Liveblog zur Stichwahl in KölnReker bleibt OB – Kossiski überrascht mit Ansage

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Reker hat die Stichwahl gegen Kossiski (SPD) gewonnen

  • Keiner der Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl in Köln konnte die absolute Mehrheit holen. Nun geht es zur Stichwahl zwischen OB Henriette Reker (parteilos) und Herausforderer Andreas Kossiski (SPD).
  • Von 8 Uhr bis 18 Uhr sind die Wahllokale geöffnet. Wir begleiten den Tag mit Zahlen, Ergebnissen und Reaktionen aus dem Rathaus.

OB Reker uneinholbar vorne

Die parteilose Politikerin Henriette Reker bleibt Oberbürgermeisterin von Köln. Nach Auszählung fast aller Stimmbezirke lag sie am Sonntag nach Angaben der Stadt mit rund 60 Prozent der Stimmen uneinholbar vor ihrem SPD-Herausforderer Andreas Kossiski. Reker war im Wahlkampf von CDU und Grünen unterstützt worden. Die 63-Jährige steht seit 2015 an der Spitze der einzigen nordrhein-westfälischen Millionenstadt. Damals war sie gleich im ersten Wahlgang gewählt worden - kurz nachdem ein rechtsextremistischer Attentäter sie lebensgefährlich verletzt hatte.

Reker sagte am Sonntagabend, sie sei glücklich, dass ihr so viele Kölnerinnen und Kölner erneut ihre Stadt anvertrauten. Ihr gehe es darum, Köln zu einer modernen Metropole zu machen. „Ich bin ganz sicher, dass in fünf Jahren jedem, wenn er nach der viertgrößten Stadt Deutschlands gefragt wird, Köln einfällt und er nicht überlegen muss, ob das Frankfurt sein könnte“, sagte Reker.

Kossiski äußert sichzur Niederlage

Nach seiner Wahlniederlage hat SPD-Kandidat Andreas Kossiski angekündigt, dass er die neue SPD-Ratsfraktion führen will. Er sei Spitzenkandidat seiner Partei, er habe „mehr als einen Achtungserfolg“ erzielt und er stehe bereit, um im Stadrat Verantwortung zu übernehmen. Der amtierende Fraktionschef Christian Joisten war von Kossiskis Ankündigung genauso so überrascht, wie ein Großteil der Genossen im Saal. Er betonte, auch er werde sich am Mittwoch zur Wahl als Fraktionsvorsitzender stellen. Joisten warf Kossiski vor, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben. Es habe im Vorfeld eine klare Vereinbarung zwischen ihm und Kossiski gegeben, so Joisten, dass Kossiski nicht in den Rat gehen werde. Das habe auch Parteichefin Christiane Jäger gewusst. „Diese Vereinbarung ist heute Abend gebrochen worden“, so Joisten.

Kossiski sagte zu seiner Kandidatur für den Fraktionsvorsitz: „Es geht nicht gegen jemanden, es geht darum, dass man Verantwortung übernimmt.“ Er wolle „jetzt nicht die Koffer packen“. Er habe aus der Partei und aus der Bevölkerung die Rückmeldung bekommen, sich für Köln einzusetzen. „Und ich sehe mich absolut in der Verantwortung, das jetzt auch zu machen. Alles andere wäre eine Flucht.“

Enttäuschte Stimmung bei der SPD

Als SPD-Parteichefin Christiane Jäger und Fraktionschef Christian Joisten gegen 18.15 Uhr die rund 120 Sozialdemokraten im "Stapelhaus" in der Altstadt begrüßen, ist die Stimmung gespannt und erwartungsfroh. Der erste von 1231 Stimmbezirken ist da bereits ausgezählt, er sieht den SPD-Kandidaten Andreas Kossiski mit 53,03 Prozent klar vor Amtsinhaberin Henriette Reker (46,97 Prozent). "Das Ergebnis nehmen wir", meinen viele Genossen lachend. Joisten spricht von der Wechselstimmung, die in den vergangenen Wochen zu spüren gewesen sei, Jäger zeigt sich zuversichtlich, "dass wir mit einem guten Ergebnis abschließen".

