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Attacke „durch nichts zu rechtfertigen“Politiker weltweit verurteilen Angriff des Iran auf Israel scharf

Lesezeit 7 Minuten
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei einem Statement zur Situation in Israel in China.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht bei einem Statement zur Situation in Israel in China.

Der Iran hat mit mehreren hundert Drohnen und Raketen Israel angegriffen. Politiker weltweit sind schockiert und suchen nach Lösungen.

Der Iran hat in der Nacht zu Sonntag, 14. April, erstmals Israel direkt angegriffen. Mehr als 300 Drohnen und Raketen flogen von iranischem Territorium aus nach Israel. Der Iran bezeichnet den Angriff als Reaktion auf einen israelischen Angriff auf ein Konsulargebäude in Damaskus, bei dem mehrere Menschen gestorben sind.

Damit wurde Israel das erste Mal seit 1991 von einem UN-Mitgliedsstaat angegriffen. Damals hatte der Irak Dutzende Scud-Raketen auf israelisches Gebiet gefeuert.

Internationale Politiker verurteilen iranischen Angriff auf Israel

Weltweit warnen Politikerinnen und Politiker vor einer weiteren Eskalation der Lage. Viele verurteilen den Angriff des Iran scharf. 

Alles zum Thema Annalena Baerbock

US-Präsident Joe Biden sicherte Israel nach dem iranischen Luftangriff seine „unerschütterliche“ Unterstützung zu. „Unsere Verpflichtung für Israels Sicherheit gegen Bedrohungen aus dem Iran und von dessen Stellvertretern ist unerschütterlich“, erklärte Biden am Samstagabend (Ortszeit) im Onlinedienst X. Er hatte zuvor eine Dringlichkeitssitzung mit seinem für Sicherheitsangelegenheiten zuständigen Team abgehalten.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und andere deutsche Politiker verurteilten den Angriff des Iran noch in der Nacht und sicherten Israel Unterstützung zu. 

Das iranische Regime hat sehenden Auges den ganzen Nahen und Mittleren Osten an den Rand des Abgrunds geführt.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock

„Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand.“ Baerbock schrieb im Onlinedienst X noch in der Nacht zu Sonntag: „Wir verurteilen den laufenden Angriff, der eine ganze Region ins Chaos stürzen kann, aufs Allerschärfste.“ Später sagte die Ministerin: „Das iranische Regime hat sehenden Auges den ganzen Nahen und Mittleren Osten an den Rand des Abgrunds geführt.“

„Das ist eine schlimme Eskalation der Lage und das ist in keiner Weise akzeptabel, nachvollziehbar und hinnehmbar“, sagte Scholz zu dem iranischen Angriff. Es sei gut, dass es den israelischen Luftverteidigungskräften gelungen sei, mit Unterstützung der USA und auch arabischen Partnern „diesen Angriff weitgehend abzuwehren“.

„Das iranische Regime hat sehenden Auges den ganzen Nahen und Mittleren Osten an den Rand des Abgrunds geführt“, sagte Baerbock am Sonntag nach einem Treffen des Krisenstabs im Auswärtigen Amt.

Die iranische Führung habe in der Nacht zum Sonntag „eine ganze Region beinahe ins Chaos gestürzt“, sagte Baerbock weiter. Die „weltweiten Verurteilungen“ des iranischen Vorgehens zeigten „ganz klar“: „Iran ist mit seinem aggressiven Verhalten, mit dem es eine ganze Region destabilisieren will, isoliert.“

Angriff auf Israel: Großbritannien bestätigt Abschuss von iranischen Drohnen

Wie der britische Premierminister Rishi Sunak am Sonntagnachmittag bestätigte, hätten auch britische Jets iranische Drohnen abgewehrt. Kampfflugzeuge hätten „eine Reihe“ iranischer Angriffsdrohnen abgeschossen, sagte Sunak. Zuvor war bekannt geworden, dass Großbritannien zusätzliche Flugzeuge in die Region verlegt hatte. 

