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Von wegen „Sicherheitsinteressen“Strafe für „Parasiten“ – Putins Gefolgschaft enthüllt Moskaus brutale Motive

Lesezeit 5 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin will Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht beenden. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin will Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht beenden. (Archivbild)

Moskau redet gerne von „Sicherheitsinteressen“ und der Nato als Kriegsgrund. Die jüngsten Wortmeldungen aus Russland belegen andere Motive.

Russland hat erneut bekräftigt, dass in Moskau derzeit kein Interesse an einem Frieden in der Ukraine herrscht. Zum einen startet der Kreml in der Nacht auf Samstag (24. Mai) einen der größten Angriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw. Zum anderen lassen auch die Worte von hochrangigen russischen Politikerin bis hin zu Präsident Wladimir Putin wenig Raum für Zweifel am kriegerischen Kurs im Kreml aufkommen.

Putin hatte bereits einen Besuch in der russischen Grenzregion Kurst in dieser Woche für deutliche Worte genutzt – und dabei auch einen Angriff auf die angrenzende ukrainische Region Sumy nicht ausgeschlossen. Die ukrainische Armee bezeichnete Putin in Kursk derweil als „Nazis“ und „Idioten“.

Wladimir Putin kündigt „Sicherheitszone“ im Grenzgebiet an

Nach seiner Rückkehr bekräftigte der russische Präsident dann, dass Russland neue Eroberungen im Nachbarland anstrebe und kündigte eine „Sicherheitszone“ im Grenzgebiet an. Bereits seit Wochen kommen aus ukrainischen Armeekreisen Warnungen vor einer neuen russischen Offensive im Sommer, diese scheinen sich nun zu bewahrheiten. 

Dass Moskau auf Krieg und nicht auf Frieden setzt, war unterdessen bereits vor Putins Aussagen deutlich geworden. Auch US-Präsident Donald Trump soll das zu Wochenbeginn nach einem Telefonat mit dem Krelmchef erstmals gegenüber europäischen Staatschefs eingeräumt haben. Trump habe erklärt, dass Putin weiterkämpfen wolle, da er glaube, den Krieg zu gewinnen, berichtete das „Wall Street Journal“.

Wahre Motive für Russlands Krieg werden sichtbar

Die mitunter radikalen Aussagen hochrangiger russischer Politiker aus dieser Woche scheinen das nun zu bestätigten – und gleichzeitig erneut die wahren Motive für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu enthüllen.

Der Kreml bedient sich bisher stets mehrerer Begründungen für seinen Angriff. Oftmals wurden von Moskau „russische Sicherheitsinteressen“ und die „Nato-Osterweiterung“ genannt. Gleichzeitig begründet Moskau sein illegales Vorgehen jedoch auch immer wieder mit der unwahren Behauptung, in Kyjiw sei ein „Nazi-Regime“ an der Macht.

„Die Ursachen müssen wie ein Krebsgeschwür beseitigt werden“

Tatsächlich scheint es dem Kreml jedoch vorrangig um imperialistische Ziele und die Vernichtung der ukrainischen Staatlichkeit und Identität zu gehen, die vom Moskauer Regime oftmals mit faschistischer Rhetorik bedacht wird. Die jüngsten Aussagen aus Moskau belegen das nun erneut.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow spricht auf einer Pressekonferenz. (Archivbild)

Der russische Außenminister Sergej Lawrow spricht auf einer Pressekonferenz. (Archivbild)

„Die Ursachen des Konflikts müssen wie ein Krebsgeschwür beseitigt werden“, erklärte am Freitag (23. Mai) der russische Außenminister Sergej Lawrow, dessen Wortwahl in den letzten Wochen immer drastischer ausgefallen ist. Bei den Gesprächen mit der ukrainischen Delegation gehe man deshalb „von den grundlegendsten Dingen“ aus, führte Lawrow aus und ließ dann durchblicken, worum es Moskau geht.

Lawrow: „Das kann unter keinen Umständen zugelassen werden“

Die Regierung um Selenskyj sei eine „Junta“, behauptete Lawrow. Es sei eine „Illusion“ daran zu glauben, dass das, „was von der Ukraine übrig bleibt“, nach einem Ende der Feindseligkeiten weiter von der ukrainischen Regierung beherrscht werden könnte. „Das kann unter keinen Umständen zugelassen werden“, erklärte Lawrow russischen staatlichen Nachrichtenagenturen zufolge.