Doch bald darauf sind hunderte andere Stimmbezirke ausgezählt, und der Trend ist eindeutig. Reker liegt mit 58 Prozent deutlich vor Kossiski mit 42 Prozent. Enttäuschung macht sich breit, aber auch Stolz darauf, dass Kossiski aufgeholt und ein besseres Ergebnis abgeliefert hat, als von vielen in Köln erwartet worden war. "Das zeigt doch, dass Andreas Kossiski die Menschen erreicht hat", sagt der scheidende Fraktionsvize Andreas Pöttgen. Dass wegen Corona keine großen Kundgebungen stattfinden konnten, sei für die SPD ein Nachteil gewesen, meint der Nippes Bezirkspolitiker Walter Schulz. Corona habe eher der Amtsinhaberin genutzt.

Bürgermeister Ralf Heinen zeigt sich enttäuscht. Die geringe Wahlbeteiligung habe der SPD wohl mehr geschadet als dem Reker-Lager. Angesichts der Umstände habe Kossiski aber ein beachtliches Ergebnis erzielt.

Erste Zahlen aus den Kölner Wahlbezirken

In unserer interaktiven Karte finden Sie die vorläufigen Ergebnisse der bereits ausgezählten Wahlbezirke.

Livestream der Stadt Köln startet

Aus dem Kölner Rathaus bietet die Stadt Köln einen Livestream an. Hier werden erste Ergebnisse der Wahl vorgestellt. Hier geht es zum Livestream:

Erstes Fazit der Wahlleiterin

Für die Verantwortlichen der Stadt war die Stichwahl Neuland. So etwas hatte es in Köln schon lange nicht mehr gegeben. Zwei Wochen intensiver Vorarbeit folgte nun die Stunde der Wahrheit – und es  ist ruhig geblieben an diesem Wahltag, sehr ruhig. Zumindest aus Sicht der Wahlleiterin Dörte Diemert. Keine größeren Aussetzer, keine Dispute in den Wahllokalen. Dazu noch  eine Wahlbeteiligung von deutlich unter 40 Prozent. Alles überschaubar. Allerdings mit einem ordentlichen Stressfaktor in der Nacht von Freitag auf Samstag: Die Wahlverzeichnisse, die den Wahlvorständen an die Hand gegeben werden, hingen in der Druckerei fest. Erst um zwei Uhr nachts konnte das Problem gelöst werden, kurz nach fünf Uhr morgens war schließlich  alles parat. Umso schöner dann, wenn in den Umschlägen ein netter Begleitbrief an die Wahlhelfer nebst fünf Euro für die Kaffeekasse gefunden wird. Es werde allerdings schwer, die zu verbuchen, meinte  Finanzdezernentin Diemert augenzwinkernd – Geldgeschenke gehen ja schließlich nicht. 

Der Anteil der Briefwähler war erneut enorm hoch. Stand 17 Uhr gingen knapp 167 000 rote Umschläge ein, gute 20 Prozent der Wahlberechtigten hatten ihr Kreuz zuhause gemacht. In der Tendenz könnte also jeder zweite Wähler nicht in den 800 Wahllokalen abgestimmt haben. Die Stimmbeteiligung sei vergleichbar mit Stichwahlen in anderen Städten, betonte Diemert. Sie lag bei etwa 35 Prozent. Mit dem  amtlichen Endergebnis rechnet die Wahlleiterin am Freitagnachmittag nach Sichtung aller Unterlagen der Wahlvorstände. (two)

Wahllokale geschlossen

Die Wahllokale in Köln sind nun geschlossen, die Auszählung hat begonnen. Eine Prognose wird es, anders als bei den Wahlen am 13. September, nicht geben. Damit heißt es nun warten auf das vorläufige Ergebnis.

Blumen für Kölns älteste Wahlhelferin

Die Rentnerin Lydia Mörs-Plattes ist die älteste Wahlhelferin Kölns und schon seit vielen Jahren ein kleines, aber wichtiges Rädchen in der Demokratie. Zur Stichwahl am Sonntag gibt es  für ihr Engagement ein dickes Dankeschön  von  Dörte Diemert, die sie im Wahllokal der Johannes-Gutenberg-Realschule in Rodenkirchen besucht.

