Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Schulneubau MertenEntscheidung erst nach der Kommunalwahl

6 min
Schüler und Eltern der Heinrich-Böll-Gesamtschule und der Martinus-Schule stehen mit Plakaten vor dem Rathaus in Bornheim.

Rund 60 Schüler und Eltern der Heinrich-Böll-Gesamtschule und der Martinus-Schule demonstrierten vor dem Rathaus in Bornheim.

Vor der Kommunalwahl wird es keine Entscheidung in Bornheim geben zum Neubau der Heinrich-Böll-Schule Merten. Dies ist das Ergebnis einer Sondersitzung des Schulausschusses.

Die Enttäuschung war riesengroß bei Eltern, Schülern und den Kollegien der Heinrich-Böll-Gesamtschule (HBG) und der Martinus-Grundschule. Nach gut zweistündiger, teils hitziger Debatte über die Zukunft des Schulstandortes Merten stand fest: Vor der Sommerpause und damit vor den Kommunalwahlen im September wird es keine Entscheidung geben. Darauf verständigten sich am Donnerstagabend in einer Sondersitzung CDU, SPD und ABB und folgten damit mehrheitlich dem Verwaltungsvorschlag.

Da hatten auch die mehr als 60 Demonstranten vor der Ausschusssitzung und die flammenden Appelle von HBG-Schulleiter Klaus Hannak und Grundschuldirektorin Christine Herms während der Sitzung nichts genutzt, sie wurden auf den Herbst vertröstet. Hauptgrund: Es fehlten valide Zahlen, ob und zu welchen Kosten ein Neubau der Gesamtschule - wie ursprünglich 2018 beschlossen - im Baugebiet Me 18 wirtschaftlich zu stemmen sei oder ob es sinnvoller wäre, die Grundschule dort neu zu bauen und die Böll-Schule im Ortskern zu sanieren und zu erweitern. Das soll nun ein externes neutrales Gutachterbüro klären.

Ein kurzfristig eingebrachter Antrags der Fraktionen Grüne, UWG und FDP fand keine Mehrheit. Sie forderten, unverzüglich ein Beratungsbüro hinzuziehen, das den besten Weg zur einem bezahlbaren Neubau der HBG erarbeitet. Ein Neubau der Grundschule ist für die drei Parteien keine Option. Nun müssen sich also ab Herbst der neu konstituierte Rat und der dann neu gewählte Bürgermeister oder die Bürgermeisterin mit dem Thema auseinandersetzen.

„Sie entscheiden - es geht um uns“ steht auf einem Plakat der Schüler.

„Sie entscheiden - es geht um uns“ steht auf einem Plakat der Schüler.

Die Ernüchterung wog umso schwerer, weil die Sondersitzung eigentlich anberaumt worden war, um noch vor den Sommerferien eine Entscheidung zu treffen. So hatte es im Maider Schulausschuss beschlossen. Schulleiter Klaus Hannak: „Wir sind enttäuscht von der Verwaltungsvorlage und sind dagegen, dass keine Entscheidung getroffen wird. Ich plädiere für den Alternativvorschlag der drei Fraktionen, ich bin aber nicht so naiv, zu glauben, dass das heute passiert.“ Zudem mutmaßte Hannak, dass weder Verwaltung noch die Mehrheitsfraktionen das Thema ergebnisoffen diskutierten und statt eines Neubaus der Gesamtschule der Neubau der Grundschule längst priorisiert werde. Auch Christine Herms zeigte sich bedrückt: „Wie teuer sind eigentlich die ganzen Ausgaben für die Prüfaufträge? Ich bin mit der Hoffnung hierhergekommen, dass eine Entscheidung getroffen wird.“

Wir brauchen einen Plan B und dafür auch die Zahlen. Erst wenn wir belegbare Zahlen haben, können wir entscheiden, sonst entscheiden wir ins Blaue hinein.
Christina Flamme

Vorgeschichte Seit 2018 laufen die Planungen für einen Neubau der HBG im Neubaugebiet Me 18 an der Händelstraße. Nachdem sich abgezeichnet hatte, dass wegen der allgemeinen Konjunkturlage die Baukosten von anfangs 35 Millionen Euro auf zuletzt 140 Millionen Euro hochzuschnellen drohten, stoppte der Rat die Planungen, da die Stadt diese Kosten nicht stemmen kann. Dafür müsste die Grundsteuer B exorbitant angehoben werden, was zu erheblichen Belastungen für alle Bornheimer Bürger führen würde. Geplant war ursprünglich, dass die Martinus-Schule, die aus allen Nähten platzt und teilweise marode ist, in das dann frei werdende Gesamtschulgebäude einzieht. Da auch die Europaschule saniert werden muss, sollten dafür in Merten ebenfalls interimsweise Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Zuletzt stand nun die Überlegung im Raum, nicht die Böll-Schule, sondern die Grundschule im Baugebiet Me18 neu zu bauen, was günstiger erschien. Dagegen liefen Schulleitungen, Eltern und Schüler Sturm, weil sie nicht wollen, dass die Martinus-Schule aus dem Ortskern wegzieht an den Standort jenseits der dicht befahrenen Bonn-Brühler-Straße. Da die Verwaltung in der Kürze der Zeit für die Sondersitzung nun keine validen Zahlen vorlegen konnte, schlug sie vor, die endgültige Entscheidung erst dann zu treffen, wenn die ermittelt sind. Ein externes Büro soll nun beide Varianten prüfe: Die Ursprungsoption und damit die Entscheidung von 2018, die Gesamtschule neu zu bauen und die Grundschule im Ort zu belassen, oder einen Grundschulneubau im Baugebiet Me 18 mit Verbleib der Böll-Schule im Ortskern.

