Wehrhaft und wachsamDas ist der neue Chef des Kreisverbindungskommandos Obererg

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Neue Aufgaben gab es für die Bundeswehr auch in Oberberg in der Pandemie, wie bis zum vergangenen Sommer im Impfzentrum. Jetzt rücken alte Aufgaben wie die Landesverteidigung wieder stärker in den Blick als Hilfe bei der Kontaktnachverfolgung.

Neue Aufgaben gab es für die Bundeswehr auch in Oberberg in der Pandemie, wie bis zum vergangenen Sommer im Impfzentrum. Jetzt rücken alte Aufgaben wie die Landesverteidigung wieder stärker in den Blick als Hilfe bei der Kontaktnachverfolgung.

Oberberg – Oberstleutnant Thomas Meier war stets überzeugt, dass ein Staat eine wehrfähige Armee braucht. „Leider ist die Welt kein so friedlicher Ort“, sagt der aus Marienheide-Scharde stammende 59-Jährige. „Ich war mir immer bewusst, dass irgendwo ein Konflikt ausbrechen kann, der zur Demonstration von Stärke zwingt.“ Meier ist Bundeswehr-Offizier der Reserve, am vergangenen Freitag wurde er zum neuen Leiter des Kreisverbindungskommandos (KVK) im Oberbergischen Kreis berufen.

In dieser Position führt Meier eine zwölfköpfige Mannschaft aus in Oberberg lebenden Offizieren der Reserve, die als militärisch-zivile Schnittstelle zwischen den aktiven Bundeswehr-Einheiten und den oberbergischen Behörden fungieren. Sie sitzen mit im Krisenstab des Kreises, etwa wenn Behörden zur Bewältigung von Naturkatastrophen militärisches Gerät brauchen. Dann ist es Aufgabe des KVK, zu beraten und auszuloten, wie die Bundeswehr unterstützen kann. Auch in der Pandemie wurde das KVK aktiv, als es darum ging, Soldaten für die Corona-Kontaktnachverfolgung nach Oberberg zu holen.

Landesverteidigung ist plötzlich wieder ein Thema

Meier besuchte die evangelische Grundschule in Marienheide und machte 1982 am Engelbert-von-Berg-Gymnasium in Wipperfürth Abitur. Soldat zu werden hielt der junge Mann danach inmitten des Kalten Krieges für eine sinnvolle Aufgabe. Er verpflichtete sich, begann nach der Grundausbildung den Offiziersanwärter-Lehrgang. An mehreren Standorten in Deutschland diente Meier, absolvierte parallel ein Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Bundeswehr-Universität in Hamburg. 1991 übernahm er die Führung einer Panzerkompanie in Cuxhaven, wo ihm 60 Soldaten und 13 Kampfpanzer des Typs Leopard 1 unterstellt waren. Im Rang eines Hauptmanns schied er 1994 aus dem aktiven Dienst aus, um seiner Familie zuliebe zurück nach Oberberg zu gehen. Heute lebt der dreifache Familienvater in Wipperfürth-Niedergaul, ist Mitglied der Geschäftsleitung eines Kölner Finanzdienstleistungsunternehmens.

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Soldaten der Reserve

Die zwölf Offiziere im Kreisverbindungskommando sind nicht die einzigen Soldaten der Reserve in Oberberg. Im Betreuungsbereich Oberbergischer Kreis gibt es vier Reservisten-Kameradschaften, teilt der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr auf Nachfrage mit. Zwischen Radevormwald und Morsbach gehören ihnen 188 Mitglieder an. Sie können zum Dienst einberufen und gemäß ihren Fähigkeiten eingesetzt werden, falls es die Lage nötig macht. „Derzeit reden wir aber erst einmal über die Unterstützung etwa bei einer möglichen Flüchtlingswelle aus der Ukraine“, schreibt der Reservistenverband: „Eine verpflichtende Heranziehung zum unbefristeten Wehrdienst ist außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalls nicht möglich.“ Sollte jedoch der Bundestag den Verteidigungsfall feststellen, könne „grundsätzlich jeder wehrrechtlich verfügbare Reservist“ zum Wehrdienst herangezogen werden, heißt es vom Bundeswehr-Landeskommando Nordrhein-Westfalen. (ag)

Seine Laufbahn als Offizier setzte Meier in der Reserve fort, 2007 kam er zum oberbergischen KVK, seit 2019 war er dessen stellvertretender Leiter. Als solcher führte er das Kommando seit Herbst, als der bisherige Leiter Marco Tessitori von dieser Aufgabe abberufen wurde. Tessitori arbeitet nun in einem Stab des Landeskommandos mit, der ein Heimatschutzregiment für Nordrhein-Westfalen aufbaut. Heimatschutz, also die Verteidigung des Landes gegen Invasoren, ist ein Thema, das seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine auch für das KVK aktuell ist. Weil die Bundeswehr Soldaten für Aufgaben in der Bündnis- und Landesverteidigung benötigte, musste das KVK zum Beispiel mit dem Kreis ausloten, wie viele Soldaten tatsächlich noch für die Hilfe bei der Corona-Kontaktnachverfolgung gebraucht werden. Im Ergebnis wurden sieben der bis vor zwei Wochen noch 15 Soldaten aus dem Gesundheitsamt abgezogen.

Und welche Rolle kommt dem KVK zu, falls Deutschland tatsächlich Feinde abwehren muss? Dazu äußert sich Oberstleutnant Meier nur vage: „Auch dann bleiben wir wegen unserer sehr guten Kenntnisse der regionalen Lage Ansprechpartner der zivilen und militärischen Seite.“

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Für möglichst alle Szenarien bereiten sich die Mitglieder des KVK in regelmäßigen Übungen und Schulungen vor. Meier sagt: „Menschen neigen leider dazu, sich in Sicherheit zu wiegen, wenn über einen längeren Zeitraum nichts mehr passiert ist.“ Das sei gefährlich, meint der Offizier: Sowohl bei Naturkatastrophen als auch gegen Angreifer brauche es stets Wehrhaftigkeit und Wachsamkeit. „Vielleicht hat in der Ukraine vor nicht allzu langer Zeit auch niemand geglaubt, ausgerechnet von Russland angegriffen zu werden.“

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