1000 Jahre Abtei BrauweilerFestakt, Open Air und Theater – so wird im Millennium-Festjahr gefeiert

Lesezeit 6 Minuten
Imposanter Anblick: Der Innenhof der Abtei Brauweiler lädt zum Verweilen ein.

Imposanter Anblick: Der Innenhof der Abtei Brauweiler lädt zum Verweilen ein.

Vor 1000 Jahren war die Grundsteinlegung für das Kloster durch die  Benediktiner. Die Geschichte der Abtei Brauweiler in Pulheim ist wechselhaft und mit manchem dunklen Kapitel verbunden.

Der heilige Nikolaus wacht am romanischen Portal der Abteikirche in Brauweiler. Viele sind dem Patron der Pilger und Armen dort schon begegnet, mit Hoffnungen, aber auch in großen Nöten. Am 14. April wird mit einer Festmesse und einem Bürgerfest, das der Freundeskreis organisiert, die Grundsteinlegung des Klosters durch die Benediktiner vor tausend Jahren gefeiert.

Mehr als 100 Kräuter und Gemüse 

Im heutigen Kulturzentrum des Landschaftsverbands in Brauweiler ist das Millennium-Festjahr mit zahlreichen Aktionen und Führungen verbunden, eigens wurde die ehemalige Klosteranlage dafür herausgeputzt. „Die Öffentlichkeit erwartet im Jubiläumsjahr ein Rahmenprogramm mit 150 Veranstaltungen, darunter haben wir ganz zentrale Projekte“, sagt Mark Steinert, Leiter des LVR-Kulturzentrums.

Herausragend dürfte die Eröffnung des neuen Klostergartens am internationalen Museumstag am 19. Mai sein. Der Garten des Brauweiler Standorts diente, ähnlich wie im ehemaligen Kloster, über Jahrhunderte zur Selbstversorgung. Im Rahmen des Jubiläums wird dieser nun wieder eingerichtet. Damit kommt der LVR einem Wunsch aus der Bevölkerung nach. Seit 2018 plant Gabriel Gach, wissenschaftlicher Referent des LVR, das Gartenprojekt. Dabei suchte er in Plänen und Büchern nach Hinweisen auf ehemalige Pflanzen und Nutzungen: „Wir schließen an die Tradition der Kräuter- und Gemüsegärten an. Es wird Flächen zum Flanieren und Verweilen geben.“

Pünktlich zum Frühjahr werden mehr als 100 Kräuter- und Gemüsesorten gepflanzt. Und es gibt Bier: „Es wurde auch Hopfen angebaut“, sagt Gach. „Wir wussten, dass es hier eine Bierbrauerei gab, und haben an die Tradition angeschlossen, indem wir mit einem örtlichen Mikrobrauer ein Klosterbier kreiert haben.“

Eine Säule steht im Innenhof der Abtei Brauweiler

Die Abtei Brauweiler feiert Jubiläum.

Es dürfte allerdings nicht den Geschmack haben, den das frühere Klosterbier hatte: „Wir waren in den Archiven auf der Suche nach alten Rezepturen, haben aber leider nichts gefunden, bis auf ein paar Einkaufszettel. Aber daraus konnten wir uns nichts erschließen“, sagt Gach. Er ist von Haus aus Geograf und staunte, was im Archiv zum Thema Selbstversorgung alles auftauchte. „Die Abtei selbst hatte früher viel mehr Flächen. Ursprünglich gab es sogar ein eigenes Weingut an der Mosel. Es gab Fischteiche, die etwa acht Kilometer vom Klostergelände entfernt liegen. Und es gab eine eigene Mühle“, so Gach.

Starke Zäsur in der Franzosenzeit

Ein Mythos ist der Maulbeerbaum auf dem Abteigelände, der der Legende nach schon 1000 Jahre alt, wenn nicht sogar noch älter ist. Mark Steinert: „Es gab Untersuchungen, dass dieser Baum durchaus ein Alter von 1000 Jahren haben kann. Ob er tatsächlich so alt ist, weiß ich nicht.“ Der Legende nach soll Mathilde (979-1025), Tochter des Kaisers Otto II., einen Maulbeerzweig aus ihrem Hochzeitsstrauß dort nahe einer kleinen Kapelle vergraben haben, mit dem Versprechen, dort ein Kloster zu gründen, falls der Zweig Wurzeln schlägt.