Zum iranischen Angriff sagte Sunak: „Das war eine gefährliche und unnötige Eskalation, die ich auf das Schärfste verurteilt habe.“ Der Premier lobte die koordinierte Aktion der Verbündeten. Dadurch seien fast alle Drohnen und Raketen, die in Richtung Israel abgefeuert worden waren, abgefangen worden. Dies habe nicht nur in Israel, sondern auch in Nachbarländern wie Jordanien Leben gerettet.

Spanien verurteilt „jede Form von Gewalt gegen das Wohlergehen unschuldiger Zivilisten“

Der spanische Ministerpräsident rief „alle internationalen Führer“ zu Verantwortung und Zurückhaltung auf. Sánchez verurteilte am Sonntag auf der Online-Plattform X die Attacken in einer „langen und quälenden Nacht“. Madrid habe „immer jede Form von Gewalt gegen die Sicherheit und das Wohlergehen unschuldiger Zivilisten verurteilt und wird dies auch weiterhin tun“, betonte er.

Man müsse aus der Geschichte lernen und alles versuchen, „um die Konflikte auf diplomatischem Wege zu lösen und um jeden Preis eine noch größere Eskalation zu vermeiden“, betonte der sozialistische Politiker, der in der Europäischen Union zu den schärfsten Kritikern des israelischen Vorgehens im Gazastreifen gehört. Sánchez hatte jüngst eine baldige Anerkennung des Staates Palästina angekündigt.

Frankreich erklärt Solidarität mit Israel

Auch Frankreich, Italien und Irland schlossen sich den zahlreichen internationalen Erklärungen an, die den Angriff des Iran auf Israel verurteilen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte am Sonntag im Onlinedienst X, er verurteile den „beispiellosen Angriff des Iran auf Israel, der die Region zu destabilisieren droht, auf das Schärfste.“ Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni erklärte auf X, ihre Regierung bekräftige „ihre Verurteilung der iranischen Angriffe auf Israel“.

Frankreichs Staatschef Macron erklärte weiter: „Ich bringe meine Solidarität mit dem israelischen Volk und das Engagement Frankreichs für die Sicherheit Israels, unserer Partner und die regionale Stabilität zum Ausdruck.“ Paris arbeite mit seinen Partnern an einer Deeskalation und rufe zur „Zurückhaltung“ auf.

Italiens Ministerpräsidentin Meloni schrieb, Rom sei „besorgt über eine weitere Destabilisierung in der Region“ und werde „weiterhin daran arbeiten, diese zu verhindern“. Der italienische Außenminister Antonio Tajani warnte, der „iranische Vergeltungsschlag“ könne „eine gefährliche Spirale in Gang setzen“.

Irland spricht von Bedrohung des Weltfriedens

„Ich verurteile Irans rücksichtslosen und großangelegten Angriff auf Israel auf das Schärfste“, schrieb der neue irische Regierungschef Simon Harris am Samstag bei X. „Ich fordere alle Seiten auf, jetzt Zurückhaltung zu zeigen und eine Eskalation militärischer Handlungen und die damit verbundene Verwüstung zu vermeiden.“

Außenminister Micheál Martin sprach von einer Bedrohung des Weltfriedens. „Dies trägt nicht dazu bei, der Sache des palästinensischen Volkes zu helfen oder einem Ende des Leids in Gaza näherzukommen“, sagte Martin einer Mitteilung zufolge.

Russland betont Irans Recht auf Selbstverteidigung

Russland zeigte sich als besorgt wegen der Eskalation im Nahen Osten und gibt dem Westen eine Mitschuld daran. Der Iran berufe sich bei seinem Raketenangriff auf Israel auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta nach der Attacke auf die iranische Botschaft in Damaskus, erklärte das russische Außenministerium in Moskau.

