BraunkohletagebauBUND hält weitere Enteignungen für grundgesetzwidrig

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Braunkohle Symbol dpa

Symbolbild

  • Die Umweltschutzorganisation BUND hält das weitere Enteignen und Abbaggern von Dörfern im Braunkohletagebau für grundgesetzwidrig.
  • Weil mehrere Braunkohlekraftwerke abgeschaltet werden, wird weniger Braunkohle benötigt als geplant.
  • Der BUND fordert Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf zu handeln.

Erkelenz – Zwangsenteignungen für den Braunkohle-Tagebau sind angesichts der verschärften internationalen Klimaschutzvorgaben im Rheinischen Revier überhaupt nicht mehr zulässig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten, das der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bei der Frankfurter Kanzlei Philipp-Gerlach und Teßmer in Auftrag gegeben hat.

Die Kanzlei hatte im Jahr 2013 bereits erfolgreich die Verfassungsbeschwerde des BUND gegen die Enteignung seiner Streuobstwiese im Tagebau Garzweiler vertreten. Damals hatten die Richter einer Klage des BUND Nordrhein-Westfalen gegen die Zwangsenteignung seiner zu dem Zeitpunkt aber schon abgebaggerten Obstbaumwiese stattgegeben und die Voraussetzungen für eine Enteignung beschrieben.

Klarer gesetzlicher Rahmen vorgegeben

Seither habe sich auf rechtlicher Ebene einiges geändert, sagte der Bergrechtsexperte Dirk Teßmer, der das Gutachten im Auftrag des BUND erstellt hat, am Dienstag bei einem Ortstermin in dem vom Tagebau Garzweiler unmittelbar bedrohten Dorf Keyenberg bei Erkelenz. Das Pariser Klimaschutzabkommen habe einen „klaren völkerrechtlichen Rahmen geschaffen, der von der Bundesregierung anerkannt wird.

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Aus Sicht des BUND hat das zur Folge, dass die von der Zerstörung bedrohten Dörfer Keyenberg, Kuckum, Berverath, Ober- und Unterwestrich im Tagebau Garzweiler, in denen vor Beginn der Umsiedlung knapp 1700 Menschen wohnten, erhalten bleiben müssen. „Die Zerstörung der Dörfer ist nicht nur überflüssig, sondern verbietet sich auch aus verfassungsrechtlicher Sicht“, sagte Dirk Jansen, Geschäftsleiter der BUND NRW.  Das gelte auch für die drohende Abholzung des Hambacher Forsts und die Ortschaften Manheim und Morschenich im Tagebau Hambach.

Zwölf Kraftwerksblöcke sollen vom Netz

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission hatte empfohlen, bereits bis Ende 2022 die Stromerzeugung aus Braunkohlekraftwerken um 3,1 Gigawatt zu verringern.

Um das zu erreichen, müssen im Rheinland kurzfristig insgesamt zwölf Kraftwerksblöcke vom Netz gehen. Blöcke, die in Bereitschaft gehalten werden, falls es Probleme mit der Stromversorgung geben sollte, sind dabei schon eingerechnet.

Dadurch wird sich die Fördermenge in den Tagebauen Garzweiler und Hambach von heute etwa 70 Millionen Tonnen jährlich auf 35 Millionen Tonnen verringern. Auch ohne weitere Zerstörung von Dörfern und Wald können nach einem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (DIW) noch bis zu 815 Millionen Tonnen Kohle gefördert werden, ohne die Dörfer anzutasten.

Diese Gesamtmenge reicht laut BUND bei reduzierter Förderung bis ins Jahr 2038 aus – auf das sich die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission als endgültiges Ausstiegsdatum Deutschlands aus der Braunkohle verständigt hat. „Die Kohlemengen sind also mehr als ausreichend, um die verbleibenden Kraftwerksblöcke sicher zu betreiben“, sagte Jansen.

RWE müsse lediglich die Abbauführung ändern. „RWE könnte an Keyenberg vorbeischwenken und zu den anderen Dörfern einen entsprechenden Sicherheitsabstand einhalten“, so der BUND-Geschäftsleiter weiter.

40 Verbände schreiben offenen Brief an Laschet

Dass RWE hingegen weiter Fakten schaffe, sei „ein Unding“. Man erwarte von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), „dass er der nicht nur unnötigen, sondern auch den Klimazielen zuwiderlaufenden Zerstörung Einhalt gebietet“. Zusammen mit 40 anderen Verbänden und Initiativen hatte der BUND die Landesregierung in einem offenen Brief aufgefordert, ein Moratorium zu erlassen, bis die politischen Entscheidungen zum Kohleausstieg getroffen und umgesetzt sind. „Bei der derzeit politisch instabilen Lage müssen wir befürchten, dass die Bundesregierung den Fahrplan zum Kohleausstieg nicht einhalten kann“, so Jansen.

Für Samstag, 22. Juni, ruft der BUND zusammen mit mehreren Organisationen und der Initiative „Alle Dörfer sollen bleiben“ zu einem Aktionstag am Tagebau Garzweiler auf, um den Forderungen Nachdruck zu verleihen.

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