Menschenkette über 400 MeterOberberger Initiative setzt Zeichen gegen Diskriminierung

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Kinder mit einem Banner gegen Ausgrenzung und Krieg.

Waldbröl – Hinter dem Jobcenter an der Vennstraße und erst kurz vor der Einmündung zur Gartenstraße ist schließlich Schluss: Mehr als 400 Meter spannt sich also die kunterbunte Menschenkette vom oberen Schulparkplatz an der Schillerstraße über die Goethestraße hinab bis fast in Waldbröls Mitte.

Aufgerufen hat am Samstag dazu die Initiative „Unser Oberberg ist bunt, nicht braun!“, um Zeichen zu setzen gegen Rassismus und Diskriminierung. Und zwischen 350 und fast 400 Oberbergerinnen und Oberberger, so schätzt Einsatzleiter Dirk Schneider von der Polizei, sind dem Aufruf gefolgt. Der Regenbogen ist an diesem nebelgrauen Vormittag nur einer der vielen Farbtupfer im Menschenreigen.

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Ein Plakat in der Menschenkette. 

„Bürgerdialog“ als Anlass

Anlass ist, dass zeitgleich in der Aula des Hollenberg-Gymnasiums die AfD zu einem „Bürgerdialog“ mit ihren Landtagsabgeordneten Christian Loose und Helmut Seifen eingeladen hat. 16 – gezählte – Zuhörerinnen und Zuhörer nehmen dort Platz. Zugelassen waren höchstens 90. Polizei, Ordnungsamt und ein Sicherheitsdienst schirmen die Aula ab, die Parkplätze ringsherum sind bereits seit dem frühen Morgen gesperrt.

Auf dem einen tummeln sich diejenigen, die erst der Kundgebung von „Unser Oberberg ist bunt, nicht braun!“ zuhören und sich später dann zur Menschenkette formieren. Rote Bänder geben anderthalb Meter vor. Und wer keines mehr bekommt, der nimmt einen Schal, damit der Abstand stimmt. Ohne Maske ist niemand unterwegs. „Wir sind überwältigt“, sagt Organisator Gerhard Jenders, der zuvor mit 100 Teilnehmenden, „vielleicht 150“, gerechnet hat. „Wir stehen hier für die Demokratie, für die Vielfalt, die Offenheit“, betont etwa Tobias Schneider (SPD).

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Viele brachten Schilder mit.

Oberbergs Politik vertreten

Oberbergs Politik ist reich vertreten, fast alle Fraktionen aus Waldbröls Stadtrat sind gekommen, vor allem aber Kinder und Jugendlichen aller Schulen in der Marktstadt, ihre Eltern, Lehrkräfte, Vereine aller Art und andere Institutionen, nicht zuletzt viele Menschen aus anderen Kommunen. Sie tragen Schilder und Transparente, darauf geschrieben stehen Botschaften wie „Wir sind bunt“, „Nein zu Homophobie“ und Drastischeres, aber auch „Nie wieder Krieg!“ als Fingerzeig auf ein Waldbröler Denkmal aus der NS-Zeit, das heute Friedensmauer genannt wird.

Für den Gummersbacher Jenders ist das ein deutliches Signal zwischen dem 80. Jahrestag der Wannsee-Konferenz und dem sich jetzt nähernden Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, heute Holocaust-Gedenktag. Jenders: „Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.“ Für die UWG freut sich Paul W. Giebeler über die „große Solidarität, die vorlebt, was Gesellschaft ausmacht“. Und Claudia Hein (Grüne) ruft dazu auf, wieder öfter auf die Straße zu gehen. „Denn wir sind die Mehrheit.“

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Allerdings gibt es auch Kritik an dieser erst am vergangenen Mittwoch geplanten Aktion: Nicht alle Parteien wollen dazu eingeladen worden sein, auch richte so etwas zu viel Aufmerksamkeit auf die AfD, die schließlich ebenfalls eine zugelassene Partei sei und sich daher öffentlich präsentieren dürfe. Die hat mit dem Borkener Seifen ihren bildungspolitischen Sprecher sowie mit dem Bochumer Loose ihren energiepolitischen Sprecher nach Waldbröl gebracht. „Das sind Themen, mit denen wir vor allem junge Leute ansprechen wollen“, sagt Veranstaltungsleiter Bernd Rummler, zudem Sprecher des Kreisverbandes, mit Blick auf die anstehende Landtagswahl im Mai.

Zwar kommt es nach Auflösung der Menschenkette gegen 11.15 Uhr vor der Schulaula zu Pfiffen und Parolen gegen den AfD-Dialog, doch zu beanstanden hat Polizei-Einsatzleiter Schneider am Ende nichts: „Die Kundgebung war friedlich-vorbildlich – es wäre schön, wenn es überall so laufen würde.“ Oder wie es ein Teilnehmer in der Menschenkette formulierte: „Das war die mit Abstand harmloseste Demonstration seit langem.“

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