Gründer der Streaming-FactoryDiese drei Kölner haben vor 20 Jahren alles richtig gemacht

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Das Gründer-Team der Streaming-Factory: Thomas Sturm, Robert Schwalbe und Andreas Erb (v.l.).

Das Gründer-Team der Streaming-Factory: Thomas Sturm, Robert Schwalbe und Andreas Erb (v.l.).

Drei junge Spoho-Studenten haben vor 20 Jahren die Streaming-Factory gegründet — und waren ihrer Zeit damit weit voraus. Zuletzt erlebten sie dank Corona einen Boom.

Basketball-EM, Bayern München-Match, Tour de France?! Da simmer dabei, sagten sich fußballverrückte, auf Sport und Medien fokussierte Absolventen der Kölner Sporthochschule: Und gründeten vor 20 Jahren ihre Streaming Factory in einem Bereich, der damals wohl nur Nerds ein Begriff war. Die jungen Streamer der ersten Stunde nutzten die neue Technik, ließen die Datenströme direkt von prominenten Sport-Events live ins Internet fließen oder machten Videobilder und O-Töne als Aufzeichnung digital zugänglich.

„Smartphones und Youtube wurden erst 2005 und 2007 erfunden, Social Media-Kanäle waren noch unbekannt“, erläutern die Gründer und Kompagnons Andreas Erb (52), Thomas Sturm (49) und Robert Schwalbe (50) im Büro des Unternehmens an der Eupener Straße, das jetzt Jubiläum feiert. Die Exoten von damals gehören zu den Experten von heute im Spezialbereich der Medienbranche. Ohne Online-Fernsehen läuft fast nichts mehr. „Für viele Firmen und Vereine war und ist es eine tolle Möglichkeit, vielen das Zuschauen flexibel zu ermöglichen, ohne vor Ort sein zu müssen“, so Sturm mit Blick auf mittlerweile über 1000 eigene Produktionen.

Interviews mit Spielern des FC Bayern München

Stream ab, unabhängig von Standort und Sendezeit: Als eine der ersten Produktionen stellten die Kölner Onlinebeiträge mit Interviews und Berichten für den FC Bayern München her. Andere Fußballclubs folgten. Im Büro hängen die Trophäen an der Wand: Trikots mit Autogrammen erinnern an Spitzensport-Einsätze der Videomacher.

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Rückblick in die digitale Pionierzeit: Das Team begleitete 2003 in Schweden Basketball-Legende Dirk Nowitzki und den DBB bei der Europameisterschaft mit Kameras und Mikros und stellte Szenen rund um die Matches ins Netz.

Sie fingen für die T-Mobile-Equipe O-Töne und Impressionen auf der Tour de France 2005 ein und mussten sich in Hotels auf die Suche nach einem der seltenen WLAN-Anschlüsse machen, um mit viel Geduld Datenströme durch noch sehr langsame Leitungen zu schicken. Mit dem kompletten Technik-Equipment waren die sportlichen Jungs beim Jungfrau-Marathon 2012 mit Motorrad und auf den letzten Metern zu Fuß unterwegs, um Video-Highlights zu senden.

Von Konzerten bis Sport-Event ist alles dabei

Das Team spezialisierte sich weiter, neue Themen und Formate kamen hinzu: Ob Philharmonie-Konzerte live im Web, Medizin-Kongresse auf Youtube mit Chatfunktion oder hybride Produktpräsentationen von Firmen. Die Palette der Kunden reicht von Amnesty International über die Postbank bis zur Kölner Uniklinik. 15 Jahre lang fertigte das Unternehmen „Finisher-Clips“ im Lauf- und Radsport: Sie fingen beim Zieleinlauf Jubel und Erschöpfung jedes Teilnehmenden ein für die 45 Sekunden dauernden Erinnerungsspots. „Dieses Jahr haben wir das als Einzelevent auch wieder für den Duisburger Marathon gemacht“, so Thomas Sturm. „Und unsere wohl schönsten Aufträge sind die Konzerte online“: Vor rund zehn Jahren kam als Kunde die Kölner Philharmonie mit ins Boot. Für sie streamt das Unternehmen seitdem live oder als Aufzeichnung Konzerte ins Netz, von Klassik bis Jazz. In der Coronazeit kam die Übertragung von Geisterkonzerten aus dem leeren Saal hinzu. Weltweit über 200.000 Aufrufe verbuchte zum Beispiel das Bachkonzert eines in Köln gestrandeten japanischen Ensembles auf Youtube und Facebook.

Corona bringt einen echten Schub

Als die gesamte Event- und Konzertbranche während der Covid-Pandemie brach lag, boomte das Streaming extrem. 2021 wurde zum erfolgreichsten Geschäftsjahr des Kölner Unternehmens. Vermehrt nutz(t)en Kunden auch die Firmenräume in Braunsfeld. Im modernen Studio samt Regiepult, großem Rechner mit Spezialsoftware, Licht, Ton und ferngesteuerten Kameras werden professionell Beiträge produziert; ein Greenscreen-Studio steht für Aufnahmen mit virtuellen Hintergrundszenen bereit.

Während ein kleines Team vor Ort Aufnahmen macht, laufen alle Kanäle im Kölner Studio zusammen. 2022 produzierte die Factory zum Beispiel mit der Firma probono Fernsehproduktion fürs ZDF Sportstudio online die Fußballsendung „Mainzer Keller“, Experten blickten auf den aktuellen Spieltag und analysierten Highlights. Die Moderatoren saßen in München, Hamburg und Berlin, wurden in der Regie im Büro zusammengeschaltet und übertragen. Großes Kino war auch die Vorstellung des neuen Soccer-Games EA Sports FC im Juli in Amsterdam, samt Übersetzung in elf Sprachen. Die Signale wurden von der Kölner Agentur gebündelt und live in die Welt gestreamt.

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