Russland habe den damaligen Vorfall klar verurteilt. „Leider konnte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wegen der Haltung seiner westlichen Mitglieder nicht angemessen auf den Schlag gegen die iranische konsularische Vertretung regieren.“

Moskau stellte die Eskalation in den Zusammenhang zahlreicher ungelöster Konflikte im Nahen Osten, vor allem des israelisch-palästinensischen Konflikts. Diese Konflikte würden durch „unverantwortliche provokative Handlungen“ noch verschärft, hieß es in der Mitteilung vom Sonntag. Die Staaten der Region sollten die Probleme mit politischen und diplomatischen Mitteln lösen. Dazu sollten die „konstruktiv gesonnenen internationalen Kräfte“ beitragen.

Russland ist ein enger Verbündeter des Iran und bezieht von dort auch Waffen für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Iran bestellt internationale Botschafter ein

Der Iran bestellte nach der Verurteilung seines Angriffs auf Israel durch westliche Länder die Botschafter von Deutschland, Frankreich und Großbritannien ein.

Ihnen sollte nach Angaben des Außenministeriums in Teheran vom Sonntag der Protest des Iran gegen die Äußerungen von Regierungsvertretern dieser Länder übermittelt werden. Die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten den iranischen Angriff auf Israel mit Drohnen und Raketen scharf verurteilt.

Teheran prangert „unverantwortliche Positionen“ an

Angeprangert wurden von Teheran die „unverantwortlichen Positionen mancher Verantwortlicher dieser Länder hinsichtlich der iranischen Antwort“ auf das israelische Vorgehen gegen iranische Interessen, wie es in einer Erklärung des Ministeriums hieß, die von der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur Irna veröffentlicht wurde.

Die Führung in Teheran sieht die iranischen Angriffe als Vergeltung für den Israel zugeschriebenen Angriff auf das iranische Konsulatsgebäude im syrischen Damaskus. Dort waren Anfang April 16 Menschen getötet worden, darunter zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden. (at mit dpa/afp)


Machtverhältnisse im Nahen Osten

Der Nahe Osten ist ein Flickenteppich aus alten und neuen Feinden und Verbündeten. Einige sind Partner der USA und hoffen auf eine Koexistenz mit Israel oder haben diese mit Abkommen und Friedensverträgen bereits besiegelt. Andere Kräfte wollen den jüdischen Staat vernichten und sehen in Israel und den USA – ganz nach Darstellung Teherans – den „kleinen und großen Satan“.

Grob betrachtet stehen auf der einen Seite Länder, die Frieden mit Israel geschlossen haben oder dies anstreben und die mit den USA etwa militärisch zusammenarbeiten. Dazu gehören Ägypten, Jordanien und die Golfstaaten Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Bahrain. In Kuwait und Katar gibt es ebenfalls große US-Militärbasen, diese Länder stehen Israel aber deutlich kritischer gegenüber, besonders seit Beginn des Gaza-Kriegs.

Iran baute sogenannte Achse des Widerstands gegen Israel auf

Auf der anderen Seite stehen Länder, in denen mächtige Milizen oder politische Bewegungen helfen, den militärischen Einfluss des Iran in der Region zu erhalten oder auszubauen. Dazu zählen Syrien, Libanon, Irak und der Jemen. Syriens Regierung ist direkt mit dem Iran verbündet. Im Libanon zählen die Hisbollah und im Jemen die Huthi-Milizen zur sogenannten „Achse des Widerstands“, die der Iran gegen Israel aufgebaut hat.

Der Irak hat beiderseitige Beziehungen: auf der einen Seite eine ganze Gruppe Iran-treuer Milizen, darunter die sogenannten Volksmobilisierungskräfte, die sich schrittweise zur vorherrschenden politischen Kraft im Land entwickeln. Die irakische Regierung arbeitet zugleich aber mit den USA zusammen, auch mithilfe der noch rund 2400 im Land stationierten US-Soldaten.

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