In der Alten Tuchfabrik in Euskirchen gab sich der Ministerpräsident offen und nah. Kreis-CDU hatte auch Talk mit Ehrenamtlern organisiert.
TalkrundeMinisterpräsident Wüst vergleicht in Euskirchen Unkrautzupfen mit Bürokratieabbau

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bei der Talkrunde in der Alten Tuchfabrik. Dorthin hatte in die Kreis-CDU eingeladen.
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Bei einem Termin in der Region beließ es NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst nicht. Nachdem er am Nachmittag in Schwammenauel war, stand er am Abend in der Alten Tuchfabrik bei einer CDU-Veranstaltung Rede und Antwort.
Eingeladen waren neben den Mitgliedern der CDU auch Vereinsvertreter aus dem ganzen Kreis. Der Schwerpunkt in der von CDU-Kreis-Chef Ingo Pfennings moderierten Talkrunde galt dem Ehrenamt. In einer Interviewrunde wurden Vertreter aus THW, DRK, Euskirchener Prinzengarde und des Taekwondo Club Schleiden über ihr Engagement und ihre Anliegen an die Politik befragt. Mehr Geld, weniger Bürokratie und leichterer Zugang zu Förderprogrammen für alle Vereine – das waren die Wünsche.
Wüst präsentierte sich witzig, schlagfertig und doch präzise
Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen aber zwei Fragerunden mit dem Ministerpräsidenten. Die Moderatorin Pia Pietsch entlockte ihm zunächst biografische Eigenheiten. Der 50-Jährige erzählte über seine beiden Wohnstätten in Düsseldorf und dem Münsterland und wie sich dabei sein Familienleben gestaltet.
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Witzig, schlagfertig und doch immer präzise gab er Auskunft über seinen Werdegang. Seinen Kindheitstraum, Papst zu werden, gab er auf den Rat seiner Eltern hin auf. Die Aussicht auf Verzicht auf Frau und Familie führte zur Verlegung des Berufsziels hin zu Jura: „Grund dafür war mein renitentes Gerechtigkeitsempfinden als Kind“, sagte Wüst. Vor der zweiten Gesprächsrunde mit Fragen aus dem Plenum zog Wüst von Tisch zu Tisch und stand den Besuchern Rede und Antwort. Ein Ministerpräsident zum Anfassen.
Ministerpräsident vergleicht Unkrautzupfen mit Bürokratieabbau
Auf die Frage hin, warum in NRW der Mut zu einem Handyverbot an Schulen fehlt, antwortete er mit einer Beobachtung. In einer Schule habe er erlebt, wie ein einberufenes Schülerparlament die Handyfrage selbst und praktisch gelöst habe. Wüst: „Wenn sich ein Lehrer vor die Schüler stellt und sagt, Handys sind jetzt verboten, weil das Land das so beschlossen hat, führt das nicht zur gleichen Akzeptanz, als wenn Schüler sich selber eine Regel zum Thema erarbeitet haben.“
Wüst nimmt Berlin in Schutz. Die aktuelle Bundesregierung nahm er in Schutz vor der Frage, warum pragmatisches Handeln im Land besser gelinge als im Bund: „Die Regierung ist erst wenige Wochen im Amt. Sie hat schon große Schritte in die richtige Richtung gemacht, zum Beispiel im Hinblick auf die Wirtschaft“, so der Christdemokrat.
Er führte weiter aus: „Berlin ist ein anderes Ding. Da kommen auf einen Politiker 20 Lobbyisten und 30 Journalisten. Man darf das nicht eins zu eins vergleichen. Im Land haben wir auch Konflikte zwischen den Koalitionspartnern. Das ist auch bei uns nicht immer einfach. Aber wir verhandeln das nicht öffentlich. Wir schauen, dass auch die kleinere Partei nicht untergeht.“
Mit Blick auf eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD verwies Wüst darauf, dass er Christdemokrat sei: „Die Betonung liegt auf Christ. Wir haben da ein anderes Wertesystem. Aber ich beschimpfe die Wähler dieser Partei nicht. Wir fragen uns, was wir tun müssen, damit auch diese Wähler uns vertrauen?“ Wüst betonte die Absicht, Schwimmbäder bei der Sanierung mehr zu unterstützen. „Mir ertrinken einfach zu viele Kinder in Deutschland“, sagte er. Bürokratieabbau verglich er in der Alten Tuchfabrik mit Unkrautzupfen: „Wenn du nach Tagen endlich fertig bist, kannst du vorne wieder anfangen.“