Hier geht es zum vollständigen Artikel.

Indessen haben mit Stand 17 Uhr nun 31,4 Prozent der wahlberechtigten Kölner ihre Stimme abgegeben. Damit liegt die Wahlbeteiligung weiter hinter der von 2015 zurück. Damals hatten zu diesem Zeitpunkt bereits 35,7 Prozent gewählt. Bei der Wahl vor zwei Wochen lag die Beteiligung zur gleichen Zeit sogar bei 50,6 Prozent.

Wahlabgabe, Stand 16 Uhr

Inzwischen haben 27,8 Prozent der Wahlbeteiligten ihre Stimme abgegeben. Damit hinkt die Wahlbeteiligung weiter hinter der vom Jahre 2015 hinterher. Dort hatten um diese Zeit bereits 31, 7 Wähler ihre Stimme abgegeben.

Wahlbeteiligung auch um 15 Uhr noch niedrig

Weiterhin liegt die Wahlbeteiligung hinter dem Wert aus dem Jahr 2015 zurück. Während dort um 15 Uhr bereits 27,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben hatten, sind es aktuell in Köln nur 23, 7 Prozent.

Wahlbeteiligung geringer als 2015

Auch wenn der Wahltag am Morgen noch vielversprechend angefangen hatte, so hinkt nun die Wahlbeteiligung hinter der der letzten OB-Wahl in Köln hinterher. Mit Stand 14 Uhr haben erst 20,1 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Dabei blieben heute Schlangen, wie zur Kommunalwahl am 13. September, bislang aus. Zum Vergleich: 2015 hatten um 14 Uhr bereits 22,1 Prozent der Bürger gewählt.

Wahlbeteiligung Stand 13 Uhr

Um 13 Uhr haben inzwischen 16,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Das liegt unter der Beteiligung bei der letzten OB-Wahl 2015, wo zu diesem Zeitpunkt bereits 17,1 Prozent zur Urne gegangen waren.

Wahlbeteiligung am Mittag bei 12,6 Prozent

Mit Stand 12 Uhr waren in Köln 12, 6 Prozent der wahlberechtigen 820.527 Bürger bei der Wahl. Die Wartezeiten sind deutlich kürzer als bei der Kommunalwahl am 27. September. Noch bis 18 Uhr kann gewählt werden.

Etwas höhere Wahlbeteligung am Morgen

In Köln war die Wahlbeteiligung am Sonntagvormittag leicht höher als bei der letzten Oberbürgermeisterwahl oder Stichwahl. In Köln lag die Wahlbeteiligung um 11 Uhr bei 8,6 Prozent. Bei der OB-Wahl 2015 - eine Stichwahl gab es damals nicht - habe der Wert um die gleiche Uhrzeit bei 7,8 Prozent gelegen, hieß es von der Stadt.

In Köln will Henriette Reker (parteilos) erneut Oberbürgermeisterin werden. Ihr Gegenkandidat Andreas Kossiski (SPD) lag im ersten Wahlgang hinter ihr.

Stichwahlen in fast 130 Kommunen

Bei den Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen entscheiden die Wähler am Sonntag über Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte in fast 130 Kommunen. Besonders spannend dürften die Wahlen in der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Ruhrmetropole Dortmund werden. In beiden SPD-regierten Städten haben CDU-Kandidaten Chancen, die Oberbürgermeister-Posten zu erobern. Auch Aachen, Bonn, Münster und Wuppertal stehen im Fokus. Dort könnten Grünen-Kandidaten zum Zug kommen.

Stichwahlen gibt es überall dort, wo im ersten Durchgang vor zwei Wochen keiner der Kandidaten mehr als die Hälfte der Stimmen holte. In 15 kreisfreien Städten wird um die Oberbürgermeister-Posten gekämpft und in 11 Kreisen um die Landratsämter. In mehr als 100 kreisangehörigen Städten und Gemeinden stehen Bürgermeister-Stichwahlen an. Die Wahllokale schließen um 18.00 Uhr. Wie lange das Auszählen dauert, ist vielerorts unklar.

