Kritik an LandesregierungUmweltverbände rechnen mit Schwarz-Grün in NRW ab: „Koalition muss liefern“

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Ein Schaufelradbagger arbeitet im Braunkohletagebau Garzweiler.

Ein Schaufelradbagger arbeitet im Braunkohletagebau Garzweiler.

Für die Umweltverbände in NRW passiert zu wenig in dem Bundesland. Ihre Zwischenbilanz zum Naturschutz fällt ziemlich vernichtend aus.

Drei große Naturschutzverbände haben eine ernüchterte Zwischenbilanz der schwarz-grünen Regierungsarbeit ein Jahr nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen gezogen. Von den Versprechungen im Koalitionsvertrag, nachhaltige Impulse für eine sozial-ökologische Erneuerung zu setzen, sei kaum etwas zu sehen, kritisierte der Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Holger Sticht, am Montag in Düsseldorf. „Die Koalition muss endlich liefern.“

NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) äußerte Verständnis für die Ungeduld der Umweltverbände. „Doch die Altlasten aus einer jahrhundertelangen Industriegeschichte können nicht innerhalb von elf Monaten behoben werden“, betonte er in einer Mitteilung.

Entscheidung um Tagebau Garzweiler II ist ein großer Kritikpunkt

Als besonders „schwere Klimaschutz-Hypothek“ kreiden die Umweltschützer der Regierung die Entscheidung an, dass im Tagebau Garzweiler II – trotz des vorgezogenen Ausstiegs – bis 2030 noch etwa 280 Millionen Tonnen Kohle gefördert werden dürfen. Eine neue, im Einklang mit dem Pariser Klima-Abkommen stehende Braunkohle-Leitentscheidung könnte die hohe CO₂-Belastung noch abmildern, sagte Sticht. „Das ist aber offensichtlich nicht geplant.“

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Auch gegen das Artensterben und für den Schutz von Flora, Fauna, Boden und Wasser werde nichts Durchgreifendes unternommen, kritisierten die Verbände. Sie fordern, 30 Prozent der Landesfläche als Schutzgebiete auszuweisen.

Tatsächlich sei NRW mit einem Versiegelungsgrad von elf Prozent der Landesfläche negativer Spitzenreiter in Deutschland, bemängelte die Landesvorsitzende des Naturschutzbunds, Heide Naderer. Auch der im „Zukunftsvertrag“ von CDU und Grünen festgelegte Ausstiegspfad aus der Kies- und Sand-Gewinnung werde ausgehöhlt durch geplante zusätzliche Abgrabungsflächen.

Die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt fordert mehr verbindliche Landesvorgaben gegen „Unarten“ wie Schottergärten und Kunststoffzäune um Grundstücke. Bislang sei die Landesbauordnung dehnbar, so dass in den Bebauungsplänen der Kommunen zu wenig verbindlich zum Schutz der Artenvielfalt vorgeschrieben werde, erklärte der Landesvorsitzende Mark vom Hofe.

Autobahn-Ausbau: „Da geht die Natur vor die Hunde“

Die Verbände warnten darüber hinaus vor einem unverantwortlichen Ausbau von Bundesfernstraßen. Gerade von den Grünen erwarte er, dass sie beim acht streifigen Ausbau der A3 sowie beim Ausbau der A4 nicht mitgingen, sagte vom Hofe. „Da geht die Natur vor die Hunde.“

Ein schwerwiegender Fehler sei es gewesen, „das Umweltministerium zu zerschießen“, kritisierte Sticht. Die Teilung in ein CDU-geführtes Landwirtschaftsministerium und ein grün-geführtes Umweltministerium berge an diversen Stellen Knackpunkte, die dringend nötige Reformen aufhalten könnten. Zudem habe der neue Zuschnitt dazu geführt, dass beide Häuser monatelang mit Eigenorganisation beschäftigt gewesen seien.

Immerhin hoben die Umweltverbände hervor, dass es beim Ausbau der erneuerbaren Energien nun deutlich vorangehe. Es müssten aber Lösungen gefunden werden für den Konflikt zwischen Windvorranggebieten und dem Artenschutz.

Umweltminister: Trendwende für Artenschutz und sozial-ökologische Transformation notwendig

Die CDU müsse sich überhaupt erstmal ein Profil für solche Fragen zulegen, bemerkte Naderer. „Ein nachhaltiges Profil der CDU? Ist mir nicht bekannt“, stellte die Naturschützerin fest. „Das bekommen die Grünen zugeschustert, das zu lösen.“

„Wir brauchen eine Trendwende beim Artenschutz und einen Aufbruch für eine sozial-ökologische Transformation des Landes“, pflichtete Umweltminister Krischer den Verbänden bei. Dafür seien durchaus schon Weichen gestellt worden: „Wir haben den höchsten Naturschutzetat in NRW aller Zeiten“, hob er hervor. Schutzstrategien für Moore und andere Lebensräume für die biologische Vielfalt seien in Arbeit. In der Umweltverwaltung seien mehr als 200 zusätzliche Stellen geschaffen worden. Noch in diesem Jahr werde die Regierung Eckpunkte für eine neue Klima-Anpassungsstrategie vorlegen.

„Und wir werden noch im Sommer den Beteiligungsprozess für einen zweiten Nationalpark starten“, betonte Krischer. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Volkhard Wille, unterstrich: „Wir sichern mit diesem Großprojekt intakte Lebensräume für Tiere und Pflanzen und schaffen ein tolles Naturerlebnis für die Menschen in NRW.“ (dpa)

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