Leitlinien vorgestelltDiese fünf Themen schreibt sich Kölns OB Reker auf die Fahnen

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Reker PK September 2020

Schöne Aussichten: Henriette Reker, hier bei einem Wahlkampfauftritt mit Unterstützern von CDU und Grünen, darf fünf weitere Jahre als Oberbürgermeisterin im Amt  bleiben. In NRW ist sie nun nicht mehr die einzige OB.

Köln – Die Oberbürgermeisterin gönnt sich eine minimale Verspätung. Das Wahlkampfbüro in der Großen Budengasse hat sie abgeschlossen, am Tag nach dem deutlichen Sieg in der Stichwahl bittet Henriette Reker wieder in die Piazzetta des Rathauses. Fünf weitere Jahre will sie die Stadt lenken, am liebsten gemeinsam mit Grünen und CDU. Beide Parteien wollen in dieser Woche Gespräche aufnehmen. Das sind Rekers Leitlinien:

Klimaschutz mitdenken

Nicht Schule, nicht Wohnen: nicht Verkehr: Reker spricht zu Beginn von der „Jahrhundertaufgabe“ Klimaschutz. Den Klimawandel abzumildern sei die wichtigste Aufgabe, ökologische Belange müssten immer mitgedacht werden, bei allen Entscheidungen. Der Stadtrat hat 2019 den Klimanotstand beschlossen. Die Maßnahme wurde anfangs belächelt, doch Reker hat mehrfach deutlich gemacht, dass dies für sie mehr als ein Lippenbekenntnis ist.

Auch ihren Schwenk im Grüngürtel, als sie sich überraschend gegen die Ausbaupläne des FC wendete, begründete sie mit diesem Notstand. Nun also eine neuerliche Ansage. Reker möchte in der zweiten Amtszeit den Weg ebnen, um Köln bis 2035 klimaneutral zu gestalten. Der Rat hat dies für das Jahr 2050 beschlossen. „Das dauert zu lange“, sagt die OB. „Ich werde da hartnäckig bleiben.“ Es gehe darum, Köln „enkeltauglich“ zu machen.

Ärger um Fotos

In den sozialen Netzwerken haben Fotos  von den Wahlpartys der Parteien am Sonntag teils für Verärgerung unter den Nutzern  gesorgt, weil Politiker und Gäste darauf in Zeiten der Corona-Pandemie keine Masken trugen und ohne Abstand saßen. Die SPD traf sich im „Stapelhaus“, CDU und Grüne  im „Consilium“.

Doch laut gültiger Corona-Schutzverordnung gelten bei diesen Versammlungen das Abstandsgebot und die Maskenpflicht  für die Teilnehmer   nicht – „soweit geeignete Vorkehrungen zur Hygiene und zur einfachen Rückverfolgbarkeit  (...) sicher gestellt sind.“  150 Gäste sind erlaubt.

Die SPD teilte mit: „Selbstverständlich sind die Vorgaben der Corona-Schutzverordnung NRW bei unserer Wahl-Informationsveranstaltung grundsätzlich eingehalten worden: Alle Teilnehmer haben sich vorab namentlich registriert, die Höchstgrenze an Teilnehmern ist bei Weitem nicht erreicht worden.“

Formal gesehen war also größtenteils die Handhabung okay, allerdings hat das ganze wohl  auch eine symbolische Komponente. (mhe)

Die Corona-Krise bewältigen

Reker leitet seit einigen Wochen den Krisenstab zur Corona-Krise. Dass die OB daran erinnert, dass es sich dabei um die größte Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg handelt, spricht schon Bände. Denn: Derzeit sind die gravierenden Folgen nur für einen Teil der Bürger spürbar. Rekers Botschaft: Wir werden uns alle gemeinsam anstrengen müssen, um diese Krise zu bewältigen. Externe Experten sollen den Krisenstab beraten.

Mehr Tempo bei Mobilität

Reker geizt nicht mit großen Worten bei ihrer Rede, die eine Art kommunale Regierungserklärung ist. Köln sei als „moderne Metropole“ in den vergangen fünf Jahren vorbereitet worden. „Jetzt wird sie umgesetzt.“ Die Mobilitätswende brauche mehr Tempo. 20 Millionen Euro sollen sofort bereit gestellt werden, um marode Radwege zu sanieren. Den Lückenschluss des Radwegenetzes will die OB mit erhöhtem Tempo verfolgen, Verbindungen mit den Nachbarkommunen koordinieren.

