Sessionsauftakt in der Region: Einige Veranstaltungen sind ausverkauft, andere müssen aufgrund niedriger Ticketverkäufe abgesagt werden. Ein Überblick von Bornheim bis Swisttal
Session in Rhein-SiegSitzungskosten werden zur Herausforderung für Karnevalsvereine

In Feierlaune waren rund 700 Jecke in der Rheinhalle Hersel zum Sessionsauftakt mit der Proklamation des Dreigestirns.
Copyright: Frank Engel-Strebel
Der Sessionsauftakt 2025/2026 ist in vollem Gange. Proklamationen, erste Sitzungen, Empfänge und Ordensfeste sind gelaufen. Doch nicht überall läuft es richtig rund. In einigen Dörfern sind die Zelte und Hallen rappelvoll, andernorts herrscht Tristesse, Sitzungen und Partys wurden abgesagt. Andere Karnevalisten wagen sich an neue Konzepte, damit das Brauchtum überlebt.
Bornheim
Vieles steht und fällt damit, ob es den Vereinen gelingt, Tollitäten zu gewinnen. Beispiel Hersel: Knapp 700 Leute feierten vergangenen Samstag die Proklamation des Männerdreigestirns der Vereinsgemeinschaft (VGS) Hersel-Uedorf in der Rheinhalle Hersel. So voll war es dort zum Sessionsauftakt selten, wie Vorstandsmitglied Wolfgang Raschke der erst 2023 gegründeten KG „Mir vom Herseler Werthche“, aus deren Reihen das Trifolium kommt, erklärte.
Ganz unerwartet war dies für Raschke nicht. Gleich drei Tollitäten auf einmal, die bringen natürlich auch viele Freunde, Verwandte und Bekannte mit. Vor einem Jahr sah die Situation in dem Rheinort noch anders aus. Die VGS ließ die traditionelle Sitzung zur Sessionseröffnung „Alle unger enem Hoot“ ausfallen. Der Grund: Mangels Tollitäten war die Nachfrage nach Tickets zu gering. Dabei versuchte es die VGS zuvor mit einer außergewöhnlichen Strategie: Im Sommer 2024 lancierte deren Schriftführer Jürgen Morche über die Medien eine „Suchmeldung“ nach neuen Tollitäten. Für diese Session hat es zumindest geklappt.
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Sessionsauftakt in der Rheinhalle Hersel mit Proklamation des Dreigestirns.
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Auch in Kardorf herrschte Partystimmung pur: Gut tausend Gäste feierten die Inthronisierung ihres Männerdreigestirns. Das Festzelt war rappelvoll. Herbert Vendel vom Festausschuss Kardorfer Karneval (FKK) und das Trifolium zeigten sich überwältigt. Dazu muss man wissen: Die drei stellten sich bereits zu Beginn der vergangenen Session vor, um sich auf ihre Proklamation intensiv vorzubereiten. Und namhafte Acts wie „Cat Ballou“ oder die „Räuber“ dürften sicherlich auch viele ins Festzelt gelockt haben.
Karnevalspartys in Waldorf und Roisdorf abgesagt
Anders sieht es in Waldorf und Roisdorf aus. Wie berichtet, wurde mangels Kartenverkaufs die große Sessionseröffnungsparty durch den Veranstalter Lutz Persch von LuPe-Events abgesagt. Der Ortsausschuss startete stattdessen mit seiner designierten Prinzessin Nicole I. (Pällmann), die im Januar proklamiert wird, in der „Marktschänke“ in kleinerem Rahmen in die Session.
In Waldorf zog der Ortsausschuss ebenfalls die Reißleine und verzichtete auf die angekündigte Karnevalsparty. Der Grund: In dieser Session fand sich seit Jahren erstmals keine Kinderprinzessin. Auch der Verein Widdiger Karneval verzichtet mittlerweile auf seine Sessionseröffnungsgfeier im November, wie deren Ex-Vorsitzender Wilfried Hambach bereits im Sommer der Rundschau erklärte: „Wir machen dies nur noch, wenn wir wieder eine Tollität haben, sonst kommt ja niemand.“ Zuletzt war dies mit Kinderprinz Marten I. im vergangenen Jahr der Fall.
Alfter
Auch in der Gemeinde Alfter zeigt sich ein gemischtes Bild. So heißt es aus den Kreisen des Festausschusses Alfter Karneval, dass der Vorverkauf für die Doppelproklamation der Jubiläumstollitäten (Kinderdreigestirn und Erwachsenenprinzenpaar) gut gelaufen sei. Andere Stimmen kommen von der Alfterer Große Karnevalsgesellschaft (AGK), wie deren Geschäftsführer Manfred Nettekoven schilderte. Jahrelang feierte die Gesellschaft im Kaisersaal des Gasthauses „Spargel Weber“ ihre Sitzung, die mit 250 Gästen auch stets ausverkauft war.