In Aachen, Bonn, Wuppertal und Münster haben Grünen-Kandidaten Chancen, erstmals für die Öko-Partei Oberbürgermeister-Posten in NRW zu erringen. Aber auch bei einigen Stichwahlen sind die Grünen in zentraler Rolle: In Köln unterstützen sie die parteilose Amtsinhaberin Henriette Reker, die wider Erwarten in die Stichwahl gegen den SPD-Kandidaten Andreas Kossiski muss.

In Düsseldorf will die CDU den OB-Sessel zurückerobern. Seit 2014 ist der SPD-Politiker Thomas Geisel Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. In der ersten Wahlrunde hatte CDU-Kandidat Stephan Keller, derzeit Stadtdirektor in Köln, die Nase vorn.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland hatte die CDU den ersten Wahlgang am 13. September klar gewonnen. Die Christdemokraten erreichten bei den Wahlen zu Stadträten, Gemeindevertretern und Kreistagen 34,3 Prozent der Stimmen.

Die SPD blieb trotz hoher Verluste mit 24,3 Prozent zweitstärkste Kraft. Die Grünen dagegen konnten sich um 8,3 Punkte auf 20 Prozent steigern und erreichten ihr bestes Ergebnis bei einer NRW-Kommunalwahl. Die FDP kam auf 5,6 Prozent, die Linke auf 3,8 Prozent, die AfD auf 5 Prozent.

Aktuelle Ergebniss für den Kölner Rat

Kossiski zum Ergebnis der Wahl

Als Andreas Kossiski kurz vor acht Uhr das „Stapelhaus“ betritt, haben sich die Genossen vom ersten Schock über das schlechte Abschneiden bei der Ratswahl erholt. Sie klatschen im Rhythmus, jubeln ihrem OB-Kandidaten zu. „Liebe Genossinnen und Genossen, die letzten Prognosen sehen Frau Reker bei 47 Prozent. Damit ist klar, dass wir in eine Stichwahl kommen. Das habe ich nicht alleine geschafft. Das waren alle, die hier sitzen und noch viele mehr. Ich habe in den letzten sechs Wochen eine vereinte, hoch motivierte SPD gesehen, und die brauchen wir jetzt, in den nächsten 14 Tagen bis zur Stichwahl“, ruft Kossiski den Genossen zu, die ihm begeistert applaudieren.

Mit Blick auf das historisch schlechte Wahlergebnis meint Kossiski, das müsse man in Ruhe analysieren. „Aber für mich, für euch, ist das der Tag, an dem wir in die Stichwahl kommen. Das  wird in den nächsten 14 Tagen das Thema Nummer eins“, ruft er den Genossen zu und bittet um ihre Unterstützung im Wahlkampf. „Bitte macht so weiter wie bisher.  Wir können in dieser Stadt etwas verändern.“

Der Rundschau sagte Kossiski, er wolle jetzt noch einmal angreifen. „Wir werden unsere Themen noch mal in den Vordergrund stellen. Ich bin angetreten, um den Stillstand in dieser Stadt zu beenden, und will noch einmal deutlich machen, dass es eine bessere Alternative zu Frau Reker gibt.“

Er habe „von Anfang an gesagt, dass ich diese Stadt mit einem breiten Bündnis regieren möchte. Meine Arme sind offen für alle Mitbewerber, die ebenfalls angetreten sind, um Frau Reker abzulösen. Wir möchten mit allen demokratischen Parteien sprechen. Die AfD bleibt außen vor.“

Reker versprüht Optimismus

Henriette Reker versuchte in Interviews, Optimismus zu verbreiten. „Ich bin nicht angetreten, um Umfragen zu gewinnen, sondern Wahlen, sagte sie mit Blick auf die 61 Prozent, die ihr in einer WDR-Umfrage bescheinigt worden waren. Am Wahlabend lag sie bei rund 48 Prozent und steht damit vor einer Stichwahl. Ihr Wahlkampfteam konnte die Enttäuschung nicht verbergen.