Selenskyj besitze keine Legitimität, behauptete Putins dienstältester Minister außerdem erneut und forderte, dass vor Friedensgesprächen zunächst Wahlen in der Ukraine abgehalten werden müssten. „Zusammenfassung: Russland lehnt Diplomatie ab“, kommentierte der Historiker Matthäus Wehowski Lawrows Aussagen auf der Plattform X.

Duma-Abgeordneter: Brutalität als Strafe für Ukrainer

Noch radikaler hatte sich zuvor bereits der russische Politiker Alexander Borodai geäußert. Das ukrainische Zentrum für strategische Kommunikation machte auf die Aussagen in der letzten Woche aufmerksam. „Wir führen einen so blutigen und brutalen Krieg, weil wir die Ukrainer – zurecht – als Verräter betrachten“, erklärte der Duma-Abgeordnete demnach in einem Interview.

„Sie haben unsere gemeinsamen Vorfahren, unsere gemeinsamen Werte, unsere Geschichte und unsere Zukunftsvision verraten“, führte Borodai aus. Gemäß der russischen „Vision“ sollten Russen und Ukrainer in einem Land „vereint“ sein und „gemeinsame Interessen“ verfolgen, erklärte der russische Politiker weiter.

„Wir führen Krieg, weil wir Ukrainer als Verräter betrachten“

„Wir sehen uns als ein Land – aber sie nicht“, sagte Borodai über die Menschen in der Ukraine. Die russische Invasion sei schlussendlich die Strafe dafür gewesen, dass das Nachbarland eine eigene „Zukunftsvision“ entwickelt habe, begründete der Politiker den andauernden Krieg. 

Am Samstag nahm dann auch Ex-Präsident Dmitri Medwedew die jüngsten russischen Angriffe auf Kyjiw zum Anlass für eine seiner mittlerweile bekannten vulgären Tiraden in den sozialen Netzwerken – und bediente sich dabei ebenfalls eindeutig faschistischer Rhetorik.

Dmitri Medwedew liefert erneut eine vulgäre Tirade

Die europäischen Verbündeten der Ukraine seien „lausige Schweine“, die bei Angriffen der Ukraine auf Russland stets schweigen, bei russischen Attacken dann aber „grunzen“ würden, schrieb Medwedew in seinem Telegram-Kanal.

Ein vom Zentrum für strategische Kommunikation der Ukraine veröffentlichtes Foto soll die Angriffe auf Kyjiw zeigen.

Ein vom Zentrum für strategische Kommunikation der Ukraine veröffentlichtes Foto soll die Angriffe auf Kyjiw zeigen.

Die Ukrainer bezeichnete der Vizechef des russischen Sicherheitsrats unterdessen als „Parasiten“ auf den Körpern der Europäer. „Und denken Sie daran: In extremen Fällen vernichten Sanitäter brütende Läuse mit Feuer und verbrennen so alle Nester alter Läuse“, fügte der langjährige Vertraute von Putin an.

Faschistische Sprache aus Moskau deutet auf Putins Motive hin

Der Kremlchef sei der Urheber der imperialistischen Ziele, die Moskau hinter Erzählungen über „Sicherheitsinteressen“ und ein „Nazi-Regime“ in Kyjiw zu verbergen versucht, gleichzeitig aber kein Geheimnis aus den wahren Motiven für seine Aggression gemacht hat, betonte Historiker Wehowski nun erneut. Bereits in einem Essay im Jahr 2021 habe Putin kaum Zweifel an seinen Absichten und Motiven aufkommen lassen.

Der Kremlchef sei mit der Vorstellung groß geworden, „dass Russland und die Russen das Sagen haben“, hatte damals bereits der Historiker Andreas Kappeler den Aufsatz des Kremlchefs kommentiert. Putin habe nie akzeptiert, dass die Ukraine „eine eigene Nation mit ihrer eigenen Geschichte und Kultur“ sei und wolle, dass das Nachbarland nur als ein „von Russland abhängiger Staat“ existiere.

„Putins Drohungen sind ernst zu nehmen“

Das Essay gebe „einen Einblick in Putins Gedankenwelt, in der sich Sowjetpatriotismus, imperialer und ethnischer Nationalismus und ein Blut-und-Boden-Pathos vermischen“, führte Kappeler damals in der Fachzeitschrift „Osteuropa“ aus. Die jüngsten Aussagen aus Moskau dienen dafür auch Jahre später als Beleg.

Am damaligen Fazit des Historikers scheint sich jedenfalls nichts geändert haben. „Putins Drohungen sind ernst zu nehmen“, warnte der Historiker im Sommer 2021. Nur wenige Monate später begann Moskau den Krieg gegen die Ukraine.