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ArtenschutzWarum Lindlarer nachts Kröten über die Straße tragen

Lesezeit 3 Minuten
Eine Hand hält eine Kröte über einem Eimer mit Laub.

In Lindlar sammeln Freiwillige Amphibien, um sie sicher über die Straße zu bringen.

Wir begleiteten Naturschützer bei ihrem Einsatz während der Krötenwanderung, die Helfer suchen überall in Oberberg dringen Verstärkung.

Es ist 19 Uhr, es ist dunkel und es nieselt. Das Thermometer zeigt neun Grad. Menschen ziehen sich nun gerne in ihre Wohnungen zurück. Andere Lebewesen werden munter und wandern los.

Denn für Frösche, Kröten und Molche sind diese Bedingungen ideal. Sie erwachen aus der Winterstarre und wollen, dem Kreislauf der Natur folgend, zu den Laichgewässern. Im Schutz der Dämmerung machen sie sich auf den Weg.

So manchem Fressfeind gehen sie so aus dem Weg, doch gegen einen Gegner haben sie auch in der Dunkelheit keine Chance: das Auto. Das weiß schon Rebecca Schmerbauch. Sie ist fast drei Jahre alt und begleitet Papa Lutz, um im Sülztal die wandernden Amphibien einzusammeln und sie am Teich auf der anderen Straßenseite wieder auszusetzen.

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In Lindlar-Quabach sind nachts viele Kröten unterwegs

Ihre kleinen Hände stecken in Handschuhen und sie zeigt in der Luft, wie sie ihre Hand unter einen Frosch schieben kann, um ihn in einen tiefen Eimer zu setzen. Angst oder gar Ekel hat sie nicht.

Malte Born löst die Beiden ab und dreht die nächste Runde. Etwa zwei Meter neben der Straße befindet sich der 250 Meter lange Amphibienschutzzaun, wie es sie an vielen Orten in Oberberg gibt. In einer Furche dahinter sitzen die Tierchen. Einige wandern am Zaun entlang und fallen in einen der Eimer, die in regelmäßigen Abständen hinter dem Zaun eingebuddelt sind.

Die Hauptwanderzeit der Kröten steht im Frühjahr an

In diesen sind Blätter, damit sich auch Nachzügler noch verstecken und so vor Feinden und austrocknen bis zu ihrem Querungs-Transport am nächsten Morgen schützen können. Jeden Morgen und jeden Abend drehen die Ehrenamtler – je nach Wetterlage – eine oder mehrere Runden.

An diesem Abend sammelt Born in drei Runden insgesamt 45 Tiere ein und bringt sie über die Straße. Doch es werden in den kommenden Wochen mehr, denn die Hauptwanderzeit steht noch bevor. Auch Susanne Freese weiß, dass die Tiere Unterstützung brauchen.

„In den letzten zehn Jahren sind die Amphibienbestände um die Hälfte zurückgegangen, rund 70 Prozent sterben auf den Straßen“, zitiert die Tierschützerin Zahlen des Naturschutzverbands BUND.

Die Tiere, die die meiste Zeit des Jahres in den Wäldern leben, haben eine wichtige Aufgabe im Ökosystem. Sie fressen Mücken, Fliegen und andere kleine Insekten, schon als Kaulquappe vertilgen sie Insektenlarven in den Gewässern.

Im Frühjahr wandern sie zu ihren Geburtsstätten zurück, paaren sich, legen rund zwei Wochen später den Laich im Wasser ab und wandern im März/April wieder zurück in die Wälder. Durch den Klimawandel ist es heute früher im Jahr warm und die kleinen Gesellen ziehen oft schon im Februar los, deutlich eher als vor einigen Jahren.

Autofahrer sollten vor allem nachts und in der Dämmerung auf Amphibien achten

Freese koordiniert die Einsätze in Lindlar-Quabach und weiß, dass noch Helfer gesucht werden. Alle Unterstützer bekommen eine Einweisung und werden mit den nötigen Materialien ausgestattet. Autofahrer bittet Freese, in Dämmerung und Nacht an den entsprechenden Stellen die Geschwindigkeit auf 50 Stundenkilometer zu reduzieren.

Dies diene dem Schutz der Tiere und der Helfer. Blinklichter und Schilder weisen auf die Einsatzorte hin. Auch die anderen Oberbergischen Kommunen suchen ehrenamtliche Helfer. Jeder Interessierte kann sich beim regionalen Nabu melden, in Lindlar auch bei Susanne Freese direkt per Mail. 

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