Programmauswahl

  • Am Sonntag, 14. April, 11 Uhr, ist der Festakt zum Gründungstag der Abtei Brauweiler mit einem Bürgerfest vor und auf dem Abteigelände.
  • Am Dienstag, 14. Mai,19 Uhr, gibt es eine Spezialführung „Vom Klostergarten zum Abteipark“ mit Margret Zander-Maaß (VfG). Eintritt frei.
  • Am Freitag, 24. Mai, 19 Uhr, ist Premiere der Theaterproduktion „Rosemarie Nitribitt – Ab nach Brauweiler“ der Klosterspiele von Brauweiler. Tickets gibt es online unter horizont-theater.de
  • Samstag, 8. Juni, 11-18 Uhr: Dauerausstellung erneuert, erweitert, neugestaltet. Rundgang zur NS-Zeit in der Arbeitsanstalt Brauweiler.
  • Samstag, 22. Juni: Abendliches Open-Air-Kino im Wirtschaftshof. Tickets ab 5 Euro im Abtei-Shop und online bei eventim.de
  • Samstag, 24. August, 11-17 Uhr: „Mönch, ärgere dich nicht“ – Ausstellung und Brettspielaktion im Kreuzgang.
  • Freitag, 30. August, 20 Uhr: Classic Nights mit Daniel Hope & Friends. Karten ab 35 Euro im Abtei-Shop, Eventim, KölnTicket.
  • Donnerstag, 26. September, 19.30 Uhr: Autorenlesung mit Jürgen Wiebicke aus „Sieben Heringe“ – Dialoge am Lebensende. Tickets ab 8 Euro.
  • Dienstag, 8. Oktober, 19 Uhr: Vortrag: „Die Franzosen in der Abtei Brauweiler“ mit Ingo Johänning (VfG).
  • Dienstag, 12. November, 19 Uhr: Vortrag: „Die Kirchenväter im Äbtesaal“ mit Annelie Röhrig (VfG).
  • Sa., und So., 7. und 8. Dezember, ab 11 Uhr: Nikolausmarkt. (EB)

Im Rahmen der Gartenumgestaltung wird der Baum, der nach einem Blitzschlag mittlerweile eher einem Strauch gleicht, neu inszeniert werden. „Ein Teil des alten Zauns wird entfernt, so dass man eine Sichtachse auf den Garten hat. Davor entsteht eine neue Fläche, so dass der Maulbeerbaum eine neue Inszenierung erfährt“, sagt Gabriel Gach.

Im Fokus des Festjahrs steht laut Steinert die neue Dauerausstellung zur Abteigeschichte, die dem Team des LVR besonders wichtig ist. „Zum ersten Mal wird die Geschichte, die eben 1000 Jahre umfasst, mit allen Höhen und Tiefen in ihrer Gesamtheit präsentiert“, sagt Steinert.

Die Nutzung des Gebäudes war über die Jahrhunderte unterschiedlich. Dabei stechen vor allem dunkle Kapitel hervor. Denn das Kloster blieb nicht in der Hand der Mönche. Eine starke Zäsur liegt in der Franzosenzeit. „Die Säkularisation bedeutete einen ganz starken Einschnitt in die Geschichte des Standorts Brauweiler, weil das Kloster aufgelöst wurde und man vor der Frage stand, wie man es in Zukunft nutzen konnte“, so Steinert.

Die Abteikirche weist eine romanische Architektur auf, die sie zu einer Besonderheit im Rheinland erhebt.

Die Abteikirche weist eine romanische Architektur auf, die sie zu einer Besonderheit im Rheinland erhebt.

