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Kölner MuseenKölner Schokoladenmuseum lockt mit erneuerter Schau

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NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst lässt sich von der Chefin des Schokoladenmuseums, Annette Imhoff, die neue Schau zeigen.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst lässt sich von der Chefin des Schokoladenmuseums, Annette Imhoff, die neue Schau zeigen.

Die Ausstellung im Rheinauhafen ist rundum erneuert worden.  Hendrik Wüst und OB Henriette Reker sprachen zur Eröffnung der neuen Dauerausstellung.

Im vergangenen Jahr hat das Schokoladenmuseum mit mehr als 700.000 Besuchenden einen neuen Rekord aufgestellt und damit seine Spitzenposition bei den Kölner Museen verteidigt. Seit 2018 wurde das Haus im laufenden Betrieb für zehn Millionen Euro komplett modernisiert. So kamen 2022 die gläserne Schokofabrik und 2023 die Dauerausstellung „Weltreise des Kakaos“ hinzu. Im Vorjahr ging im Dachgeschoss die immersive Schau „Schokolade ist ein Gefühl“ an den Start. Mit der feierlichen Eröffnung der „Zeitreise des Kakaos“ ist die Runderneuerung des vom Schokoladenfabrikanten Hans Imhoff 1993 gegründeten Museums nun abgeschlossen.

Die Verpackung wird als Werbefläche entdeckt und mithilfe von, teils sehr fantasievollen Automaten verkauft, die auch in der Schau zu bewundern sind.

Die neue Dauerausstellung auf der ersten Etage beginnt im tropischen Dickicht des Amazonasbeckens, wo bei Santa Ana-La Florida bei Ausgrabungen Scherben mit den Spuren von Kakao entdeckt worden sind. Genutzt wurde dieser von den Menschen damals als Nahrung, Medizin sowie für spirituelle Rituale. Bei den Hochkulturen in Mittelamerika wie bei den Maya und den Azteken war der Kakao weit mehr als nur ein Genussmittel, er war ein zeremonieller Trank, Währung und rituelle Gabe. Davon zeugen 60 indigene Exponate wie zum Beispiel Trinkgefäße in der Form einer Schildkröte oder mit einem Affen, einer Tierart, die die Kakaofrucht liebte und ihre Samen so verbreitete. Nach Europa gelangte der Kakao als Getränk zusammen mit Gemüse wie Tomaten oder Kartoffeln nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Damit begann auch der bittere Teil der Geschichte der süßen Schokolade, der bei der neuen Schau ganz bewusst zum Thema gemacht wird. Die Natur wurde in den Ursprungsländern des Kakaos genauso ausgebeutet, wie die Menschen, die versklavt und zur Zwangsarbeit gebracht wurden.

Hendrik Wüst und OB Henriette Reker sprachen zur Eröffnung.

Das lag auch daran, dass sich mit Kakao in Europa viel Geld zu verdienen ließ. Das mit Zimt, Zucker und Vanille gewürzte Getränk wurde zum Luxusgut in den adligen Salons und bei der bürgerlichen Elite. Davon zeugen silberne Kannen und edles Porzellan. Dazu zählt auch Kurioses wie die „Zittertasse“. Bei ihr sorgte ein kleiner „Zaun“ auf der Untertasse dafür, dass die süße Flüssigkeit beim Frühstück im Bett nicht verschüttet werden konnte. Zu den Besonderheiten gehört bei den Kannen auch das Loch im Deckel, in dem ein Quirl steckte, der das Fett des Kakaos mit dem Getränk vermengte. Massentauglich wurde das Kakaogetränk und die Schokolade durch die Industrialisierung. In großen Fabriken wie bei Stollwerck in Köln oder dem Schweizer Unternehmen Lindt werden die süßen Produkte nun in großen Mengen mit Maschinen verarbeitet.

Teils exotische Exponate sind auf der ersten Etage zu sehen.

Die Verpackung wird als Werbefläche entdeckt und mithilfe von, teils sehr fantasievollen Automaten verkauft, die auch in der Schau zu bewundern sind. Die negativen Seiten der Kakaoproduktion in den Ursprungsländern, verschwindet in Europa hinter exotischen Werbekampagne, wie dem berühmten „Sarotti-Mohr“, der mit stereotypen Merkmalen und in dienstbarer Haltung offen rassistisch dargestellt wird. Die Geschichte von solchen Sklaven wird auch mit dem Blick auf das Leben von Angelo Soliman erzählt, der aus Westafrika verschleppt und verkauft wird. Nach seinem Tod landet der Kammerdiener als ausgestopftes menschliches Exponat im Museum. „Im Schokoladenmuseum können die Besucher in eine Welle des Genusses eintauchen. Das ist aber keine Realitätsflucht, sondern eine Ausstellung, welche die Geschichte, die Kultur und die globalen Zusammenhänge des Kakaos präsentiert und auch hinterfragt. Das Museum ist ein Juwel am Rhein und ein Besuchermagnet. Mit der jetzt eröffneten Dauerausstellung beginnt nun ein neues Kapitel der Erfolgsgeschichte“, freut sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Es ist ein Haus, das neue, junge Generationen für Museen interessiert und das mit einer Erlebnis- und Bildungswelt, die man auch riechen und auch schmecken kann.
Hendrik Wüst, NRW-Ministerpräsident

„Mit seinem Museum war Hans Imhoff seiner Zeit voraus. Er hat hier echte Pionierleistung erbracht. Es ist ein Haus, das neue, junge Generationen für Museen interessiert und das mit einer Erlebnis- und Bildungswelt, die man auch riechen und auch schmecken kann. Dabei werden kritische Themen wie die Arbeitsbedingungen bei der Kakaoproduktion nicht ausspart“, erklärt Ministerpräsident Hendrik Wüst. Zur Eröffnung der neuen Schau hatte sich mit Diego Morejón-Pazmiño auch der Botschafter Ecuadors angesagt. Begrüßen konnte Museumschefin Annette Imhoff außerdem Lambertz-Chef Hermann Bühlbecker als Honorarkonsul des wichtigsten Kakaoanbaulands, der Elfenbeinküste, sowie IHK-Präsidentin Nicole Grünewald, Kanzlerenkel Konrad Adenauer, die Alt-OBs Fritz Schramma und Jürgen Roters, Parfümeur Johann Maria Farina, Opernintendant Hein Mulders und die Museums-Direktoren Marcus Dekiert (Wallraf), Matthias Hamann (Stadtmuseum) und Moritz Woelk (Museum Schnütgen).