Die Herbstausstellung „Os Heematsproch“ im Haus der Alfterer Geschichte zeigt, wie Dialekt noch heute Verbindung schafft.
Dialekt schafft VerbindungAusstellung „Os Heematsproch“ im Haus der Alfterer Geschichte

Sprachforscher Heinz Heuser trug einiges zur Ausstellung im Haus der Alfterer Geschichte bei.
Copyright: Frank Engel-Strebel
„Mir losse de Bursch in Alefte – was die „Bläck Fööss“ für Köln sind, das sind wir vielleicht für Alfter“, meint Kurt Mager mit einem Augenzwinkern. Statt dem Dom lassen die Alfterer eben ihre Burg beziehungsweise ihr Schloss im Dorf.
Der Senior gehört neben Heinrich Kreutzberg und Albert Parkitny den „Alfterer Jonge“ an, einem Trio, das mit Liedern auf Alfterer Platt die Eröffnung der diesjährigen Herbstausstellung im Haus der Alfterer Geschichte (HdAG) „Os Heeimatsproch – wertvoll und unersetzlich?!“ musikalisch begleitet hat.
Der heimatliche Dialekt, das „Alfterer Platt“, steht im Fokus der Sonderausstellung und ist angelehnt an das Motto des diesjährigen Denkmaltages „Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“ Dieser Frage ging auch die Vorsitzende des Fördervereins HdAG, Bärbel Steinkemper, nach, die die Ausstellung eröffnete: „Kann ein Dialekt heute noch Bestand haben? Soll er Bestand haben in einer Zeit der wachsenden Globalisierung über alle Grenzen hinweg, wo Verständigung auch über Grenzen hinweg wichtig ist, und was macht den Reiz eines Dialektes aus? Was kann man damit ausdrücken?“
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Begriffen aus dem Alltag, Redewendungen, Geschichten und Lieder
Sprache verbinde im Großen wie im Kleinen, im Dorf wie in der Nation, aber sie grenze natürlich auch diejenigen aus, die den Dialekt nicht beherrschten, meint Steinkemper, die selbst des Alfterer Platts nicht mächtig ist und daher ihr Grußwort von Luise Wiechert, Schatzmeisterin im Förderverein und Expertin in die Alfterer Heimatsprache, übersetzen ließ, die die Besucher mit einem flotten „leev Lück“ begrüßte.
Dem Team des Fördervereins gelingt es, kurzweilig und informativ mit vielen Hintergrundinformationen, Exponaten und Dokumenten das Thema den Ausstellungsbesuchern auf anschauliche Weise nahezubringen, mit Begriffen aus dem Alltagsleben, aber auch mit Redewendungen, Geschichten und Liedern. Von unschätzbarem Wert sind daher vor allem Wortbeiträge oder Clips mit heimischer Musik.

Lebendige Mundart gab es von den Alfterer Jonge zu hören: Albert Parkitny (v.l.), Kurt Mager und Heinrich Kreutzberg.
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Einen besonderen Dank sprach Steinkemper dem Vereinsmitglied, Alfterer Jong und nicht zuletzt auch Sprachforscher Heinz Heuser aus, der mit einem Video über den örtlichen Dialekt informiert: „Ich bin froh, wenn heute überhaupt noch Platt gesprochen wird“, sagte der 72-Jährige der Rundschau. Grundlage für die rheinischen Dialekte sei die ripuarische Sprache, allerdings unterscheide sich die Mundart von Dorf zu Dorf: „Alfterer Platt klingt anders als das Waldorfer Platt“, so der Experte.
Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen Stadt und Land: „Viele Begriffe aus der Landwirtschaft kennen die Kölner natürlich nicht“, erklärte Heuser. Mit der zunehmenden Mobilität im Lauf der Jahrzehnte haben sich auch die Dialekte immer mehr vermischt, etwa wenn ein „Alfterer Mädche“ zur Arbeit nach Köln oder Bonn fährt. Daher werde es immer schwieriger, Ur-Alfterer Platt zu hören. Das Platt drohe auch immer mehr auszusterben, trotz mancher Bestrebungen, die Dialektsprache den Kindern nahezubringen, etwa durch die Kölsch-AG an der Grundschule in Bornheim-Rösberg.
Akademie für Alfterer Platt fehlt
Kurt Mager von den „Alfterer Jonge“ bedauerte daher, dass keine „Akademie für Alfterer Platt“ existiert. Aber es gibt doch auch noch die vielen Bands aus Köln wie „Kasalla“ oder „Brings“, die auf Kölsch singen. Alles nur Folklore? Für Heuser ist das nicht mehr der traditionelle Dialekt: „Die letzten, die noch authentisch sind und richtig Kölsch singen, sind für mich die Bläck Fööss.“
Spannend ist nicht nur die Schreibweise, sondern auch die Aussprache. Wie stark diese variieren kann, zeigt sich am Buchstaben „G“: Meist werden Wörter, die im Hochdeutsch mit diesem Konsonanten geschrieben werden, in Alfter mit „J“ ausgesprochen wie „Jeld“ oder „Jott“, erklärte Albert Parkitny. Es gebe aber durchaus drei Möglichkeiten, diesen Buchstaben auf Platt zu artikulieren, meinte der „Alfterer Jong“ weiter und führte als Beispiel das Wort „Segelflugzeug“ an: Das werde ausgesprochen als „Sejelfluchzeusch“.
Eine einheitliche Sprache, ein umfassendes gültiges Wörterbuch des „Alfterer Platt“, gibt es nicht. Der frühere Ortsvorsteher von Alfter, der 2018 verstorbene Werner Jaroch, hat einst den Versuch eines solchen Wörterbuchs unternommen, angereichert um eine Sammlung mit Redewendungen und „Histörchen zum Schmökern“. Einen Abschluss haben seine Arbeiten jedoch nie gefunden.
Dies wäre auch nicht möglich gewesen: „Sprache ist nicht statisch, sie verändert sich, passt sich veränderten Zeiten an, nimmt Neues auf“, schreiben die Ausstellungsmacher: „Sie spiegeln in gewisser Weise sowohl geschichtliche als auch regionale Eigenheiten und Traditionen wieder.“

Beschriftete Laden bringen das Platt näher.
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Ein Herzstück der Ausstellung sind Video- und Audioaufzeichnungen von Menschen, die Alfterer Platt sprechen, die sich die Besucher vor Ort über Kopfhörer anhören können. Das Alfterer Platt fand auch seinen Weg in die Musik: „Das Lied klingt authentischer, viel vertrauter, wärmer, ehrlicher. Wortspiele und Anspielungen in den Texten sind vielfach lustiger, weil die bodenständiger wirken“, heißt es im Begleittext zur Ausstellung. Davon zeugen musikalische Ausflüge von den Alfterer Songschreibern Theo Klein, Josef Roggendorf und Michael Weiss.
Wer seine Dialektkenntnisse testen möchte, für den hat Heuser ein Übersetzungsquiz ausgearbeitet; „Wie säht mer dat op hochdeutsch?“ – inklusive Übersetzungshilfe. Einfach mal testen.
Die Ausstellung „Os Heematsproch – wertvoll und unersetzlich!?“ ist bis 2. November im Haus der Alfterer Geschichte (zwischen der Katholischen Pfarrkirche St. Matthäus und dem Schloss Alfter) zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstags von 17 bis 19 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Am Sonntag, 19. Oktober, 15 Uhr, ist eine Erzählrunde „op Platt“ mit den Brüdern Heinz und Hans Langen geplant.www.hdag.info