Kommentar zum RekordverlustDer Kunde muss wieder König werden bei der Bahn

Ein Kommentar von
Lesezeit 2 Minuten
Ein ICE-Zug der Deutschen Bahn fährt am Morgen vor der Altstadtkulisse über die Marienbrücke.

Ein ICE-Zug der Deutschen Bahn fährt am Morgen vor der Altstadtkulisse über die Marienbrücke.

Die Bahn ist auf bestem Weg, den Ruf als Unternehmen der Verkehrswende zu verspielen, weil sie die steigende Nachfrage nicht zufriedenstellend bedienen kann.

Für Komiker reicht es in der Regel, den Namen Deutsche Bahn in den Mund zu nehmen – und eine Sekunde zu zögern. Schon ist der Witz perfekt. Als verlässlicher Zulieferer für verzweifelten Zynismus ist der staatseigene Konzern aus dem Leben von Berufspendlern und Fernreisenden nicht wegzudenken. Das wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre.

Wie traurig, das zeigt die DB-Bilanz für 2023. Hohe Kosten für Bau, Energie und Personal, gestiegene Zinsen und mehrere Streiks bescheren dem Konzern Verluste in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. Wartungsprobleme, Zugausfälle, chronische Unpünktlichkeit, ineffektive Verwaltungsstrukturen, oft nur noch digitale Angebote und ein schlechter Kundenservice – als verlässliches Verkehrsmittel hat die Bahn ausgedient. Mit ihr zu reisen betrachten selbst treue Fahrgäste als notwendiges Übel. Wer innerhalb Deutschlands Termine pünktlich wahrnehmen will, kalkuliert Zugausfälle oder Verspätungen großzügig mit ein oder fährt von vornherein mit dem Pkw. So ist die Bahn auf bestem Weg, den Ruf als Unternehmen der Verkehrswende zu verspielen, weil sie die steigende Nachfrage nicht zufriedenstellend bedienen kann.

Modernisieren reicht nicht: Die DB muss sich geradezu neu erfinden

Es führt also kein Weg daran vorbei, alle Kraft auf die Generalsanierung des Streckennetzes zu richten – auch wenn es auf einigen Verbindungen zu Unannehmlichkeiten für die Kunden kommen wird; den Neu- und Ausbau von Strecken sollte der Konzern zugunsten der Instandsetzung zurückzustellen. Die Bundesregierung will für die Modernisierung der DB bis 2027 rund 30 Milliarden Euro an Steuergeldern locker machen; deutlich weniger als ursprünglich vorgesehen, aber doch mehr als in der Vergangenheit üblich. Reichen wird es kaum.

Die DB muss sich geradezu neu erfinden, um den logistischen Ansprüchen im Land gerecht zu werden. Das wird nur gelingen, wenn der Kunde wieder König ist, der Konzern sich also stärker an den Bedürfnissen der Menschen orientiert.

Über Jahrzehnte haben Politik und Management die Züge auf Verschleiß fahren lassen. Es mangelte an Weitblick, mithin einer Vision für die Zukunft der Bahn. Es wird Zeit, dass sich das ändert – damit nicht auch künftig allein bei der Erwähnung des Namens Deutsche Bahn alle Welt lacht. Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen aber leider nichts Gutes erwarten.

Rundschau abonnieren