1989 war Thomas Bell jüngster Kreistagsabgeordneter in NRW. Während seiner politischen Laufbahn hat er drei Parteibücher besessen.
AbschiedMit 59 Jahren verlässt Thomas Bell Kreistag und Stadtrat Bad Münstereifel

Thomas Bell geht mit 59 Jahren in den politischen Vorruhestand. Bei der Kommunalwahl hat er für das BSW nicht mehr die erforderlichen Stimmen für den Stadtrat in Bad Münstereifel erhalten.
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Die politische Karriere von Thomas Bell hat viele Facetten. Für drei Parteien trat er an. Er saß im Kreistag und im Rat der Stadt Bad Münstereifel. Er war Bürgermeister- und Landtagskandidat. Und vom Alter her gehört er eigentlich noch nicht in diese Serie.
Mit erst 59 Jahren wäre eine erneute Kandidatur für Kreistag oder Stadtrat ja durchaus möglich. Doch Bell winkt ab: „Ich habe mich mit dem kommunalpolitischen Vorruhestand arrangiert“, sagt er. Er wolle kein alter Recke sein, der an seinem Stuhl klebe, wie er es in seiner ersten Kreistagsperiode ab 1989 erlebt habe. Eine Einschränkung gibt es allerdings: Sollten Parteien auf ihn zukommen, könnte er sich noch einmal eine Kandidatur als Bürgermeister vorstellen.
Angefangen hatte alles bei den Sozialdemokraten. „Ich bin in einem SPD-Haushalt groß geworden“, sagt er. Mit 16 sei er in die Partei eingetreten, der er dann 26 Jahre angehörte. „Meine Schwester hat mich schon als Zwölfjährigen zu den Jusos mitgenommen“, erinnert er sich.
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Die ersten Jahre bei den Linken seien nicht so schön gewesen
Als Juso sei er, wie Bell es ausdrückt, „schon damals auf der linken Spur unterwegs“ gewesen. Bereits als 18-Jähriger sei er – damals noch unter dem Nachnamen Grundler –für die SPD in der Euskirchener Südstadt angetreten. Fünf Jahre später zog er dann in den Kreistag ein – und war dort nach eigenen Angaben der jüngste Kreistagsabgeordnete Nordrhein-Westfalens. Nach seinem Umzug nach Bad Münstereifel wurde er 2001 Ortsvereinsvorsitzender der Genossen. Nach Querelen um den Wahlbezirk für die Kommunalwahl 2004 trat er zurück.
Den Genossen kehrte er fünf Jahre später komplett den Rücken und trat in Die Linke ein. „Die ersten Jahre als Linker waren nicht schön“, erinnert er sich. Im Kreistag sei man mit ihm und seinem Fraktionskollegen Franz-Josef Mörsch nicht immer gut umgegangen, vor allen Dingen vonseiten der CDU und Bells Ex-Partei SPD. Positiv sei ihm allerdings der damalige FDP-Fraktionschef Hans Reiff in Erinnerung geblieben. „Ich teile Ihre politische Meinung nicht, aber ich würde meinen rechten Arm dafür hergeben, damit Sie Ihre Meinung kundtun dürfen“, habe Reiff bei der Einführung der Fraktionsvorsitzenden 2009 gesagt.
Ich hatte immer den Anspruch, zu allem etwas sagen und meine Position vermitteln zu können.
2014 wiederholte sich die Ablehnung der CDU ihm gegenüber auch in Bad Münstereifel, wo er erstmals in den Stadtrat gewählt wurde (und parallel noch Kreistagsmitglied war). Als Einzelkämpfer war er fraktionslos und musste dafür kämpfen, an interfraktionellen Sitzungen teilnehmen zu dürfen. Das gipfelte in einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den damaligen CDU-Bürgermeister Alexander Büttner. Doch das ist für Bell Schnee von gestern. „Ich habe heute zur CDU ein sehr gutes Verhältnis“, sagt er. Die zweite Wahlperiode in Bad Münstereifel, in der er auch kein Doppelmandat mehr hatte, habe ihm unter anderem auch deshalb Spaß gemacht.
Allerdings begann er in dieser zweiten Legislaturperiode mit seiner Partei und deren Ansichten zu fremdeln. „Als Linker durfte ich nicht sagen, dass ich für die Schließung des Eifelbades bin“, sagt er. Da er in immer mehr Positionen nicht mehr mit der Politik der Linken übereinstimmte, trat er Anfang 2024 aus, mit dem Ziel, sich dem BSW anzuschießen. Bis zum Eintritt in das Bündnis saß er ein Jahr lang als Parteiloser im Stadtrat. Parteizwänge verspürte er keine mehr. Als mittlerweile erfahrener Volksvertreter war ihm ohnehin klar: „Die große Politik wird weder in Kreis noch Stadt gemacht. Wir können nicht die Weltrevolution durchführen.“ Stattdessen gelte es, pragmatische Entscheidungen zu treffen.
Die Sitzungsunterlagen hat Bell immer komplett gelesen
Thomas Bell war immer sehr gut vorbereitet. Das lag auch daran, dass er als Einzelkämpfer alles allein machen musste. Aber nicht nur daran: „Ich hatte immer den Anspruch, zu allem etwas sagen und meine Position vermitteln zu können.“ Er gibt aber zu: „Ich habe meistens die Unterlagen erst einen Tag vor einer Sitzung gelesen, dann aber komplett. Man lernt unglaublich viele Sachverhalte kennen.“ Überhaupt hat ihn der Blick hinter die Kulissen fasziniert. „In meiner Anfangsphase im Kreistag habe ich ganz viel über Mülldeponien gelernt“, erzählt er lachend.
Was würde er seinem 36 Jahre jüngeren Ich, das gerade in den Kreistag eingezogen ist, raten? „Wenn er es sich einfach machen will, sollte er in die CDU eintreten“, scherzt er. Heute wisse er, dass das Klüngeln wichtig sei, die Vorberatung. Nur so könne man etwas erreichen. „Man muss ab und zu vorher Gespräche führen.“ Da sei er am Anfang zu naiv gewesen. Wichtig ist ihm auch, Argumente von allen Parteien anzunehmen. „Ich hatte immer eine klare Meinung, aber man muss vernünftig miteinander umgehen.“
Er wünscht sich, dass die Bürger bei Dingen, die sie betreffen, mehr beteiligt werden. „Man sollte auf ihre Wünsche eingehen, mit ihnen darüber diskutieren und sie ernst nehmen“, findet er. Und wo hat er lieber Politik gemacht, im Kreis oder in der Stadt? „Der Stadtrat ist direkter, beim Kreis muss man versuchen, die Interessen aller Kommunen abzudecken“, sagt Bell und urteilt: „Der Kreis ist leider etwas zu größenwahnsinnig geworden.“
Die Serie „Abschied aus der Politik“
Sie haben teils Jahrzehnte die Geschicke des Kreises Euskirchen und die ihrer jeweiligen Stadt und Gemeinde mitbestimmt. Eine Reihe von lang gedienten Volksvertretern und Bürgermeistern zieht sich nun aus der Lokalpolitik zurück. In Gesprächen mit der Redaktion ziehen sie Bilanz und plaudern auch ein bisschen aus dem „Maschinenraum“ der Politik.

