Abo

Training beim 1. FC KölnSo geht es den Fußballerinnen aus der Ukraine inzwischen

Lesezeit 4 Minuten
Kryvbas Training

Die ukrainischen Fußballerinnen des FK Kryvbas leben seit März in Köln. 

Köln – Gegen Ende des Aufwärmprogramms hat sich Trainerin Alina Stetsenko etwas Besonderes ausgedacht. Die Fußballerinnen vom FK Kryvbas sollen sich den Ball mit den Händen zupassen, aufs Tor schießen, dürfen sie mit dem Fuß. Allerdings ist der Ball nicht weiß und rund, sondern schwarz und viereckig. Auf dem Kunstrasen am Franz-Kremer-Stadion zögern Violetta Tian und Darya Kelynshik nicht lange. Die eine ist Stürmerin und die andere Torfrau beim ukrainischen Erstligisten aus der Stadt Krywyj Rih.

Aus dem Süden ihres Heimatlandes sind sie vor knapp drei Monaten per Bus, Flugzeug oder Taxi vor den russischen Raketenangriffen geflohen. Nun bringen sie vollen Einsatz beim Sport, grinsen über Fehlschüsse oder jubeln über Treffer. Da kann die Übung noch so gewöhnungsbedürftig sein, ihre Gesamtsituation ist gewöhnungsbedürftiger. Und als willkommene Ablenkung taugt sie ihnen allemal. „Für mich ist es moralisch sehr, sehr schwer“, erklärt die 18-jährige Darya, „meine Verwandten sitzen in Cherson, im Kriegsgebiet fest und ich habe leider keinen Kontakt zu ihnen. Das macht mich sehr unruhig.“

Fahrradspende

Mit Bus und Bahn von Porz ans Geißbockheim zu kommen, ist kompliziert und kostet viel Zeit. Deswegen wurde die Frauen-Fußballmannschaft des FK Kryvbas aus Krywyj Rih mit Fahrrädern ausgestattet. Seit drei Monaten leben die geflüchteten, ukrainischen Profispielerinnen in Köln und können nun von ihrem Hotel aus entweder auf einen nahe gelegenen Sportplatz in Porz oder in den Sülzer Grüngürtel zum Training kommen.

Alles zum Thema Geißbockheim

„Es ist wichtig, dass die Damen mobil sind“, sagte Axel Hintermaier von der Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft (ZEG). Diese ist jahrelanger Sponsor des 1. FC Köln und zeigte sich bei der Ausstattung der Ukrainerinnen großzügig. „Wir hoffen, dass wir ihnen so ihren Alltag hier etwas erleichtern können“, fuhr ZEG-Vorstandsreferent Hintermaier fort. (alw)

Auch ihre ein Jahr ältere Mitspielerin Violetta verrät, dass nur die Hälfte ihrer Familie nach Deutschland fliehen konnte. „Die anderen sind noch im Süden, da wo es unruhig ist.“ Einer-seits seien sie froh, dass sie als Mannschaft zusammenbleiben und hoffentlich bald wieder „für die Ukraine“ spielen könnten. „Da hilft uns der Fußball etwas, um stabil zu bleiben“, meint Violetta. Andererseits können die Sorgen um zurückgelassene Männer, Verwandte oder Großeltern bei allen 14 Teammitgliedern kaum verdrängt werden.

„Der Fußball kann ein Rückhalt sein“

Das weiß auch Werner Wolf. Der Präsident des 1. FC Köln ist ans Geißbockheim gekommen, um der ukrainischen Delegation, die nicht nur aus Trainerin und Spielerinnen, sondern auch aus männlichen Staff-Mitgliedern und Kindern besteht, Respekt und Mut zuzusprechen „Für uns ist das schwer vorstellbar, was diese Menschen gerade durchmachen“, meint Wolf und teilt die Hoffnung auf eine baldige Heimkunft der Ukrainerinnen.

„So lange das aber nicht geht, kann der Fußball auch hier vor Ort ein Rückhalt sein.“ Dafür sorgt nicht nur der FC mit seiner Stiftung, sondern auch Vereine wie das Blau-Gelbe Kreuz und die Goldenen Jungs, sowie die Stadt Köln. Seit Mitte März sind die Frauen des FK Kryvbas in einem Hotel in Porz untergebracht, werden dort mit Mahlzeiten versorgt und auch beim Beantragen von Dokumenten betreut. Nicht nur am Geißbockheim, sondern neuerdings auch auf einem Kunstrasenplatz in Porz haben sie zudem abwechselnd gute Trainingsmöglichkeiten. Dass der Krieg in ihrer Heimat wohl nicht so bald zu Ende gehen wird, ist allen klar.

Das könnte Sie auch interessieren:

Deswegen mahnen sie mit FC-Präsident Wolf, dass das nach drei Monaten in Deutschland nicht vergessen werden darf. Zudem haben Darya, Violetta und ihre Mitspielerinnen eine neue Hoffnung: „In der Ukraine sucht man Möglichkeiten, wo wir ein Championat machen können“, spricht Stürmerin Violetta über die Pläne des heimischen Verbandes, ab August eine Meisterschaft auszurichten. Ob diese dann wie angedacht im Westen ihres Heimatlandes oder anderswo stattfinden kann, ist offen. In jedem Fall haben die jungen Ukrainerinnen, die 2022 eigentlich in die Champions-League stürmen wollten, eine Perspektive – und etwas Ablenkung.

Rundschau abonnieren