Dann machte der Saal dicht, man wechselte zunächst in die alte Turnhalle der Anna-Schule und vor einem Jahr erstmals in die 2024 eröffnete neue Kultur- und Sporthalle am Herrenwingert. Bis zu 400 Jecken könnten dort mitfeiern, doch noch nicht einmal die 250 Gäste von damals kamen zuletzt: „Es wurden jedes Jahr weniger, wir müssen die Sitzung ja auch finanzieren können, die laufenden Kosten für die Künstler, die Gema oder die Bewirtung bleiben ja.“
Beim Programm müssen wir inzwischen dreimal rechnen, wen wir buchen können.
Um am Brauchtum festzuhalten, versucht sich die AGK an einem neuen Konzept: Erstmals gibt es nun statt einer Prunksitzung eine Alfterer Karnevalsparty XXL in der Kultur- und Sporthalle am 17. Januar. Mit dabei sind unter anderem die Bands „Knallblech“ und „Tacheles“ sowie ein DJ.
Die Hoffnung: „Wir sind eine Gesellschaft mit älteren Mitgliedern, haben keine Kinder- und Jugendtanzgruppen, die mit ihren Familien kommen und möchten mit dem neuen Konzept nun auch Jüngere für den Karneval begeistern“, sagte Nettekoven, der sich optimistisch gibt, denn die jährliche After-Zoch-Party nach dem Veilchendienstagsumzug sei immer ein riesiger Erfolg. „Alfter scheint kein Ort mehr zu sein, wo man eine Sitzung besucht.“
In Witterschlick läuft es rund, in Alfter-Ort nicht
Anders sieht es in Witterschlick bei der KG Alpenrose aus, wie deren langjähriges Vorsitzende und künftige Sitzungspräsident Dennis Schiffelgen sagte. Die große Kostümsitzung, bei der am 10. Januar Björn Heuser, Frau Kühne, „Knallblech“ oder die „Rabaue“ auftreten, sei so gut wie ausverkauft: „Der Vorverkauf läuft hervorragend. Spätestens bis Weihnachten sind auch die letzten Karten weg.“
Warum läuft es in Witterschlick rund und in Alfter-Ort nicht, obwohl es in dieser Session keine Tollitäten in Witterschlick gibt? Schiffelgen vermutet, dass es auch mit dem Zusammenhalt im Dorf zusammenhängt. Man gucke weniger auf die Namen, die auf den Plakaten stehen, man gehe einfach zu den Sitzungen der beiden Vereine „Tonmöhne“ und „Alpenrose“ hin. Die größte Herausforderung seien allerdings die gestiegenen Kosten seit Corona, die sich teilweise verdreifacht hätten, etwa für die Technik. Dennoch sei es der Gesellschaft gelungen, den Preis für die Karten einigermaßen konstant zu halten: „Vor Corona lagen wir bei 29 Euro, jetzt nehmen wir 30 Euro“, das sei auf dem Land ein üblicher Preis für eine Sitzung.
Der Vorsitzende des Roisdorfer Ortsausschusses Tobias Pällmann sah dies anders: „Viele Leute sind nicht bereit, 29 Euro für eine Veranstaltung bei uns in Roisdorf zu bezahlen, aber sie zahlen 38 Euro, um im Köln in eine Kneipe zu kommen.“ Bei keinem der angefragten Vereine und Gesellschaften waren übrigens die Sicherheitsauflagen ein Thema: „Uns hat die Gemeinde keine strengeren Auflagen erteilt“, sagte beispielswiese Dennis Schiffelgen.
Rheinbach
Nicht nur Sitzungen seien teuer geworden, auch die Umzüge gingen ins Geld. Wilfried Eichen, 1. Vorsitzender und Kommandant des Stadtsoldatencorps 1905 Rheinbach, beobachtet das mit Sorge. Und das nicht erst, seit er vor eineinhalb Jahren Vorsitzender wurde. „Wir haben riesige Probleme“, sagt Eichen: „Genau, wie allen anderen auch.“
Auf lange Sicht wisse er keine Lösung dafür, Karnevalsveranstaltungen auch weiterhin durchzuführen. „Wenn eine Sitzung bei plus minus null aufgeht, ist das schon gut. Aber eigentlich ist das so gedacht, dass man damit Geld verdient für den Verein.“ Geld, das in neue Uniformen und in die Jugendarbeit fließen soll, fehle schlichtweg. „Das geht schon seit Jahren so.“ Nach Corona habe man es dann deutlich gemerkt.