„Die Mönche waren nicht mehr da und das Gebäude stand zuerst einmal leer.“ 1802 beschloss man dann, eine Bettleranstalt einzurichten, wie sie damals in allen Departements Frankreichs eingerichtet wurden. Die Anstalt bot allerdings nicht im christlichen Sinne Unterstützung für arme und mittellose Menschen. „Betteln wurde zur Straftat erklärt, die Einweisung in die Anstalt erfolgte unter Zwang“, sagt Steinert.

Auch in der Preußenzeit änderte sich für Brauweiler daran nicht viel, im ehemaligen Kloster wurde wiederum eine Arbeitsanstalt eingerichtet. „In der ging es darum, die Bettler, Armen und Obdachlosen in ein ,geregeltes Leben' zurückzuführen.“

Adenauer prominentester Insasse

Umerziehung und Zwang spielten sich hinter den Klostermauern auch im Nationalsozialismus ab. „Es begann 1933 unmittelbar nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten, dass man hier ein frühes Konzentrationslager einrichtete. 1938, nach der Reichspogromnacht wurde das Kloster zu einem Durchgangslager für Juden auf dem Weg nach Dachau. Und ganz finster waren die letzten Kriegsjahre, in denen die Gestapo Menschen folterte und auch ermordete“, so Steinert.

Auch nach der Aufhebung des KZ blieben Menschen in den Räumen der Abtei eingesperrt, darunter von den Nazis als „asozial“ gebrandmarkte Menschen wie Bettler und Trinker, aber auch Regimegegner wie die jugendlichen Kölner „Edelweißpiraten“. Berühmtester Insasse war vom 25. September bis zum 26. November 1944 der ehemalige Kölner Oberbürgermeister und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer. Adenauer hatte zuerst untertauchen können. Seine damalige zweite Frau Auguste, genannt „Gussie“, gab jedoch im Verhör unter Druck der Gestapo sein Versteck preis. Die Eheleute Adenauer kamen daraufhin in Haft nach Brauweiler. Gussie unternahm dort kurze Zeit später einen Suizidversuch, an dessen Folgen sie 1948 schließlich starb.

2008 eröffnete der LVR die Gedenkstätte Brauweiler. Sie dokumentiert die Geschehnisse der Jahre 1933 bis 1945 in der ehemaligen Arbeitsanstalt Brauweiler. Zugleich ist sie dem Gedenken an die vielen Opfer des NS-Regimes in der Anlage gewidmet. Sie wird nun auf etwa die doppelte Ausstellungsfläche einschließlich Schulungsräume erweitert. „Wir merken eben, dass die Zeitzeugen, die den Nationalsozialismus miterlebt haben, langsam wegsterben. Und in dem Maße, wie sie fehlen, wird es schwieriger, authentisch zu vermitteln. Deswegen brauchen wir intensive und nachhaltige Gedenkstättenarbeit.“

Krankenhaus geschlossen

In den 1950er Jahren übernahm der Landschaftsverband Rheinland die Trägerschaft des Gebäudes – abgesehen von der Abteikirche, die im Besitz der Pfarrgemeinde verblieb. Auf dem Gelände wurde zunächst die Rheinische Landesarbeitsanstalt eingerichtet, 1969 erfolgte die Umwandlung in eine Psychiatrie: „Das war eine Phase, die man, glaube ich, sehr ambivalent betrachten muss. Zum einen war es der Versuch, hier eine Reformklinik zu gründen. Man hoffte, neue Wege in der Psychiatrie gehen zu können.

Aber man stützte sich auch auf das alte Personal der Anstalt“, sagt Steinert. Der erste Direktor sei gescheitert. Der zweite habe sich als problematisch erwiesen: „Er war selbst psychisch krank. Er war Alkoholiker. Es gab Todesfälle, Selbstmorde.“ Auch vor dem Hintergrund wachsender öffentlicher Kritik an den Missständen wurde das Krankenhaus 1979 geschlossen. Erst danach geriet die Abtei mit der Übergabe an die LVR-Kulturabteilung wieder in ein positives Licht. (mit dpa)

Rundschau abonnieren