Serie „Jüdisches Leben“ (2)Diese bedeutenden Juden haben in Köln Spuren hinterlassen

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Aus dem kölschen Köbes wurde Jacques: Nach dem Komponisten ist der Offenbachplatz vor der Oper benannt.

Aus dem kölschen Köbes wurde Jacques: Nach dem Komponisten ist der Offenbachplatz vor der Oper benannt.

Der bekannteste nach einem Juden benannte Platz in Köln ist sicherlich der Offenbach-Platz vor der Oper. Der in Paris von seinem Kollegen Gioachino Rossini als „Mozart der Champs Elysées“ geadelte und später zum Katholizismus konvertierte Komponist Jacques Offenbach (1819 bis 1880) blieb seiner rheinischen Heimat stets verbunden. Schon als Kind hatte der im Haus Großer Griechenmarkt 1 geborene, liebevoll auf kölsch „Köbes“ gerufene Musiker seinen Vater Isaac (1780 bis 1850), Kantor der jüdischen Gemeinde an der Glockengasse, bei Auftritten in Gasthäusern begleitet.

Künstlerin, Schriftstellerin, Journalistin: Lou Straus-Ernst

Ein weiterer jüdischer Künstler, der mit Köln eng verbunden war, ist Otto Freundlich. Der 1878 in Pommern geborene Maler und Bildhauer, 1943 in einem Konzentrationslager ermordet, gilt als einer der ersten Vertreter der abstrakten Kunst. 1919 organisierte er mit dem aus Brühl stammenden Künstler Max Ernst (1891 bis 1976) die international beachtete erste Kölner Dada-Ausstellung. Ernst hatte kurz zuvor Louise Straus geheiratet, die damals am Wallraf-Richartz-Museum tätig war. Die junge Kunsthistorikerin, 1893 als Tochter eines Hutfabrikanten in Köln geboren und in einem liberalen jüdischen Milieu aufgewachsen, war 1917 an der Bonner Universität als eine der ersten Frauen promoviert worden. Die Wohnung des Paares am Kaiser-Wilhelm-Ring, aber auch die Wohnung, die Luise nach der Trennung von Max Ernst in der Emmastraße in Sülz bezog, waren gesellschaftliche Treffpunkte damals schon sowie später bedeutender Künstler. Lou Straus-Ernst, wie sie sich meist nannte, machte sich als Künstlerin, aber vor allem als Schriftstellerin und Journalistin für bekannte regionale und überregionale Zeitungen einen Namen. Nach der Absetzung von Oberbürgermeister Konrad Adenauer 1933, zu dem sie gute Beziehungen pflegte, emigrierte sie nach Frankreich. 1944 wurde sie dort festgenommen und nach Auschwitz deportiert; sie wurde umgebracht.

Ihre Lyrik ging um die Welt: Hilde Domin überlebte den Holocaust

Eine andere bedeutende Jüdin aus Köln überlebte den Holocaust: Hilde Domin. 1909 kam sie als Tochter eines jüdischen Rechtsanwalts und dessen aus Frankfurt stammender Frau in der Riehler Straße 23 als Hildegard Dina Löwenstein zur Welt. Als junge Frau, die 1930 in die Kölner SPD eintrat, studierte sie an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Bonn und Berlin. Als sie 1932 mit ihrem späteren Mann zu einem Auslandsstudium nach Italien wechselte, begann ihr 22 Jahre währendes Exil in mehreren Ländern. 1954 kehrte sie erstmals wieder nach Deutschland zurück und veröffentlichte ihren ersten Gedichtband unter dem Pseudonym Domin - nach dem Namen der Insel Santo Domingo, auf der sie ihr Dichterleben begonnen hatte. Nach der 2006 verstorbenen und auch international hoch angesehenen Lyrikerin ist unter anderem der Rosengarten beim Fort X am Neusser Wall benannt. Die Kölnerin wurde zu Lebzeiten mit vielen nationalen und internationalen Preisen und Auszeichnungen bedacht.

Kölner Engagement für den Zionismus

National und vor allem international von Bedeutung war auch das von Köln ausgehende politische Engagement von Juden für den Zionismus. Der in Köln tätige Rechtsanwalt Max Isidor Bodenheimer (1865 bis 1940) war viele Jahre einer der einflussreichsten Funktionäre der Bewegung, die sich seit Ende des 19. Jahrhunderts für einen selbstständigen Nationalstaat der Juden in Palästina einsetz-te. Dabei kam zudem einer der geistigen Vorläufer ebenfalls aus Köln: Moses Hess (1812 bis 1875). Der in Bonn geborene Philosoph und Schriftsteller übte in seiner Kölner Zeit erheblichen Einfluss auf Karl Marx und Friedrich Engels aus.

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Bereits im Jahr 1837 hatte er sich in seinem Werk „Heilige Geschichte der Menschheit. Von einem Jünger Spinozas“ für die Aufhebung der Klassen-terschiede, Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie Gesundheitssorge und Wohlfahrt als staatliche Aufgaben ausgesprochen. Wegen seines Werks „Rom und Jerusalem“ (1862) gilt er als Vordenker des Zionismus. Hess wurde - wie Hertha Kraus und andere Juden - mit einer Figur am Turm des historischen Rathauses geehrt. Eine Siedlung nahe von Tel Aviv, Kölns israelischer Partnerstadt, heißt „Kfar Hess“.

Andreas Gottschalk besuchte das FWG

Während Hess für seine frühsozialistischen Ideen eintrat, erfreute sich zu dieser Zeit gleichzeitig ein anderer Jude höchster Anerkennung. Der 1815 in Düsseldorf geborene Arzt und später in der Arbeiterbewegung und während der Märzrevolution 1848 aktive Andreas Gottschalk, Absolvent des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. Seit Eröffnung einer Praxis im Jahre 1842 behandelte er oftmals kostenlos mittellose Patienten. Um diese kümmerte sich der 1844 zum Protestantismus konvertierte und heute im Stadtteil Bocklemünd mit einer Straße geehrte Arzt insbesondere im Jahr 1849, als Köln von einer verheerenden Cholera-Epidemie heimgesucht wurde.

Unter den rund 10 000 Toten, die der Seuche zum Opfer fielen, war auch Andreas Gottschalk. Tausende Kölner nahmen an dessen Beerdigung teil. Auf seinem Grabstein steht: „Eins ist nötig, dass das Gute stets geschehe, ob man falle oder stehe, ist und bleibt dann einerlei.“

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