Becker:„Große Verantwortung“

Bürgermeister Christoph Becker (parteilos) verteidigte den Verwaltungsvorschlag: „Wir übernehmen hier eine große Verantwortung, aber Verantwortung hat viele Gesichter. Wir müssen die Gesamtstadt im Blick behalten. Das ist meine Verantwortung, deswegen müssen valide Zahlen auf den Tisch, sonst stehen wir wieder da, wo wir Anfang des Jahres standen.“ Er räumte auch ein, dass es ohne die Anhebung der Grundsteuer nicht gehen werde, dies gelte nicht nur wegen des Schulstandortes Merten. Sichtlich emotional versuchte Christina Flamme mehrfach, die Position der CDU gegenüber den Schulen zu verteidigen und sich zu rechtfertigen: „Wir brauchen einen Plan B und dafür auch die Zahlen. Erst wenn wir belegbare Zahlen haben, können wir entscheiden, sonst entscheiden wir ins Blaue hinein.“ Sie versicherte aber auch, dass der Beschluss von 2018, die HBG im Baugebiet Me18 zu bauen, weiterhin für ihre Fraktion Bestand habe.

Das unterstrichen auch die Kollegen der SPD und der ABB. Sozialdemokratin Anna Peters: „Der Neubau der HBG ist unsere Wunschlösung. Der eigentliche Skandal liegt darin, dass die Kommunen beim Neubau von Schulen vom Land im Stich gelassen werden.“ Parteikollege Rainer Züge warnte gar vor einem möglichen „Grundsteuerfiasko“. Björn Reile (ABB) forderte einen „Neubau auf jeden Fall, aber mit Maß.“ Dagegen meinte Bernd Rothe (Grüne). „Jeder Monat, den wir verlieren, ist schlecht. Wir brauchen nur die Zahlen für einen Neubau der Gesamtschule mit einer neuen Methode.“ Josef Müller (UWG) kritisierte, den Neubau der Gesamtschule immer mit einer drohenden Grundsteuererhöhung in Verbindung zu bringen: „Ob mit oder ohne Schule, wir werden sowieso nicht darum herumkommen.“ Für die FDP sei ebenfalls jede weitere Verzögerung inakzeptabel: „Die beiden Schulen in Merten brauchen nun Klarheit und einen verbindlichen Zeitplan.“

Ein Antrag der SPD, einen Alternativstandort im Ortskern für einen Neubau der Grundschule zu suchen, fand auch keine Mehrheit im Ausschuss, zumal es laut Sozialdezernentin Alice von Bülow keine geeigneten Grundstücke gebe. Begleitet von einem lautstarken Trillerpfeifenkonzert hatten Vertreter der beiden Schulen vor der Sitzung ihren Protest noch einmal unüberhörbar zum Ausdruck gebracht. Sabine Telzer von der Elternvertretung der Martinus-Schule erklärte gegenüber der Rundschau, dass die Grundschule im Ort bleiben müsse, sie sei dort integriert und fußläufig für viele Kinder erreichbar: „Wir befürchten starke Einschränkungen in vielen Aktionen, da die Zeitstrecke für viele dieser Aktionen bei einem Standort an den Bahnschienen nicht mehr möglich ist. Außerdem sehen wir eine Gefahr für die Kinder, da die Bonn-Brühler-Straße gerade in den Morgenstunden eine stark befahrene Straße ist und auch Verkehrsinseln als Übergang uns nicht ausreichend erscheinen.“

Wir werden wiederkommen und lassen nicht locker und wir werden noch lauter.
Zeina Abou Sleiman

Natascha Kraus von der Schulpflegschaft der HBG war noch ein weiterer Aspekt wichtig. Sie habe sich im Ort bei den Anwohnern umgehört. Niemand wolle, dass die HBG im Dorf bleibe, weil der Ortskern durch die wachsenden Schülerzahlen weiter belastet werde. Dies gebe die enge Infrastruktur im Ortsteil Merten nicht her. Auch ein Protestsong und ein Gedicht wurden von den Schülern geschrieben und aufgeführt, um dem Ansinnen Nachdruck zu verleihen. Den von der Schulpflegschaftsvorsitzenden der HBG, Zeina Abou Sleiman, geforderten „Mut zur Entscheidung“ hatte es am Donnerstag nicht gegeben. Daher wird es wohl am Ende so geschehen,wie sie es vorhersagte: „Wir werden wiederkommen und lassen nicht locker und wir werden noch lauter.“ Dies war nicht die erste Demonstration der Schulpflegschaft. Bereits im April hatten sich Eltern und Schüler in Merten gegen den Neubau-Stopp der Heinrich-Böll-Gesamtschule, den der Stadtrat beschlossen hatte, gewehrt.