Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Bill Gates lobt Kanzlerin Merkel„Die Deutschen dürfen sehr stolz sein“

Lesezeit 7 Minuten
Bill und Melinda Gates

Mil­li­ar­däre mit Mission: Bill Gates und seine Frau Melinda beim Welt­wirt­schafts­fo­rum in Davos.

Bill Gates will den Planeten von tödlichen Krankheiten befreien. Auf der Geberkonferenz des in 140 Ländern aktiven "Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose" in Montreal will der 60-Jährige das Bündnis aus nationalen Regierungen und privaten Stiftungen animieren, den Etat für die nächsten drei Jahre erheblich aufzustocken. Kurz vor der Abreise sprach Mitgründer der Computerfirma Microsoft mit Dirk Hautkapp über seine Ziele.

Herr Gates, wie viel muss in Montreal zusammenkommen, damit Sie von einem Erfolg sprechen können? Und wie viel wollen Sie selbst spenden?

Ich bin zuversichtlich, dass es ein Erfolg wird. Wir werden für die Jahre 2017 bis 2019 mehr Geld eintreiben als beim letzten Mal. Damals waren es 11,7 Milliarden Dollar. Ein Drittel der beteiligten Länder hat angekündigt, seine Beiträge zu erhöhen; und das bei angespannten Haushalten. Nur wenige wollen ihr Engagement herunterfahren, die meisten wollen mindestens den Status Quo halten. Wenn wir am Ende zwischen zwölf und 13 Milliarden Dollar liegen, wäre das ein schöner Fortschritt. Als größter Privatgeber werden wir ebenfalls nennenswert aufstocken. Die Summe werde ich am Samstag in Montreal bekannt geben.

Was erwarten Sie von Deutschland, das bisher 2,15 Milliarden Euro in den Fonds eingezahlt hat? Berlin hat gestern die Summe von 800 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

Wir hoffen natürlich, dass Deutschland signifikant erhöht. Zuletzt kamen für die Jahre 2014 bis 2016 rund 665 Millionen Euro aus Berlin. Und die Bundeskanzlerin hatte 2015 schon eine sehr erfolgreiche Konferenz für den Impfstoffe-Fonds geleitet. Die Ankündigung von Entwicklungsminister Gerd Müller gestern hat uns einen wichtigen Schritt vorangebracht. Es ist fantastisch, dass Deutschland einen so bedeutenden Beitrag leisten will, um den Gesundheitszustand der Menschen weltweit zu verbessern.

Was ist bisher Ihr Finanzbeitrag für den Fonds gewesen?

Unsere Stiftung hat den "Global Fund" seit 2002 mit rund 1,6 Milliarden Dollar unterstützt.

Die globale Flüchtlingskrise, verstärkt durch eine Welle des islamistischen Terrorismus, stellt humanitäre Netzwerke wie Ihre Stiftung vor große Probleme. Wie gehen Sie damit um?

Sie haben recht. Unsere Arbeit wird in vielerlei Hinsicht schwieriger. Allein die Flüchtlinge zu unterstützen, die in ihren Regionen bleiben, in Lagern oder Nachbarländern, erzeugt einen großen Bedarf nach materieller Hilfe. Dann haben sie die Flüchtlinge, die es bis nach Europa schaffen und dort Kosten erzeugen. Generell müssen wir uns fragen, was sind die richtigen Investitionen, die Geldgeber machen können, damit Menschen in Problemzonen gar nicht erst auf die Idee kommen, Flüchtlinge zu werden und nach einem besseren Leben in Europa oder Amerika zu streben. Viele fliehen aus einer politischen Instabilität, andere wollen schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Rücken kehren. Mittel- und langfristig muss es immer darum gehen, den Menschen Entwicklungschancen zu geben.

Was genau meinen Sie damit?

Ausreichende Ernährung, Gesundheitsschutz, Bildung und ökonomische Entfaltungsmöglichkeiten sind am Ende entscheidend. Der "Global Fund" ist in diesem Zusammenhang eine tolle Erfolgsstory. Es gibt viele Helden. Länder haben klug zusammengearbeitet. Aber es bleibt eine Herausforderung, unsere Aufgabe weiter prominent im öffentlichen Diskurs zu halten. Die terroristischen Aktivitäten dürfen uns nicht ablenken. Die Steuerzahler und Wähler müssen immer wieder davon erfahren, wie segensreich der "Global Fund" ist. Der Schlüssel zu seinem Erfolg ist ihre Großzügigkeit.

Sie erwähnten die schwierige Situation der Flüchtlinge. Kanzlerin Angela Merkel wird wegen ihrer liberalen Flüchtlingspolitik - auch in den USA - heftig kritisiert. Was sagen Sie dazu?

Die Antwort der Bundeskanzlerin auf die Flüchtlingskrise war eine humane und barmherzige Antwort im Sinne der Menschen, die durch einen blutigen Konflikt aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Wir müssen den am meisten benachteiligten Menschen dabei helfen, ein gesünderes und sichereres Leben in ihren Ländern führen zu können. Das ist der Grund, warum Länder wie Deutschland ihr Engagement für die Ärmsten der Welt verstärken. Der großzügige Beitrag zum "Global Fund", den Entwicklungsminister Müller angekündigt hat, ist der Beleg dafür. Die Deutschen dürfen sehr stolz darauf sein, welchen außerordentlichen Einfluss ihre internationale Entwicklungshilfe auf die ärmsten Länder der Welt hat und wie nachhaltig sie zu besserer Gesundheit und mehr Stabilität beitragen.