Sie freue sich über das starke Votum für die Grünen, sagte Reker noch, über Enttäuschung über das schwache CDU-Resultat sprach sie nicht. Beide Parteien unterstützen die unabhängige OB. Nur dass es stabile Mehrheiten brauche, um in der Millionenstadt Köln einen Haushalt von 5 Milliarden Euro zu bewegen, mahnte sie an.

Und sie sprach darüber, wie sie diesen ersten Wahltag erlebt hat. Vor fünf Jahren lag sie nach dem Messerattentat im Krankenhaus. „Alles ist besser als in der Klinik im Koma zu liegen“, sagt sie. Sie habe an Nachmittag gemütlich Zeitung gelesen, dazu komme ich sonst nie“. Am Vormittag hatte sie eine Bläck-Fööss-Matinee  in der Südstadt besucht

Jubel bei den Grünen

Die Gaststätte „Ex-Vertretung“ am Altstadtufer wackelte. 29 Prozentpunkte für die Grünen, mit Abstand stärkste Fraktion im Rat, mit diesem Ergebnis der WDR-Prognose hatten auch die optimistischen Parteivertreter nicht gerechnet.  „Das ist absolut großartig“, ist die erste Reaktion von Spitzenkandidatin Christiane  Martin. „So deutlich, das habe ich nicht erwartet, sagt Parteivorstand Frank Jablonski. „Wir schreiben Geschichte.“ Mag es im Lauf des Abends auch noch Abweichungen von der ersten Prognose geben: „Wir gehen jetzt mit gestärkter Brust in Koalitionsgespräche“, so Martin. Morgen wollen sich die Grünen darüber auf eine Delegiertenkonferenz beraten. Fest steht: Der erste Gesprächspartner ist die CDU, der bisherige Bündnispartner.

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Bei den Kölner Grünen herrrscht Jubelstimmung

Die Grünen, bislang Juniorpartner im Bündnis mit der CDU, würden damit fast zehn Prozent gegenüber der letzten Ratswahl 2014 gewinnen. So groß die Freude bei den Grünen war, so groß die Enttäuschung bei CDU und SPD. Beide komme laut Prognose nur noch auf 20 Prozent (SPD) und 20,5 Prozent (CDU). Für die Volksparteien in  Köln ein historischer Einbruch.  Überraschend auch die Prognose für die Oberbürgermeister-Wahl: Amtsinhaberin Henriette Reker (parteilos) war als klare Favoritin in die Abstimmung gegangen, bei 61 Prozent lag sie in der Umfrage. Nun kommt sie auf 48,5 Prozent. Damit wäre Reker zwar klar vor Herausforderer Andreas Kossiski (SPD), der auf 24 Prozent kommt, sie müsste aber mit diesem Ergebnis in zwei Wochen in die Stichwahl.

SPD freut sich über Prognose

Als um 18 Uhr im Stapelhaus in der Altstadt die ersten Prognosen über die Leinwand flimmern, bricht unter den rund 150 hier versammelten Sozialdemokraten zunächst Jubel aus. Dass Oberbürgermeisterin Henriette Reker nur mit 48,5 Prozent gehandelt wird und damit eine Stichwahl zwischen ihr und dem SPD-Kandidaten Andreas Kossiski (24,0 Prozent) wahrscheinlich erscheint, ist für die Genossen ein echter Lichtblick, nachdem eine Umfrage Reker vor zwei Wochen noch bei 61 Prozent gesehen hatte.

Gleich darauf folgt Ernüchterung, der Jubel weicht betretenen Mienen. Die ersten Prognosen für den Wahl zum Stadtrat sehen die SPD mit 20,0 Prozent nur als drittstärkste Kraft hinter Grünen (29,0 Prozent) und CDU (20,5 Prozent). "Das wäre schlimm, wenn es so kommen würde", sagt der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Jupp Wirges. "Abwarten und Tee trinken", meint der frühere Fraktionschef Martin Börschel.

