Bahnverkehr nach der FlutEifelstrecke hinter Euskirchen noch Monate nicht befahrbar

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Schäden an der Eifelstrecke (Archivbild)

Schäden an der Eifelstrecke (Archivbild)

Kreis Euskirchen – Seinen Humor hat Jens Schäfer von der Deutschen Bahn AG trotz der großen Schäden an den Bahnstrecken durch die Flut nicht verloren. „Wo die Kabelstränge nicht zerstört wurden, sind sie anschließend geklaut worden“, sagte Schäfer am Donnerstagabend in einer gemeinsamen Sitzung des Mechernicher Planungs- und des Kaller Entwicklungsausschusses in der Aula des Gymnasiums am Turmhof. Dort informierte er mit Dr. Norbert Reinkober, dem Geschäftsführer der Nahverkehr Rheinland GmbH und der Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH, über die aktuelle Situation auf der Eifelstrecke und die geplanten Maßnahmen.

Der Mechernicher Ausschussvorsitzende Michael Averbeck meinte zu Beginn: „Es sind jetzt schon mehr als 100 Tage nach der schrecklichen Katastrophe, die auch die Bahnstrecken massiv betroffen hat.“ Die Eifelstrecke sei als Anbindung nach Köln und Bonn vor allem für die Pendler sehr wichtig. Schäfer verwies auf die großen Schäden an den Bahnstrecken in ganz NRW, die dazu führten, dass Maschinen und Material überall im Land knapp seien.

Auch Erfttal- und Voreifelbahn stark betroffen

Im Kreis Euskirchen seien neben der Eifelstrecke auch die Erfttal- und die Voreifelbahn stark betroffen. Den Zugverkehr zwischen Hürth-Kalscheuren und Euskirchen habe man schnell wieder aufnehmen können, weil es in dem Bereich nur kleine Schäden an Böschungen oder Hängen gegeben habe. Anders sehe es in dem Abschnitt zwischen Euskirchen, Mechernich, Kall und Nettersheim aus: „Da sind neben den Schäden am Gleisbett auch Brücken, Stellwerke und Bahnübergänge zerstört worden.“ Die gesamte Strecke sei mittlerweile von einem Hubschrauber überflogen worden. „Mit Hilfe eines Georadars haben wir zudem nach Hohlräumen im Kiesbett gesucht.“

Oleftalbahn

„Was wird aus der Oleftalbahn?“, fragte Bert Spilles von der Kaller CDU. Die Meinungen zu der Strecke seien sehr konträr. „Uns geht es jetzt erst einmal darum, die Hauptstrecken in Betrieb zu nehmen“, antwortete Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer der Nahverkehr Rheinland GmbH und der Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH. Alle anderen Projekte würden zurückgestellt. Man habe aber schon viel Arbeit in die Oleftalbahn investiert und werde sie nicht vergessen. (wki)

Der Teil zwischen Euskirchen und Mechernich soll laut Schäfer voraussichtlich Ende April wieder befahrbar sein, der zwischen Mechernich und Kall Ende Juni. Zwischen Euskirchen und Kall gebe es in mehreren Abschnitten größere Schäden. „Am Bahnhof in Satzvey ist der Bahnsteig zerstört.“ Auf einer Länge von rund vier Kilometern seien die Gleise unterspült worden. Dort müsse der Oberbau erneuert werden. „Der Kabelklau am Kaller Bahnhof ist ein zusätzliches Problem“, sagte Schäfer. „Erstes Ziel ist es, die Befahrbarkeit der Strecke wiederherzustellen, zur Not auch nur provisorisch“, betonte der Vertreter der DB AG. Erst danach könnten die geplanten neuen Stellwerke in Satzvey und Urft realisiert werden.

