugin auf ihn zulief. Eine Frau brauche dringend Hilfe, in der Nähe sei geschossen worden. Der 57-Jährige verließ die Arbeitsstelle und lief in den Böcking-Park. Dort kam ihm eine stark blutende Frau entgegen.  „Ich habe sie an eine Mauer gesetzt. Zuerst konnte ich ihr Gesicht nicht erkennen. Es war voller Blut, ein furchtbarer Anblick“, erinnerte sich der Köbes.

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Der 57-Jährige lief zurück ins Brauhaus, holte eine Tischdecke und drückte es auf die Wunde am Hals. Auch eine Polizistin aus Essen, die in ihrer Freizeit im Park unterwegs war, half der Frau.   Sie legte dem Opfer einen Druckverband an. Die Erste Hilfe hätte sieben bis acht Minuten gedauert, dann sei der Rettungsdienst gekommen. Als der 57-Jährige am Mittwoch die Nachricht erhielt, dass die Frau außer Lebensgefahr ist, wird der Vater von zwei Töchtern still: „Das freut mich sehr. Ich habe das gehofft.“ Es sei auch schon ein Angehöriger vorbeigekommen und hätte sich für die schnelle Hilfe bedankt.

Köbes kann Urlaub gut gebrauchen

Was den 57-Jährigen auch Tage nach der Tat noch umtreibt: „Der Park war voller Menschen, und auch der Biergarten war gut besucht. Aber es hat fast keiner geholfen“. Von der anderen Straßenseite sei ein Mann gekommen , hätte geholfen und die Polizei gerufen.

Der Köbes zeigt im Gespräch mit der Rundschau auch auf einen Stuhl am Eingang. „Auf diesen Stuhl habe ich sie gesetzt. Er war mit Blut beschmiert. Wir haben ihn gesäubert“. Am Donnerstag fliegt der 57-Jährige drei Wochen in den Urlaub. Die Ferien mit der Familie seien schon länger geplant; „aber ich kann sie jetzt gut brauchen“. Bei der Kölner Staatsanwaltschaft wird der Fall in der Abteilung für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität bearbeitet.

Wie die Behörde mitteilte, war der ehemalige Rocker von zwei Kugeln in Kopf und Rücken getroffen worden. Seine Begleiterin wurde durch einen Schuss in den Hals- und Kieferbereich schwer verletzt. Sie schwebte demnach zwischenzeitlich in Lebensgefahr. Die 28-Jährige wird rund um die Uhr von Polizeikräften bewacht. Der genaue Ablauf des Tatgeschehens sei weiterhin Gegenstand der Ermittlungen, ebenso die Hintergründe und Motive der Tat, so die Staatsanwaltschaft.

Mehrere Tatverdächtige ausgemacht

Aktuell vernimmt die Polizei weitere Zeugen und führt Hausbefragungen im Umfeld des Tatortes durch. Nach bisherigen Erkenntnissen soll einer der Täter zwei Mal auf die Frau (28) geschossen haben. Der Ex-Rocker der Gruppierung „Rhine Area“ floh und wurde später in einem Innenhof neben einem Kindergarten an der Böckingstraße umgebracht. Vorher sollen die zwei bis drei Angreifer versucht haben, den 35-Jährigen zu Hause anzutreffen. Doch der Mann war mit seiner Begleiterin in einem Fitness-Studio in Mülheim. Dies soll ihnen ein Nachbar verraten haben. Die späteren Täter sollen das Paar am Studio abgepasst und dann bis zum Park verfolgt haben.

Die Kölner Polizei soll nach Informationen der Rundschau in dem Aufsehen erregenden Fall bereits mehrere Tatverdächtige ausgemacht haben; bestätigt wurde dies von den Behörden offiziell aber nicht. Es wird befürchtet, dass sich die Gesuchten ins Ausland abgesetzt haben. Ob bereits beim Gericht   europäische Haftbefehle beantragt wurde, teilten die Behörden zunächst nicht mit.

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