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„Noch nie so einen Wahnsinn gesehen“Finanzausschuss billigt Leverkusens Haushalt 2020

Lesezeit 3 Minuten
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Zusagen großer,  global agierender Unternehmen aus dem Chempark sind die Grundlage für die geplante Gewerbesteuersenkung, die der Stadt auf Dauer mehr Geld einbringen soll. (Archivbild)

Leverkusen – Erhard Schoofs hat die Apokalypse Leverkusens vor Augen: „Wir richten unsere Stadt zugrunde“, warnte er im städtischen Finanzausschuss angesichts des Vorhabens von Oberbürgermeister und Stadtkämmerer, den Gewerbesteuerhebesatz im kommenden Jahr zu halbieren. Dass dies trotzdem zu höheren Steuereinnahmen der Stadt führen werde, wie es der Haushaltsplanentwurf für 2020 vorsieht, will er nicht glauben. „Ich habe in all meinen Jahrzehnten in diesem Rat noch nie so einen Wahnsinn gesehen.“Schoofs beharrte darauf zu erfahren, aufgrund welcher Zusagen von Unternehmen diese Annahmen fußten. Für ihn sei das vorgelegte Zahlenwerk ein „Haushalt vom Hörensagen“, der „nicht einmal die Andeutung eines Beweises für Mehreinnahmen“ beinhalte. Das sei für ihn unbegreiflich und eine Schande.

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Doch so sehr er sich aufregte, so wenig vermochte er, Stadtkämmerer Markus Märtens etwas zu entlocken, der sich seelenruhig auf das Steuergeheimnis berief, dessen Verletzung in Paragraf 355 des Strafgesetzbuches geregelt wird. Der Haushaltsentwurf beruhe wie in allen Vorjahren auf den von der Stadtspitze geführten Steuergesprächen mit ausgewählten Unternehmen und entspreche durchaus den Grundsätzen von Wahrheit und Klarheit. Dies werde auch einer Überprüfung durch die Kommunalaufsicht des Landes standhalten, zeigte sich Märtens zuversichtlich.

Schoofs und Beisicht dagegen

Eine breite Mehrheit folgte im Finanzausschuss dieser Ansicht. Allein Schoofs und Markus Beisicht (vormals Pro NRW, nunmehr Aufbruch Leverkusen), die sich in dieser Sitzung in nahezu allen Punkten einig waren und gleich abstimmten, lehnten den Haushaltsplanentwurf ab.Der hatte ursprünglich noch einen Überschuss von 1,5 Millionen Euro ausgewiesen, doch legten die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen in einem gemeinsamen Änderungsantrag nach, in dem sie zusätzliche Ausgaben beschlossen, die wiederum 1,1 Millionen Euro kosten werden. Im letzten zu verabschiedenden Haushalt vor der Kommunalwahl im Herbst 2020 soll jeweils der eigenen Wählerschaft noch etwas geboten werden, auf das man sich gemeinsam einigen konnte.

So soll die Stadtteilförderung des Projektes „Gemeinsam leben in Manfort“ mit jährlich 100 000 Euro weiterhin gefördert werden; wie es konkret weitergehen soll, ist im nächsten Jahr noch zu regeln. Einig war sich die Mehrheit auch darin, den städtischen Kostenanteil an der Lärmschutzwand längs der Bahntrasse in Opladen von 10 auf 20 Prozent zu erhöhen. Um die Radwege in Leverkusen auf Dauer besser zu pflegen, soll die Job Service Beschäftigungsförderung Leverkusen gGmbH (JSL) ein Beschäftigungsprojekt für Langzeitarbeitslose mit dieser Aufgabe betrauen.Auch die freie Kulturszene soll bedacht werden. 90 000 Euro insgesamt sollen für deren Förderung angesetzt werden, doppelt so viel wie geplant. Schließlich sollen noch zusätzliche Mittel für Vorhaben nach dem Leitbild Grün der Stadt bereitgestellt werden, ebenso für den Öffentlichen Nahverkehr, Elektromobilität und die Erneuerung von Radwegen. Vier Gegenstimmen gab es zu diesen zusätzlichen Ausgaben, weil – wie es vor allem Monika Ballin-Meyer-Ahrens (FDP) kritisierte – keine Gegenfinanzierung in Form von Einsparungsvorschlägen gab.