Bauleistungen für Sanierung der Eifelstrecke ausgeschrieben

Die Bauleistungen für die Sanierung seien am Dienstag ausgeschrieben worden. „Es gibt ein beschränktes Vergabeverfahren mit verkürzten Fristen. Das ehrgeizige Ziel ist, dass am 25. November die Bauarbeiten in Satzvey beginnen.“ Hans Schmitz (SPD) aus Kommern fragte nach, warum in Satzvey nicht gleich ein neuer Haltepunkt gebaut werde: „Die Mittel stehen ja bereit.“ Das sei sinnvoller, als noch Geld in ein Provisorium zu investieren. Die Bahn werde sicherlich keine „Unsummen investieren“, entgegnete Schäfer.

Bei dem neuen Haltepunkt sei man aber noch in der Planungsphase. Ferner wollte Schmitz wissen, warum die Züge zwischen Euskirchen und Mechernich erst wieder Ende April fahren sollen. Zuerst sei doch von Dezember die Rede gewesen. „Da war das Schadensbild noch nicht gänzlich bekannt. Die Schäden sind doch sehr beträchtlich“, antwortete Schäfer. „Die Bahn AG wollte zuerst keine Daten nennen. Wir haben sie darum gebeten, damit die Kunden wenigstens eine grobe Orientierung haben“, gab Reinkober der Bahn Rückendeckung. Es sei aber klar gewesen, dass Abweichungen von mehreren Monaten möglich seien.

Die schlimmsten Schäden von Kall nach Nettersheim und bis nach Trier

Die schlimmsten Schäden, so Schäfer, gebe es im Streckenabschnitt von Kall nach Nettersheim und weiter bis nach Trier: „Der wird uns noch länger beschäftigen.“ Dort müssten Oberbau, Bahndämme, Versickerungsmulden, Durchlässe und Stützwände wiederhergestellt oder erneuert werden. Gleiches gelte für Bahnübergänge und Verkabelungen. Vor Urft müsse ferner eine neue Brücke gebaut werden.

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„Das dauert mindestens ein bis zwei Jahre. Derzeit laufen die Abstimmungen mit der Bezirksregierung Köln.“ Wegen der langen Verfahrensdauer soll erst einmal eine Hilfsbrücke errichtet werden, über die der Verkehr laufen wird. Die Strecke von Kall bis zur Landesgrenze nach Rheinland-Pfalz könne voraussichtlich erst Ende 2023 in Betrieb genommen werden. Die Ausschreibung für die Arbeiten soll im November vorliegen.

Reinkober erinnerte daran, dass auch der Fuhrpark der Bahn betroffen ist: „Neun Wagen sind zerstört, und wir rechnen nicht damit, dass sie bald wider einsetzbar sind.“ Man werde versuchen, andere Züge auf der Strecke einzusetzen, „aber die müssen ja auch von irgendwo herkommen“. Auch deshalb werde das Angebot nach der Wiederinbetriebnahme „auf jeden Fall eingeschränkt sein“.

Kritik an Aufräumarbeiten in Urft und Sötenich

Der Kaller Ausschussvorsitzende Bert Spilles kritisierte: „An den Bahnübergängen in Urft und in Sötenich sieht es so aus, als wäre die Flut erst gestern gewesen. Da wurde bis heute nicht aufgeräumt.“ Bürgermeister Hermann-Josef Esser sagte, er habe dies bei der Bahn AG angesprochen: „Da scheint jetzt etwas zu passieren.“ Für die Sanierung der Strecke habe man jetzt zumindest einen Zeitplan.

Im Rahmen der geplanten Elektrifizierung der Eifelstrecke soll in Kürze der Tunnel zwischen Scheven und Kall genauer untersucht werden, wie Spilles auf Anfrage erfuhr. „Der Gleisabstand ist 50 Zentimeter zu schmal. Wir müssen sehen, was da möglich ist“, so Schäfer. Auch die Standfestigkeit des Tunnels werde untersucht. Reinkober hob hervor, dass beim Wiederaufbau Vorarbeiten für die geplante Elektrifizierung der Strecke soweit wie möglich berücksichtigt würden. Einen Zeitrahmen für das Projekt wollte er nicht nennen: „Es wird aber schneller gehen als geplant.“

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