Passende Räumlichkeiten seien teuer, egal ob Festzelt oder Raummiete. Künstlerpreise auf den Eintritt umzulegen, sei nicht drin. Das könne sich dann niemand mehr leisten und die Besucher blieben aus. Schon jetzt würden nicht immer genügend Karten verkauft. Komme dann nicht genug Geld zusammen, gehe man auf Sponsoren-Suche. Aber auch das werde immer schwieriger.
Gästezahlen abhängig davon, ob es Tollitäten gibt
Bisher haben sie noch keine Sitzung absagen müssen, freut sich Eichen. Trotzdem: „Ich sehe schwierige Zeiten auf uns zukommen.“ Zunächst aber starten die Rheinbacher Stadtsoldaten am Samstag, 22. November, mit ihrem Generalappell in die Session. Mit dabei: Die „Räuber“, „Höhner“, „Bläck Fööss“ und „Paveier“. „Das kann man gar nicht mehr toppen. Da werden wir ausverkauft sein bis auf den letzten Platz.“
Als Astrid Faßbender vor 16 Jahren 1. Vorsitzende der GroRheiKa Narrenzunft Prinzengarde 1895 geworden ist, habe sie sich noch keine Gedanken machen müssen über hohe Kosten für Gema, Miete und Sicherheitsdienst. „Beim Programm müssen wir inzwischen dreimal rechnen, wen wir buchen können“, sagt sie und versichert: „Unser Programm ist gut, keine unbekannten Künstler.“ Nur eben Karnevalsgrößen wie „Höhner“ oder „Brings“ seien nicht drin.

Gut besucht war die Sitzung der GroRheiKa im vergangenen Jahr.
Copyright: GroRheiKa
Wie viele Karten verkauft werden, hänge davon ab, ob es Tollitäten zu proklamieren geben. In dieser Session sei das nicht der Fall. Das bedeutet dann automatisch: weniger Gäste. Der Verein habe mit dem Gedanken gespielt, die „Jecke Stadthalle“, die am vergangenen Samstag war, deshalb ausfallen zu lassen. Stattdessen habe man sich entschieden 130 Jahre GroRheiKa und 60 Jahre Prinzengarde zu feiern.
Faßbender erklärt: „Eigentlich sind wir zwei Vereine in einem.“ Zwar handele es sich nicht um ein närrisches Jubiläum, ein Grund zum Feiern sei das aber allemal. „Wir landen bei plus minus null“, ist Faßbender ziemlich sicher: „Oder vielleicht bei einem kleinen Minus.“ In guten Jahre sei sogar ein Plus drin. Mit den Kosten müsse man jonglieren. Auch Astrid Faßbender fürchtet: „Wir rutschen in schwierige Zeiten.“
Meckenheim
Die Rahmenbedingungen für Karnevalssitzungen haben sich verändert, so Friedel Groß, 1. Vorsitzender der Prinzengarde Meckenheim: „Ohne namhafte Bands läuft es nicht mehr.“ Um die Größen des Kölner Karnevals für die Veranstaltungen der Prinzengarde zu gewinnen zu, sei man bereits in der Planung für 2027. Für die Herrensitzung am 4. Januar 2026 in der Jungholzhalle sei das jedenfalls geglückt. Dort treten auf: die „Räuber“ und „Paveier“.
Neben der Herrensitzung veranstaltet die Prinzengarde eine Mädchensitzung – in einer deutlich kleineren Location, die mit 200 Sitzplätzen immer schnell ausverkauft sei. Der Vorverkauf startete am 11. November. Gewinn mache keine der beiden Veranstaltungen. „Wir machen sie trotzdem“, sagt Friedel Groß. „Wir sind zuversichtlich, dass unsere Veranstaltungen weiterhin Anklang finden und setzen auf unsere treuen Gäste.“ Trotzdem: „Schwarze Zahlen schreiben, geht nicht.“
Wir sind zuversichtlich, dass unsere Veranstaltungen weiterhin Anklang finden und setzen auf unsere treuen Gäste.
Friedel Groß bleibt optimistisch: „Wir haben ein Konzept.“ Das, was Karnevalsveranstaltungen an Minus machen würden, kompensiere man mit anderen Veranstaltungen über das Jahr verteilt. Die Kosten für Künstlerinnen und Künstler komplett auf die Eintrittspreise umzulegen, käme genauso wenig in Frage, wie Speisen und Getränke auf der Sitzung zu horrenden Preisen anzubieten.
