Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Lawrow beim G20-GipfelKrankenhaus-Wirbel, Propaganda-Eigentor und ein „Gespräch“ mit Scholz

Lesezeit 3 Minuten
Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, kommt beim G20-Gipfel zur zweiten Arbeitssitzung. Im Vordergrund wird er teilweise von einer weiteren Person verdeckt.

Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, kommt beim G20-Gipfel auf Bali zur zweiten Arbeitssitzung.

Wirbel um Krankenhaus-Meldungen, Spott für ein skurriles Video und ein „Gespräch“ mit Olaf Scholz – Sergej Lawrow geht als Verlierer aus dem G20-Gipfel. 

Auf der indonesischen Insel Bali tagen derzeit die Regierungschefs der 20 größten Industrienationen – der russische Präsident Wladimir Putin ist nicht dabei. Dafür nimmt Außenminister Sergej Lawrow am Treffen der G20 teil – und sorgt für einigen Wirbel.

So behauptete Lawrow am Dienstag, er habe im Rahmen des G20-Treffens auch mit Bundeskanzler Scholz (SPD) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron gesprochen – es sei dabei um mögliche Verhandlungslösungen für die Ukraine gegangen, berichtete die russische staatsnahe Agentur TASS am Dienstagmittag. „Diese Frage können wir nicht beantworten, wie ich bereits in den heutigen kurzen Gesprächen mit Präsident Macron und Bundeskanzler Scholz erklärt habe“, ließ sich Lawrow zitieren.

Olaf Scholz über „Gespräch“ mit Sergej Lawrow: „Er stand in meiner Nähe“

Beim Bundeskanzler klingt die Beschreibung jedoch weniger nach einem diplomatischen Austausch. „Er stand in meiner Nähe und hat auch zwei Sätze gesagt. Das war das Gespräch“, sagte Scholz am Dienstag nach den ersten beiden Arbeitssitzungen des Gipfels auf der indonesischen Insel Bali. Er wolle nicht, dass da ein falscher Eindruck von der Länge des Austauschs entstehe, betonte der Kanzler. Zu den Inhalten des „Gesprächs“ sagte er nichts.

Es war das erste physische Treffen für den Kanzler mit einem russischen Regierungsvertreter seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Scholz hat in den nun schon fast neun Kriegsmonaten aber mehrfach mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Das werde er auch weiter tun. „Ich halte es für richtig, dass es ein ständiges Gespräch gibt, in dem wir auch genau die Fragen diskutieren, die wir unterschiedlich sehen“, sagte Scholz.

Alles „Made in USA“: Sergej Lawrow sorgt mit Video für Propaganda-Eigentor

Doch nicht nur die unterschiedliche Deutung darüber, was ein „Gespräch“ ist, sorgte auf Bali für Verwunderung. Zuvor hatte es bereits Wirbel um Lawrow gegeben. Am Montag machten zunächst Berichte die Runde, der russische Außenminister habe sich nach Ankunft auf Bali in einem Krankenhaus behandeln lassen. Von „Herzproblemen“ berichtete die Nachrichtenagentur Associated Press in dem Zusammenhang.

Lawrow reagierte: In einem vom russischen Außenamt verbreiteten Video posierte der 72-Jährige in einem T-Shirt des amerikanischen Künstlers Jean-Michel Basquiat, der 1988 an einer Überdosis Heroin starb und in seinem Werk auch Rassismus thematisiert hatte. Außerdem deutlich sichtbar: Ein iPhone auf dem Tisch und eine Apple-Watch am Handgelenk. Der russische Außenminister, komplett ausgerüstet mit Produkten „Made in USA“, sorgte so für viel Spott – das Video wurde zum Propaganda-Eigentor.

Und auch politisch gab es für den Russen auf Bali nicht viel zu holen. Im Gegenteil: Die Unterstützung der wenigen internationalen Partner Russlands scheint zu bröckeln, die Abschlusserklärung der G20 soll sich deutlich gegen den russischen Angriffskrieg aussprechen – Lawrow, und somit indirekt auch sein Vorgesetzter Putin, hat angekündigt, die Erklärung akzeptieren zu wollen.

„Unsere westlichen Kollegen haben auf jede erdenkliche Weise versucht, diese Erklärung zu politisieren, und sie haben versucht, Formulierungen reinzuschmuggeln, die eine Verurteilung der Handlungen der Russischen Föderation im Namen der ganzen G20 implizieren würden, einschließlich uns selbst“, sagte Lawrow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Dienstag, blieb aber bei der Ankündigung, dass Moskau die Erklärung akzeptieren werde.

G20-Treffen auf Bali: Sergej Lawrow will vorzeitig Abreisen

Große Lust auf das Treffen scheint Lawrow ohnehin nicht im Gepäck gehabt zu haben – nach seinem turbulenten Kurzauftritt auf Bali will der russische Außenminister dem „Handelsblatt“ zufolge bereits am Dienstabend, und damit vor Ende des Gipfels, wieder abreisen. Das „Familienfoto“ der G20 werde deshalb erst am Mittwoch gemacht. Die westlichen Vertreter wollten demnach keinen gemeinsamen Schnappschuss mit einem Vertreter Russlands.