Verursacht HautverbrennungenHerkulesstaude breitet sich im Oberbergischen Kreis aus

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Drei Meter hoch wird die Herkulesstaude. 

Wipperfürth/Lindlar – Die Herkulesstaude, auch Riesen-Bärenklau genannt gehört inzwischen zum bergischen Hochsommer, wie das Erdbeereis und der Sprung in die Talsperre. Spätestens im Juli schiebt die Pflanze ihre weißen Dolden locker in drei Meter Höhe und wird zum unübersehbaren Giganten.

Das Tückische an dem Neophyt, der den Vorfahren einst derart imponierte, dass sie ihn nach Europa einschleppten, ist der Saft in seinen Blättern und Stängeln. In Verbindung mit Sonnenlicht verursacht er auf der menschlichen Haut Verbrennungen von beachtlicher Schwere. Jeder kann sich vorstellen, was mit den Augen von Kindern passiert, wenn sie sich aus den hohlen Stängeln Fernrohre basteln.

Zu wenige Personal und Geld für komplette Bekämpfung

„Deshalb sind wir rund um die Kinderspielplätze besonders wachsam“, erklärt Manfred Müller, Leiter Straßenunterhaltung beim Technischen Betrieb Engelskirchen/Lindlar (Tebel). Auch für die Ränder der Radwege sei der Streckenkontrolleur in Lindlar besonderes sensibilisiert. „Dort, wo die Gefahr des Kontaktes mit Menschen hoch ist, greifen wir ein“, sagt Müller. In diesem Sommer spritzt der Tebel erstmals gegen die Herkulesstaude, einige Kollegen wurden dafür extra ausgebildet.

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Rainer Ufer zeigt, wie man den Riesen-Bärenklau richtig bekämpft. 

„Man könnte einen ganzen Trupp nur mit dem Kampf gegen diese Staude beschäftigen“, klagt Verena Schrader, Chefin des Bauhofs Wipperfürth/Hückeswagen. Auch in der Hansestadt sind die Gärtner der ungeliebten Pflanze schon zu Leibe gerückt, je früher im Jahr, desto kleiner ist der Wurzelapparat noch und desto größer sind die Erfolgsaussichten.

Bauhof appelliert an private Gartenbesitzer

„Besonders tückisch sind zum Beispiel Mauerkronen mit Geländer. Die Staude wächst von unten an der Mauer hoch und erreicht dann zunächst unbemerkt den Handlauf“, berichtet Schrader aus der Praxis. Ärgern kann sich die Bauhof-Leiterin allerdings über Zeitgenossen, die in Sachen Herkulesstaude untätig bleiben.

„Es macht wenig Sinn, wenn wir auf kommunalem Grund viel Energie in die Bekämpfung stecken und der Nachbar auf dem Privatgrundstück lässt sie wachsen“, schildert Schrader und appelliert an betroffene Wipperfürther. „Lasst uns das Problem gemeinsam angehen.“

Tipps zur Bekämpfung

Eine Broschüre mit dem Titel „Die Herkulesstaude – gefährlich schön!“ haben der Aggerverband und die Biologische Station Oberberg im Herbst 2020 veröffentlicht. Die Verteilung sollte über die Kommunen laufen, sei durch die Pandemie aber nicht so geglückt, wie man sich das gewünscht hätte, sagt Aggerverbandssprecher Axel Blüm.

In der Servicerubrik der Verbands-Homepage ist das Faltblatt abrufbar. Es erklärt Tipps und Tücken bei der Bekämpfung der Staude, klärt ausführlich über die Wirkweise des Pflanzensaftes auf der Haut und den Unterschied zum heimischen Wiesen-Bärenklau auf, gibt Empfehlungen für die Entsorgung und enthält einen Steckbrief der Pflanze. Hilfreiche Tipps zur Bekämpfung gibt auch Rainer Ufer vom Nabu. (sfl)

Denn was die Ausbreitung angeht, ist der Riesenbärenklau alles andere als kompliziert. Seine Samen verteilen sich über den Wind, über Vögel, Schuhsohlen, Fahrzeugreifen und besonders gerne über fließendes Wasser. Wer einen Beweis für letztere Methode sucht, kann derzeit im Lindlarer Sülzufer rund um Linde die Verbreitung bestaunen.

„Den Kampf gegen die Herkulesstaude verloren"

„Obendrein überleben die Samen mindestens sieben bis zehn Jahre in der Erde – man kann also lange gar nicht sicher sein, ob man die Staude erfolgreich bekämpft hat“, erklärt Axel Blüm, Sprecher des Aggerverbands, der für die Uferflächen zuständig ist. Blüm bringt seine Sicht auf den Punkt: „Die Menschheit hat den Kampf gegen die Herkulesstaude verloren, so ehrlich muss man sein.“

Auch der Verband werde dort tätig, wo viele Menschen einem Exemplar begegnen könnten. „Für eine flächendeckende Bekämpfung fehlt allerdings sowohl das Personal als auch das Geld – das können wir schlicht nicht leisten“, macht er deutlich.

Schon die Vorgaben des Arbeitsschutzes würden das Vorhaben extrem aufwendig gestalten: Vollschutz-Anzug, Kopfhaube und Mundschutz müssten übergestreift werden, bevor sich die Arbeiter der Pflanze überhaupt näherten. „Und dann müsste man die gesamte Staude inklusive Wurzel ausgraben und am besten alles verbrennen“, betont Axel Blüm.

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Rainer Ufer vom Naturschutzbund Deutschland in Lindlar beschäftigt sich seit Jahren mit der Herkulesstaude, vor allem mit den Exemplaren im Sülztal. Er hält die Bekämpfung noch nicht für gescheitert. „Wichtig ist, dass man eine Methode gegen die Staude wählt, die absolut zerstörerisch ist“, rät Ufer. Im Laufe der Jahre hat der Lindlarer eine eigene Technik entwickelt, bei der zunächst langstieliges Werkzeug zum Einsatz kommt und es dann der Wurzel an den Kragen geht.

Zuletzt veranstaltete Ufer einen Praxis-Workshop an der Sülz, an dem vor allem Landwirte teilnahmen.

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