Das wolle auch das Stadtsoldaten-Corps 1868 Meckenheim nicht, so Stefan Hammerschlag, 2. Vorsitzender und Programmgestalter: „Wir versuchen die Eintrittspreise stabil zu halten.“ Im vergangenen Jahr mussten die Stadtsoldaten den Preis dann um zwei Euro anheben – von 22,50 Euro auch 24,50. Kölner Bands seien in Meckenheim schwierig zu bekommen. Denn in der Zeit, die es dauere, nach Meckenheim rauszufahren, könne eine Band bis zu vier Auftritte in Köln machen – und damit mehr Geld verdienen.

Das Meckenheimer Stadtsoldaten-Corps bei ihrer Sitzungs-Revue Anfang des Jahres.
Copyright: Stadtsoldaten-Corps 1868 Meckenheim
Im Sitzungsprogramm gebe es zwar kein „Zugpferd“ mehr, dafür aber gute Coverbands. „Spaß haben wir noch immer gehabt“, sagt Hammerschlag. Und deshalb kämen die Gäste weiterhin – auch wenn das Plakat keine namhaften Bands ankündige. Anfang Dezember starte der Vorverkauf für die Sitzungs-Revue am 24. Januar 2026. „Gewinn machen wir nicht“, sagt Hammerschlag. Die Stadtsoldaten zahlen als Meckenheimer Verein aber keine Miete in der Jungholzhalle. Trotzdem fallen Nebenkosten sowie Kosten für Reinigung und Hausmeister-Service an.
Was die Sitzungs-Revue an Minus mache, gleiche dann das Kinderkostümfest nur einen Tag später wieder aus. „Der Sitzungskarneval ist nicht mehr so, wie er früher war“, sagt Hammerschlag. Redner seien bei den Gästen nicht mehr so beliebt, stattdessen sei Musik gefragt – ein „Wandel zum Partykarneval“. Er schätzt, das Format Karnevalssitzung werde es noch ungefähr fünf bis zehn Jahre geben. „Wir geben uns alle Mühe, aber wenn es sich nicht mehr rechnet und die Gäste vielleicht kein Interesse mehr zeigen, stellen wir uns irgendwann die Frage: Wofür machen wir das?“
Swisttal
„Die Künstler müssen schließlich auch Leben“, sagt Elsbeth Bauer, Präsidentin der Große Heimerzheimer Karnevalsgesellschaft 1955 (GroHeiKa). An deren Gagen seien die steigenden Kosten am deutlichsten zu beobachten, dicht gefolgt von Raummiete, Nebenkosten sowie Catering und Bierpreisen. „15.000 bis 20.000 Euro kostet allein das Sitzungsprogramm“ der GroHeiKa. Es würden karnevalsbekannte Bands auftreten, aber Geld für Kölner Größen, wie „Kasalla“ oder „Cat Ballou“ sei nicht da. „Wir gestalten das Programm so, dass etwas geboten wird“, sagt Bauer.

Die GroHeiKa bei ihrer Prunksitzung Anfang des Jahres.
Copyright: GroHeiKa
Wenn eine Veranstaltung doch einmal Gewinn mache, dann nur minimal. Viel häufiger gehe eine Sitzung plus minus null aus. „Das ist dann schon gut.“ Gehe es ins Minus, tue der Verein etwas dazu. Die Eintrittspreise wolle die GroHeiKa nicht teurer machen. Schließlich zahle ein Ehepaar schnell 100 Euro für einen Abend. 30 Euro kostet der Eintritt für die Prunksitzung, hinzu kommen noch Getränke und Essen. Vielleicht auch Kosten für Babysitter oder Taxi. „Unsere Besucher gucken aufs Geld“, weiß Bauer.
Für die Prunksitzung am 16. Januar 2026 und die Damensitzung an Weiberfastnacht, 12. Februar 2026, laufe der Vorverkauf bereits – und zwar gut. Um die 450 Gäste kämen zu einer Prunksitzung und zur Damensitzung – in kleiner Location – zirka 230. „Wir hängen daran, Brauchtum weiterzuleben“, sagt Elsbeth Bauer. In Anbetracht der steigenden Kosten blickt sie aber sorgenvoll in die Zukunft. Nicht nur, wenn es um Karnevalssitzungen geht, sondern auch wegen des Rosenmontagszuges. „Straßensperrungen und Wagenengel, die für Sicherheit sorgen – das sind Kosten, die es früher nicht gab.“