Im Rechtsrheinischen will Reker eine Machbarkeitsstudie für eine Ringbahn zwischen Flittard, Dellbrück und Porz in Auftrag geben. Auch ein 365-Euro-Ticket der Kölner Verkehrs-Betriebe hat Reker im Blick. Bislang war die KVB kein Freund eines solchen Angebots. Reker sagt: Darum müsse man ja sprechen.

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Die Wirtschaft stärken

Eine innovative Wirtschaft möchte sie, um den Mittelstand zu stärken. Köln sei die Metropole des Westens, eine, wenn nicht die Stadt der Start-ups. Im Oktober will sie die Gespräche mit Wirtschaft und Gründern führen, im gleichen Monat einen Krisengipfel zum Handel in der City veranstalten. Verwaiste Ladenlokale auf der Hohe Straße und Schildergasse verlangen neue Konzepte.

„Wir brauchen eine attraktive Innenstadt und Veedelszentren.“ Reker hat schon nach dem ersten Wahlgang betont, es brauche verlässliche Partner, um einen Fünf-Milliarden-Haushalt zu bewegen („größer als der des Saarlandes“). Manche haben das als Wink an die Grünen verstanden, sich nicht nur auf Radwege und Grünflächen zu konzentrieren.

Zahlen und Fakten zur Stichwahl

38 der 45 Wahlbezirke hat Amtsinhaberin Henriette Reker (parteilos) am Sonntag für sich entschieden (siehe Info-Grafik), das entspricht 84,4 Prozent. Die restlichen sieben  Wahlbezirke entfielen auf   Herausforderer Andreas Kossiski (SPD), das macht 15,6 Prozent.   72,23 Prozent der Wähler konnte Reker im Wahlbezirk Lindenthal 3 (Lindenthal 2,  Junkersdorf 1) überzeugen, das ist ihr bestes Ergebnis stadtweit. Kossiski wiederum erreichte in Kalk 1 (Humbold/Gremberg 1, Vingst, Höhenberg) den besten Wert: 54,31 Prozent  .   68,29 Prozent holte Reker in Lindenthal, wenn man die Ergebnisse in den neun Stadtbezirken analysiert.  Damit schnitt sie in Lindenthal am besten ab. Die OB sicherte sich alle neun Stadtbezirke, in Porz aber mit der knappsten aller Mehrheiten: einer Stimme. Sie sammelte 13 157 Stimmen, Kossiski 13 156.   Die Stadt Köln weist beide auf ihrer Internetseite mit  50 Prozent aus. 49,41 Prozent gewann Kossiski nur im Stadtbezirk  Chorweiler insgesamt, was  überrascht, weil es seine politische Heimat ist. 2017  zog  er für den nördlichsten der sieben Kölner Wahlkreise  in den Landtag ein. Aber auch dort verlor er am Sonntag gegen Reker.  Allerdings gewann er den Wahlbezirk  Chorweiler 3 im äußersten Norden.   174 263 Stimmen entfielen  auf Reker, 119 752 auf Kossiski. Zum Vergleich: Vor zwei Wochen bei der Kommunalwahl waren es 187 389 Stimmen für Reker, 111 353 für ihren Herausforderer. Reker verlor also mehr als 13 000 Stimmen im vergleich zur Kommunalwahl vor zwei Wochen, Kossiski gewann mehr als 8000 hinzu – was allerdings bei weitem nicht ausreichte, um Reker gefährlich zu werden. (mhe)

Zugang zu Bildung und Kultur

„Jedes Kind soll die bestmögliche Bildung bekommen“, sagt die OB. Die Wahlkampf-Debatte um beitragsfreie Kitas nimmt sie auf, sie will dafür beim Land werben. Reker hatte den SPD-Vorstoß vor der Stichwahl gekontert mit freiem Eintritt in Museen, dabei bleibt sie. Der Erhalt und Neubau der Schulgebäude scheint derzeit Aufgabe genug. Reker verweist auf das umfangreiche Schulbauprogramm, aber das alleine genüge nicht. Reker: „Ich habe noch viel vor in meiner Heimatstadt.“

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