Sind Sie mit der Arbeit des "Global Fund" zufrieden? Was haben Sie bislang erreicht und was erwarten Sie für die Zukunft?

Er ist im Laufe der Zeit immer erfolgreicher geführt worden. Wir konnten bis heute 20 Millionen Menschenleben retten und mehrere Millionen Neuinfektionen verhindern. In den Ländern, in denen wir aktiv sind, ist die Sterblichkeit bei Aids, Tuberkulose und Malaria um ein Drittel gesunken. Wenn Montreal klappt, und ich gehe davon aus, werden wir weitere acht Millionen Menschen vor dem Tod bewahren können. Und man darf nicht vergessen: Eine erfolgreiche Geberkonferenz wird die Entwicklung neuer Instrumente beflügeln, um die drei großen Killerkrankheiten zu besiegen. Damit meine ich Impfstoffe gegen HIV und Tuberkulose. Und ein Medikament, das Malaria schon mit einer Dosis heilen kann.

37 Millionen Menschen weltweit haben den HI-Virus. Pro Jahr kommen zwei Millionen neue Infektionen dazu. Sie wollen - analog zu den Zielen der Vereinten Nationen - Aids bis 2030 besiegen. Wie soll das funktionieren?

2030 ist unser Ziel, das wir anstreben. Nicht nur für Aids, auch für Malaria und Tuberkulose. Ob bis dahin alle Krankheiten komplett verschwunden sein werden, kann man noch nicht sagen. Aber wir sind auf dem Weg. Die Infektionsraten sind halbiert worden. Die größten Fortschritte gibt es bei Malaria. Durch mit neuen Insektiziden behandelte Moskitonetze und wirksame Sprays haben wir viel erreicht. Parallel hilft uns die Forschung, um neue Mittel zu kreieren.

Was zeichnet sich bei der Forschung ab?

Es sind zurzeit 30 verschiedene Malaria-Impfstoffe in der Entwicklung. Die amerikanische Regierung, die Europäische Union, unsere Stiftung und andere Geldgeber unterstützen das. Auch der Versuch, Moskitos gentechnisch zu verändern, um sie im Kampf gegen Seuchen einzusetzen, geht weiter. Wenn wir die passenden Instrumente haben, wird der "Global Fund" sicherstellen, dass sie schnell dahin gelangen, wo sie dringend gebraucht werden. Etwa in Afrika.

Wann wird es voraussichtlich einen Impfstoff geben, mit dem sich Menschen vor dem immer noch tödlichen HI-Virus schützen können?

Daran wird mit Hochdruck gearbeitet. Es gibt vier Herangehensweisen, die gerade getestet werden. Wir müssen uns beeilen. 60 Prozent der Neu-Infizierten sind junge Mädchen und Frauen zwischen elf und 19 Jahren. Es hat sich herausgestellt, dass hier Therapien, bei denen täglich eine Pille genommen werden muss, schwierig durchzuhalten sind. Wir brauchen neben besseren Präventionsprogrammen Medikamente, die langfristig wirken und vielleicht nur einmal im Monat eingenommen werden müssen.

Vor sechs Jahren haben sie gemeinsam mit dem amerikanischen Investor Warren Buffett extrem wohlhabende Menschen dazu aufgefordert, die Hälfte ihres Reichtums für das Gemeinwohl zu spenden. Wie viele Milliardäre sind Ihrem Aufruf gefolgt - und wie viel Geld bringen sie auf?

Wir sind froh, dass 156 Philanthropen weltweit unserem "Giving Pledge"-Aufruf gefolgt sind. Wir halten nicht nach, wie viel Geld sie geben. Aber sie haben sich allesamt verpflichtet, zu Lebzeiten oder in ihren Testamenten mehr als die Hälfte ihres Vermögens wohltätigen Zwecken zu spenden. Das ist phänomenal.

Was ist langfristig Ihr wichtigstes Ziel?

Wir wollen für alle zentralen Krankheiten in den nächsten fünf bis zehn Jahren wirksame Impfstoffe haben. Das ist zwar nicht garantiert. Aber die Wissenschaft gibt uns ermutigende Signale. Wenn es gelingt, wäre es ein Riesensprung. Darauf setze ich.

Die Bill & Melinda Gates Stiftung

Die Bill & Melinda Gates Foundation , die der Microsoft-Mitgründer vor 16 Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau ins Leben rief, verfügt nach eigenen Angaben über ein Kapital von rund 44 Milliarden US-Dollar . Die finanzstärkste Privatstiftung der Welt mit Sitz in Seattle verfolgt drei Kernprojekte: weltweite Gesundheitsinitiativen, allgemeine Entwicklungshilfe und ein Programm, das amerikanischen Bildungseinrichtungen zugutekommt. Die Stiftung, längst ein gewichtiger Akteur in der globalen Entwicklungspolitik, unterstützt nach eigenen Angaben Menschen in mehr als 100 Ländern und investierte bisher rund 35 Milliarden Dollar in verschiedene Programme. Über 1200 Angestellte arbeiten weltweit für die Stiftung. diha