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Katy Perry in KölnWeltrettung im Videospiel-Format – aber braucht das die Welt?

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4 min
Katy Perry in einem futuristischen Outfit, schwebt über der Bühne in der Lanxess Arena

Katy Perry schwebt über den Dingen. Das Publikum in der Lanxess Arena feierte die amerikanische Sängerin am Donnerstagabend auf ihrer Lifetimes-Tour.

125 Minuten, fünf Level, ein Kampf gegen die böse Macht „Mainframe": Katy Perry verwandelte ihr Konzert in der ausverkauften Lanxess Arena in ein aufwendiges Videospiel. Professionell inszeniert, technisch ambitioniert – doch kann das überladene Konzept überzeugen?

Katy Perry rettet die Welt. Aber will die Welt auch von Katy Perry gerettet werden? Nachdem sie Donnerstag auf ihrer „The Lifetimes“-Tour in der Lanxess Arena in Köln Station machte, kann man daran zweifeln. Nicht, dass man ihr das prinzipiell nicht zutrauen würde. Immerhin ist sie, nach Rihanna, die Frau mit den meisten Followern auf X (früher bekannt als Twitter). Das, woran man zweifeln kann, ist das Konzept der Show.

Katy Perrys Weltrettungs-Konzept in Köln

Bei der Show geht es, wie erwähnt, um die Rettung der Welt. Allerdings nur virtuell, im Rahmen eines Videospiels. Über fünf Level hinweg nimmt die Heldin in 125 Minuten Spielzeit den Kampf gegen eine böse Macht namens Mainframe auf. Ist diese Macht die KI? Oder steht Mainframe für die Zerstörung unserer Umwelt? Während Hunde und Katzen im Video eine Allianz schließen, bei der der Homo sapiens nicht mehr mitmischen darf, sind die Schmetterlinge alle verschwunden. Mainframe hält sie gefangen. Wer die Schmetterlinge rettet – Na? – die Welt. All das mit viel Wham-Bam und schnellen bunten Bildern.

„Wir sind alle frei“ wird der Roboter-Katzen-Kopf, der im Videogame die zur Androidin umgebaute Heldin begleitet, am Ende jubeln. Die Zeiten, wo Perrys beste Freundin eine flauschige weiße Angoramieze war, sind lange vorbei. Ob da bei den „KatyCats“, den Fans von Perry, Wehmut aufkommt?

Fans strömen in die ausverkaufte Lanxess Arena

Immerhin ist es acht Jahre her, seitdem die Sängerin und Songschreiberin zuletzt in Köln auftrat, auch in der Lanxess Arena. Das Konzert ist ausverkauft, bis unters Dach. Im Innenraum muss man Abstriche machen; der wie eine Acht geschlungene Catwalk braucht viel Platz. Dafür ist man aber immer mal wieder ganz nah dran, an derjenigen, die Samstag Geburtstag hat: „Ich werde in zwei Tagen 41.“

„Lifetimes“ leiht sich viel aus. Von „Krieg der Welten“, „Farm der Tiere“ oder „Metropolis“. Video-Katy fliegt wie „Supergirl“, durchquert Settings wie in „Alien“ und kämpft mit einem „Star Wars“-Laserschwert. Auch ein Sandwurm aus „Dune“ hat ein Gastspiel. Und Atlas, der die Weltkugel auf seiner Schulter trägt, wird bei „I Kissed a Girl“ weiblich: „Dieses Stück ist für all die Jungs, die heute hier sind.“

Nähe zur Künstlerin beim Wunschkonzert

Beim Wunschkonzert (Level 3,5) darf einer auf die Mittelbühne, zusammen mit drei knallbunt gekleideten weiblichen „KatyCats“. Hier, wo sie nur von zwei ihrer Musikerinnen begleitet wird, ist man der Künstlerin aus Santa Barbara endlich nahe. Kann sie hören, sie spüren. Nicht bloß ihre Kostümwechsel bewundern oder ihr tänzerisches und akrobatisches Können. Ohne sich zu ärgern, wenn ihre Stimme im Gewummer untergeht. Und damit zu hadern, dass das Gros der Leinwand (während der Songs) für wenig originelle Farb- und Formspielereien genutzt wird, während für sie, ihre Band und ihre Tänzer und Akrobaten nur zwei Streifen rechts und links übrig bleiben. Für die, die ganz oben sitzen, nicht schön.

Professionelle Show trotz fragwürdiger Geschichte

Wenn Katy Perry die Welt rettet, tut sie das professionell und ambitioniert. Und bei all den „Luftnummern“ – in einer Gondel, an einem Seil, in einem Globus aus Stangen – denkt wohl niemand mehr an den Flug ins All, der ihr im April so viel Kritik einbrachte. Was sie nicht retten kann: die Geschichte um Mainframe und seine Machenschaften. Diese ist arg krude und driftet am Ende sehr ins Kitschige ab. „Ich habe dich erwartet“, begrüßt Mainstreams grünes Aliengesicht gruselfilmreif die Heldin. „Du wirst nie haben, was wir haben“, antwortet sie ihm, „Herzen“. Herzen tauchen leitmotivisch auf. Am Korsagenausschnitt, in der Hand der Atlas-Frau, im Käfig-Globus. Aber statt allein auf die Kraft ihrer Worte zu vertrauen, fackelt Video-Katy den Bösewicht trotzdem ab. Sein grünes Blut rinnt in Strömen. Aliens bluten immer grün.

„Roar“ als Höhepunkt des Konzerts

Noch schnell auf Level 5 die Schmetterlinge befreien (mit Anleihe bei „Das fünfte Element“). Die dankbaren Erdlinge jubeln lassen. Und – wieder zurück in der Konzert-Welt – ein ganz besonders großes Exemplar der Schuppenflügler besteigen und zu „Roar“ einmal um die Halle fliegen. Das vollkommen unkoordiniert, hektisch und wirr inszenierte „Daisies“ hätte man sich schenken können. „Lifetimes“ hingegen muss sein. Weil Videospiel und Tour so heißen. Und ohne „Firework“ – „Ihr wolltet es die ganze Nacht!“ – geht’s gar nicht. Es ist, natürlich, das letzte Lied.

Einige der Lepidopteren haben allerdings Pech gehabt. In Papierform per Konfettikanone in die Freiheit entlassen, trudeln und schweben sie als bunter Schwarm zu Boden. Flugs werden sie eingesammelt, um später in Wohnungen verbracht zu werden. Und die Gefangenschaft beginnt erneut.