CDU mit betretenen Gesichtern

Der Kölner CDU-Parteivorstand schaut die ersten Zahlen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, erst um 18.08 Uhr kommen Parteichef Bernd Petelkau und Co. ins Restaurant "Consilium" am Rathaus. Ihre Gesichtsausdrücke sehen so aus, wie sie bei 20,5 Prozent für die CDU eben aussehen: ziemlich flau. Bliebe es am Sonntagabend dabei, wäre es das mit Abstand schlechteste Ergebnis aller Zeiten für die Kölner CDU, 2014 waren es 27,2 Prozent. Petelkau wies in einer ersten Einschätzung auf die Briefwahlstimmen hin, dort ist die Partei tradtionell stark, möglicherweise heben sie die Zahlen noch an. Und er kündigte eine Analyse an: "Wenn das Ergebnis vorliegt und werden schauen, was wir in Zukunft anders und besser machen können."

Freude bei der FDP

Über einen leichten Zugewinn darf sich laut Prognose die Kölner FDP freuen. Sie kommt auf 5,5 Prozent (2014: 5,1 Prozent). „Das ist schön, denn wir haben nicht verloren und liegen deutlich über dem Landestrend unserer Partei“, freute sich Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite. Parteichef Ralph Sterck ärgert sich jedoch, dass es der FDP nach ersten Erkenntnissen nicht gelungen zu sein scheint, mehr frustrierte CDU-Wähler abzufischen. Die CDU hat deutlich verloren. Doch deren Wähler scheinen auch größtenteils zu den Grünen abgewandert zu sein.

Linke zeigt sich zufrieden

Feierstimmung herrscht nicht bei der Linken in Köln, Trübsal aber auch nicht. Laut Prognose wiederholt die Partei mit 7 Prozent ihr Ergebnis von 2014. Zufrieden ist jedoch Jörg Detjen, der bei der Oberbürgermeisterwahl laut Prognose  ebenfalls 7 Prozent erreicht hat. „Der dritte Platz bei dieser Wahl ist ein gutes Ergebnis, denn die Wähler wollen hier keine Stimme verschenken“, freute sich Detjen. Die Linke verbringt den Wahlabend am Quartermarkt unweit des Rathauses und verfolgt die Hochrechnungen unter freiem Himmel auf einem Flachbildschirm. Für die Arbeit im Stadtrat wünscht sich Detjen auch weiterhin themenabhängig wechselnde Mehrheiten. „Aber die Grünen können sich klar unabhängig bewegen und gestalten“, meint er.

Erste Prognose des WDR

Laut einer ersten Prognose des WDR verpasst Henriette Reker die absolute Mehrheit und landet bei 48,3 Prozent. Somit würde es zu einer Stichwahl zwischen ihr und dem SPD-Kandidaten Andreas Kossiski am 27. September kommen. Kossiski holt laut Prognose 24 Prozent der Stimmen.

Im Kölner Stadtrat könnten die Grünen der Prognose zufolge mit 29,0 Prozent stärkste Fraktion werden.

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Eine Frau desinfiziert sich die Hände, bevor sie das Wahllokal betritt.

Zwei Zwischenfälle in Köln

Wahlleiterin Dörte Diemert sagte im Rathaus „Alles läuft nach Plan.“ Tatsächlich gab es laut Stadt nur zwei kleinere Zwischenfälle: Ein Wahllokal, das in einer Schule in Höhenhaus untergebracht ist, musste für einige Minuten geschlossen werden. Eine vermeintliche Bedrohung während eines Videotelefonats hatte einen polizeilichen Großeinsatz in der Nachbarschaft ausgelöst. Gegen 12.30 Uhr führten eine 25-Jährige Spanierin und ihre Großmutter (76) ein Telefonat über Video. Der ebenfalls 25 Jahre alte Lebensgefährte der jungen Frau soll während des Gesprächs im Bild erschienen sein und ihr eine augenscheinlich echt aussehende Schusswaffe an den Kopf gehalten haben. Die besorgte Großmutter alarmierte sofort die Polizei, die mit einem Großaufgebot anrückte und den 25-Jährigen vorläufig festnahm.

Erste Ermittlungen ergaben, dass es sich bei der Schusswaffe um eine Softair-Pistole gehandelt hat. Die besorgte Großmutter wurde über den Sachverhalt aufgeklärt. Für die Dauer des Polizeieinsatzes konnte die im abgesperrten Bereich als Wahllokal eingerichtete Schule nicht betreten werden.

