Problem für Schwarz-GrünDie Entscheidung zum Düsseldorfer Flughafen steht an

Lesezeit 4 Minuten
Der Flughafen Düsseldorf möchte in Zukunft mehr Flüge pro Stunde abwickeln können.

Der Flughafen Düsseldorf möchte in Zukunft mehr Flüge pro Stunde abwickeln können.

Düsseldorf – Die Umweltorganisation BUND hat die künftige schwarz-grüne Landesregierung vor einer Genehmigung der geplanten Kapazitätserweiterung des Düsseldorfer Flughafens gewarnt. „Eine Steigerung der Flugbewegungen ist unvereinbar mit dem Ziel des Landes, Klimaneutralität und die gerade im Verkehrssektor notwendige Reduktion von Kohlenstoffemissionen zu erzielen“, sagte der BUND-Vorsitzende Holger Sticht unserer Redaktion. Politische Aufgabe sei es vielmehr, Flugbewegungen auf die Schiene zu verlagern und entsprechend in ein attraktives Schienennetz zu investieren. „Genau daran wird auch die neue Landesregierung zu messen sein“, so Sticht weiter.

Mehr als 40 000 Einwendungen

Der Flughafen Düsseldorf hatte bereits 2015 beim Land beantragt, künftig an 56 seiner 112 wöchentlichen Betriebsstunden bis zu 60 Flüge pro Stunde abwickeln zu dürfen. Bisher sind maximal 47 Flüge erlaubt. Gegen diese Ausweitung des Start- und Landebetriebs in Stoßzeiten laufen Anwohner und Umlandgemeinden seit Jahren Sturm. Es gab im Laufe des Planfeststellungsverfahrens mehr als 40 000 Einwendungen gegen die Wachstumspläne.

Das Flughafen-Management hält dagegen die Kapazitätserweiterung für zwingend notwendig, da andernfalls das erwartete Passagierwachstum in Düsseldorf nicht mehr bedient werden könne. Die Debatte war während der Corona-Flugflaute etwa eingeschlafen, doch perspektivisch wird eine hohe Nachfrage nach „Slots“ in Stoßzeiten erwartet. Unterstützung erfährt der Airport seit Jahren durch die NRW-Wirtschaft, die vor dem Abwürgen eines Job-Motors warnte. Fluglärm-Gegner bestreiten dagegen das Standortargument und vermuten, der Flughafen wolle bloß attraktiver für touristische Billigflieger werden.

Komplizierte Genehmigung

Die bisherigen Landesregierungen von Rot-Grün und Schwarz-Gelb konnten sich lange hinter einem komplizierten Genehmigungsverfahren verstecken. Auch der heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) machte als Verkehrsminister immer wieder deutlich, dass er über den Antrag des Flughafens nicht vorschnell entscheiden werde. Es gehe um eine rechtssichere Entscheidung, die voraussichtlich beklagt werde: „Wir werden damit am Ende vor Gericht landen, und ich habe keine Lust, dass uns das um die Ohren fliegt“, sagte Wüst damals. Die Expansion des Flughafens Düsseldorf ist rechtlich besonders kompliziert, da ein 1965 geschlossener Vergleich mit den Umlandgemeinden („Angerland-Vergleich“) die Nutzung der zweiten Start- und Landebahn einschränkt.

Die Flughafenslots

Nach aktueller Regelung sind in Düsseldorf pro Jahr 256 000 Slots – also Zeitfenster, in denen der Start oder die Landung eines Flugzeugs stattfinden kann – möglich. Genutzt wurden vor Corona aber nur 217 000. Nach der Kapazitätserweiterung wären es theoretisch 318 000, doch genutzt werden sollen perspektivisch nur 246 000 Flugbewegungen. Der Flughafen will mehr Flexibilität auf zwei Bahnen in Spitzenzeiten.

Nun verdichten sich jedoch die Anzeichen, dass der Antrag des Flughafens längst entscheidungsreif ist und seit Monaten der Genehmigung harrt. „Mir ist jetzt zu Ohren gekommen, dass die Basis für eine Entscheidung bereits seit Dezember im Verkehrsministerium vorliegt und ich frage mich, warum nicht endlich nach Recht und Gesetz entschieden wird“, sagte FDP-Verkehrsexperte Christof Rasche unserer Redaktion. Wie in Düsseldorf zu hören ist, wollte Wüst das Thema angeblich mit Rücksicht auf CDU-Wahlkreisabgeordnete im Flughafen-Umland aus dem Landtagswahlkampf heraushalten und absehbare Koalitionsgespräche mit den Grünen nicht belasten. Eine Bestätigung dafür gibt es gleichwohl nicht. Der Flughafen bestätigte, dass das Verfahren eigentlich längst abgeschlossen sein müsste: „Mit unseren eingereichten Unterlagen und den Inhalten des gesamten Anhörungsverfahrens liegen dem Verkehrsministerium sämtliche Materialien vor, die für eine umfassende Abwägung aller berührten privaten und öffentlichen Belange notwendig sind. Verfahrensrelevante Rückfragen haben wir seitens des Ministeriums seit Januar 2022 nicht mehr erhalten“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU), die im Oktober 2021 Wüsts Nachfolge antrat, wollte nichts sagen: „Das Verkehrsministerium äußert sich nicht zu laufenden Planfeststellungsverfahren“, erklärte ein Sprecher.

Das könnte Sie auch interessieren:

In den Sondierungsgesprächen zwischen CDU und Grünen spielte die Kapazitätserweiterung angeblich keine Rolle, weil es sich um ein rein rechtlich zu bewertendes Planfeststellungsverfahren handele. Sollte das Verkehrsministerium jedoch ohne weitere „Verzögerungsprüfung“ Ja sagen zu mehr Starts und Landungen, ist bei den Grünen Ärger programmiert. Noch im vergangenen Jahr hatte sich der frühere NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) klar positioniert: „Die Kapazitätserweiterung ist abzulehnen“. Zum Ärger der Anwohner gehe der Airport beim Betrieb immer wieder an die Grenzen des Erlaubten und darüber hinaus und nehme Strafen für das Überschreiten der Flugbeschränkungen in Kauf.

Das Flughafen-Management hofft dagegen, dass von Schwarz-Grün „die Bedeutung des Luftverkehrs für den Standort NRW und die umfassenden Bemühungen der gesamten Branche, aktiv zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz beizutragen, gewürdigt werden“.

Rundschau abonnieren