Sermet A. muss sich wegen schwerster Verbrechen vor Gericht verantworten. Er soll den Kölner Drogenkrieg vom Zaun gebrochen haben. Die Staatsanwaltschaft will den 24-Jährigen für den Rest seines Lebens hinter Gittern sehen.
Prozessauftakt in KölnEr soll den Kölner Drogenkrieg entfacht haben

Der Angeklagte Sermet A. (M.) äußert sich vorerst nicht zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen.
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Der 24-Jährige ist komplett schwarz gekleidet, als er Saal 112 im Kölner Justizzentrum betritt. Er trägt eine schwarz eingefasste elegante Brille, einen Oberlippenbart, das Haupthaar ist mit Gel zurückgekämmt. Zwischen seinen Verteidigern sitzend, wirkt der ausdruckslos in den Saal schauende Sermet A. eher, wie ein tiefsinniger Student aus einem Literaturseminar an der Uni, statt wie ein hemmungsloser und gewaltbereiter Drogenboss, der im Sommer 2024 den sogenannten Kölner Drogenkrieg vom Zaun gebrochen haben soll. In diesem Zusammenhang soll Sermet A. unter anderem zwei brutale Geiselnahmen in Auftrag gegeben haben, bei denen die Opfer schwersten Misshandlungen ausgesetzt wurden.
Wegen der im Drogenkrieg von ihm an den Tag gelegten Gewaltbereitschaft will die Staatsanwaltschaft den 24-Jährigen für den Rest seines Lebens hinter Gittern sehen. Die Staatsanwaltschaft beantragte Sermet A. nach einer etwaigen Haftstrafe in der Sicherungsverwahrung unterzubringen. Der Grund: Der Deutsch-Iraker habe den Hang, schwere Straftaten zu begehen und sei deshalb für die Allgemeinheit gefährlich. Das gleiche Schicksal könnte auch dem 25 Jahre alten Mitangeklagten ereilen, der laut Staatsanwaltschaft die rechte Hand bei den Drogengeschäften von Sermet A. gewesen sein soll.
35 Anklagepunkte voller Schwerstkriminalität
In insgesamt 35 Anklagepunkten wird den beiden Männern schwerste Kriminalität zur Last gelegt. Laut Anklage soll Sermet A. spätestens 2022 mit weiteren Personen in einer Vielzahl von Fällen bandenmäßig Cannabis, Kokain, Ecstasy und Heroin gehandelt und gewinnbringend verkauft haben, wobei es zum Umsatz von rund 1,3 Tonnen Marihuana und 50 Kilogramm Kokain gekommen sein soll. „Dabei agierte die Gruppe arbeitsteilig. Der Beschuldigte A. war der Kopf der Gruppierung“, hieß es in der Anklage. A. habe insbesondere die Kontakte zu Lieferanten in den Niederlanden und in Marokko unterhalten, habe Anweisungen gegenüber den Mitgliedern der Gruppierung erteilt und sich durch die Mitglieder der Gruppierung über Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Rauschmittelgeschäften berichten lassen.
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Der 25-jährige Mitangeklagte soll sich im Februar 2024 der Bande angeschlossen haben, wobei er „hierarchisch dem Beschuldigten A. untergeordnet“ gewesen sei. Er habe im Auftrag seines Bosses Kontakt zu Drogenlieferanten gehalten, Lieferungen angenommen und verwaltet. „Darüber hinaus kam ihm die Aufgabe zu, das durch den Straßenverkauf eingenommene Geld für die Gruppierung einzusammeln“, sagte der Staatsanwalt bei der rund anderthalbstündigen Anklageverlesung.
Dabei soll das Drogengeschäft der Gruppierung nicht allein auf Köln beschränkt gewesen sein, wo der Stoff von Kleinverkäufern an Neumarkt, Appellhofplatz und Friesenplatz sowie in nicht näher bekannten Diskotheken veräußert worden sei. Vielmehr sei Rauschgift auch „im großen Stil“ an Großabnehmer in Frankfurt am Main, München und Dresden weiterverkauft worden sein.
Um das so vereinnahmte schmutzige Drogengeld zu waschen und wieder in den legalen Wirtschaftskreislauf zu überführen, soll die Gruppierung im Auftrags von Sermet A. sogar eigens ein Büdchen auf den Ringen gekauft haben. Zudem soll die Gruppe über Fahrzeuge mit speziell eingebauten Verstecken für Drogen und Waffen verfügt haben. „Im Zusammenhang mit dem Rauschgifthandel verfügte die Gruppierung über eine Vielzahl von Waffen, insbesondere Revolver, Pistolen und Maschinenpistolen, die die Mitglieder der Gruppierung insbesondere zur Bewachung der Rauschmittel mit sich führten.“
Liefen die Geschäfte der Gruppierung bis Ende Juni 2024 weitgehend glatt, kam es in der Nacht auf den 23. Juni 2024 zu einem Raubüberfall in einer von der Gruppierung angemieteten Halle in Hürth, wo rund 700 Kilogramm Marihuana lagerten. Rund die Hälfte des Marihuanas wurden von bislang unbekannten, bewaffneten Tätern geraubt. Anschließend soll Sermet A. Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben, um den geraubten Stoff mit einem Schätzwert von rund 1,5 Millionen Euro wieder zurückzuerlangen. Um Informationen über den Verbleib der Drogen sowie die Hinterleute des Raubs zu bekommen, soll der 24-Jährige auch zwei brutale Geiselnahmen in Auftrag gegeben haben, bei denen die Opfer teilweise schwer gefoltert wurden, wie in Urteilen gegen andere Mitglieder der Gruppierung am Landgericht bereits festgestellt wurde.
Vorwurf:Sprengstoffanschläge in Auftrag gegeben
Aber auch Sprengstoffanschlägen sollen von dem 24-Jährigen in Auftrag gegeben worden sein. In Köln wurde unter anderem von einem 18-Jährigen, der seit vergangener Woche vor dem Amtsgericht steht, ein Sprengsatz in ein Modegeschäft auf der Ehrenstraße geworfen. Das Ladenlokal brannte weitgehend aus. Weitere Explosionen gab es in Duisburg und in Engelskirchen.
Beide Angeklagte wollten sich am ersten Verhandlungstag nicht zu den Vorwürfen äußern. „Mein Mandant wird sich den Tatvorwürfen stellen und sich einlassen“, sagte Wolf Bonn, Verteidiger von Sermet A. vor Journalisten. Verteidigerin Pia Klara kündigte für ihren 25-jährigen Mandanten ebenfalls eine Einlassung an. Der Prozess ist bislang mit 40 weiteren Verhandlungstagen bis Juni 2026 terminiert.

