Flirts, bunte Outfits und ein JetskiShirin David begeistert ihre Fans in der Lanxess Arena

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Shirin David Promo

Shirin David weiß, wie man sich in Pose wirft.

Shirin David ist YouTuberin und Rapperin. Nun füllte sie mit 15.000 Fans die Lanxess-Arena.

Das ist kein leichter Job für das Sicherheits-Personal der Lanxess-Arena, wenn es kurz vor Beginn einer Show an den Eingangsbereichen damit beschäftigt ist, Überbleibsel kampierender Fans aufzuräumen und in Papp-Kartons zu packen. Wein-, Bier- und Whiskyflaschen. Das gesamte Sortiment an alkoholischen Getränken ist dabei. Samt Geruchs-Kulisse. So geschehen auch gestern Abend. Grund für die ausufernde Party: Die deutsche Rapperin Barbara Schirin Davidavičius alias Shirin David, die einen Stopp in Köln einlegte und vor rund 15.000 meist weiblichen Fans ein Konzert in fünf Akten aufführte.

T-Shirts für 40 Euro

Bevor jedoch der erste Akt beginnt, versichert die junge Frau hinter dem Merchandise-Stand glaubwürdig, dass ein spezielles T-Shirt der 28-Jährigen, auf dem diese halbnackt bzw. – wie David selbst sagt – „halb angezogen“ mit krallenartigen Fingernägeln provokant pornös in die Augen einer jeden Betrachterin und / oder eines jeden Betrachters blickt, wie warme Semmel weggehe. Für stolze 40 Euro. Man staunt nicht schlecht.

Ein paar Minuten später dann schiebt sich die riesige Leinwand im hinteren Teil der Bühne langsam auseinander, und unsere Hauptprotagonistin schreitet zu den schwer-dumpfen Beats von „Babsi Bars“ wie eine stolze Wilhelmine Tell durch diese Gasse. „Feminin as fuck, meine nicht Alice Schwarzer / Bitch, ich hab ein'n heißeren Grill als dein Vater“, rappt David. Die jungen Fans in den vorderen Reihen strecken der gebürtigen Hamburgerin ihre Arme entgegen, als würden sie ihr das schwarz-transparente Kleid, das sie trägt, vom Leibe reißen wollen. Sarah Connor hatte für solch einen durchsichtigen Fetzen Stoff einst derbe einen auf den Deckel bekommen. Zeiten waren das.

„Die schönste Community“

David ist gut drauf. Deshalb flirtet sie mit ihrem Publikum, spricht Zuschauer direkt an. Sätze wie „Du siehst so gut aus heute Abend“ oder „Ich hab‘ die schönste Community“ werden von lasziv-klingenden Lautmalereien wie „Uhhh“ oder „Ahhh“ umrahmt. Bei all dem hält der rennende Kameramann ordentlich drauf, versteht sich. Wenn schon öffentlich, dann auch richtig. Shirin komplettiert die Szenerie und singt dazu „(Ey) Lächel doch mal (ey, ey), sexy, ja / (Ey) Lächel doch mal (ey), stell dich nicht an“. Und während sich Madame „fotzig-feminin“ (O-Ton David) für Akt zwei Backstage umzieht, gibt es ein paar Leinwand-Einspieler à la Youtube: Zu sehen ist Shirin David, wie sie sich schminkt und, ja, hübsch findet.

Das ist so ein Moment, in dem es schwierig ist, seine sträubenden Nackenhaare zu kontrollieren. Nur das kurzgeschnittene und enganliegende rote Lack-Kleid, mit dem David kurz darauf auf die Bühne groovt, lässt jedes noch so kleine Härchen verblassen: Wespentaille ist etwas für müde Anfänger. Ihre instrumentalen Arrangements allerdings, die sind auch etwas für müde Anfänger. Ist doch fast jede Bassline ähnlich konzipiert, klingt doch fast jeder Vers so, als wär’s der vorherige. „Bitches“ hier, „Bitches“ da, „Bitches brauchen Rap“, soviel ist wohl klar.

In der darauffolgenden Umzieh-Pause suhlt sich der YouTube-Star bei atmosphärischen Klängen auf der Leinwand, na klar, im Sand. An dieser Stelle wird klar: Shirin David ist ein Produkt. Geschaffen, um zu performen, geschaffen, um Ikone (für was auch immer) zu sein, geschaffen, um sich selbst lieben zu können.

Scheiß mal auf Arnold - ich bin Conan der Barbar!
Shirin David

Und wer an dieser Stelle des Auftritts denken mag, mehr dekadenter Schick ist nicht möglich, zuckt zusammen: David schießt sodann auf einem Jetski über die Bühne, rappt ultracool „Bikini-Babes, Jacuzzi, Martini-Taste / Die Gästeliste bei mir sieht aus wie bei den VMAs“ und twerkt, was das Zeug hält. Niemand kann sie aufhalten, denn: „Ich bin jung, ich bin wild, ich bin asozial / Scheiß mal auf Arnold / Ich bin Conan der Barbar“. Akt drei.

Therapeutische Ratschläge

Akt vier und fünf: David verwandelt sich nochmal schnell in eine Art Balladen-Unschuldslamm und schwebt mithilfe einer Plexiglas-Halbkugel über ihre kreischenden Fans hinweg. In ihrem weißen Schleppen-Kleid sieht sie aus wie eine Elbin aus Mittelerde. Dann sagt sie noch so etwas wie „Geht aus euren toxischen Beziehungen raus“.

Shirin David ist Musikerin, Künstlerin, Sex-Queen und Therapeutin in einer Person. Was für eine Frau. Wow. Stellt sich am Ende nur die Frage: Hat sie denn überhaupt die Kompetenzen, das alles zu sein? Ihre Antwort darauf: „Ob ich's hab? Ja, ich hab das Recht / Immer zu tun und zu lassen, was ich will, yeah“.

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