Ein anderes Wahllokal öffnete mit siebenminütiger Verspätung, der Hausmeister hatte sich verspätet.

Kein Wahlparty in diesem Jahr

Anders als gewohnt gibt es im Rathaus in diesem Jahr keine öffentliche Wahlparty. Journalisten müssen sich in Listen tragen und Zugangskarten umbinden. Die Zahl der Journalisten ist begrenzt. Arbeitsplätze gibt es im Historischen Hansasaal. Die Ergebnisse des Abends werden zwar in der Piazzetta übertragen, Mitglieder der Parteien werden aber nur vereinzelt vertreten sein. Sie nutze für ihre Partys andere Räumlichkeiten in der Altstadt.

Gute Wahlbeteiligung in Köln

Aktuell zeichnet sich in Köln eine etwas höhere Wahlbeteiligung als in den Vergleichsjahren ab. Nach Angaben der Wahlleiterin, Kämmerin Dörte Diemert, lag die Beteiligung gegen 17 Uhr bei 45,1 Prozent, das waren einige Prozentpunkte mehr als bei der Oberbürgermeister-Wahl 2015 (35,7 Prozent) und bei der Wahl zum  Stadtrat im Jahr 2014 (41,6 Prozent).

Lange Schlangen vor den Wahllokalen

Seit 8 Uhr kann in Köln gewählt werden. Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es jedoch einige Einschränkungen und Vorschriften. Da weniger Wahlbezirke eingeteilt wurden und weniger Wahlurnen pro Wahllokal zur Verfügung stehen und aufgrund der Abstandsregel kommt es zu teils langen Schlangen vor den Wahllokalen. Wartezeiten von bis zu einer Dreiviertelstunde sind möglich. Geöffnet sind die Wahllokale bis 18 Uhr. Doch gilt: Wer dann noch ansteht, darf auch noch seine Stimme abgeben.

Gute Wahlbeteiligung bislang

Bei den Kommunalwahlen hat sich in Nordrhein-Westfalen am Sonntag insgesamt eine größere Wahlbeteiligung abgezeichnet als bei der Europawahl im vergangenen Jahr. Vor den Wahllokalen bildeten sich zum Teil lange Schlangen. Um 16.00 Uhr hatten 44,9 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie ein Sprecher des NRW-Innenministeriums in Düsseldorf mitteilte. Bei der Europawahl waren es 42,7 Prozent. Deutlich höher lag dabei der Anteil der Briefwähler mit 19,3 Prozent im Vergleich zu 13 Prozent bei der Europawahl 2019. Die Angaben beruhen auf einer Stichprobe aus acht Modellkommunen, in denen die Zahlen bereits bei den vergangenen Wahlen erhoben wurden.

Rund 14 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, über Bürger- und Oberbürgermeister, Landräte sowie die Räte der kommunalen Parlamente abzustimmen. Wegen der Corona-Pandemie sind zahlreiche Schutzvorkehrungen zu beachten: In allen Wahllokalen gelten Maskenpflicht und 1,5 Meter Mindestabstand. Wähler haben einen eigenen Stift mitzubringen.

Briefwahl in Coronazeit auf Rekordniveau

Die Zahl der Briefwahlanträge hatte für die Kommunalwahlen im Vorfeld alle Rekorde gebrochen: Bis zu einem Drittel der Wahlberechtigten hat in zahlreichen Städten schon vorab per Brief die Stimmen abgegeben - mehr als bei allen vergangenen Wahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

In der bevölkerungsreichsten Kommune Köln gingen bis Freitag rund 251.000 Briefwahl-Anträge bei etwa 820 000 Wahlberechtigten ein - einer Stadtsprecherin zufolge kämen die ausgefüllten Wahlscheine „Wäschekörbeweise“ zurück. Auch in Münster beantragten bis Donnerstag rund 30 Prozent der Wahlberechtigten die Briefwahl: knapp 76.000 von 248. 000 Wahlberechtigten.

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