Konsequenzen und ZusammenhängeKlimawissenschaftler spricht in Rösrath über Juli-Flut

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Hochwasser Rösrath 270821

Eindrücke des Hochwassers in Rösrath im Juli.

Rösrath – Bei der Vorsorge gegen Überschwemmungen der Sülz muss die Stadt Rösrath mit den anderen Kommunen im Tal des Flusses zusammenarbeiten. Das empfahl Professor Karl Schneider, Hochschullehrer für Geografie und Klimatologie an der Universität Köln, bei seinem Vortrag im Werkstattgebäude von Schloss Eulenbroich.

Auf Einladung der Bürgerstiftung Rösrath sprach er dort über lokale Auswirkungen des Klimawandels. Besonders in den Kommunen, die am Flusslauf oberhalb von Rösrath liegen, seien effektive Maßnahmen zur Hochwasservorsorge möglich, sagte Schneider vor rund 100 Interessierten. Das Gespräch suchen müsste Rösrath demnach vor allem mit Kürten, Lindlar und Overath.

Rösrath soll auf Kommunen an Sülz-Oberlauf zugehen

Bei der Diskussion zu Schneiders Vortrag hatte Vize-Bürgermeister Hardy Schumacher (Grüne) das Thema der interkommunalen Zusammenarbeit angesprochen. „Wir dürfen uns nicht in die Tasche lügen“, erklärte er – die Möglichkeiten für Vorsorgemaßnahmen auf Rösrather Gebiet seien begrenzt. Daher müsse die Stadt mit ihren Nachbarn sprechen. Was Schneider bestätigte: Schutz für Rösrath sei vor allem „oberstromig“ zu gewährleisten. Der Nutzen und die Kosten seien dabei ungleich verteilt, daher sollte sich Rösrath an den anderswo entstehenden Kosten beteiligen.

Im Gespräch mit Moderator Guido Wagner (l.) sagte Professor Karl Schneider, bei der Überflutung im Juli haben ihn überrascht, „dass die Extremität besonders hoch war“.

Im Gespräch mit Moderator Guido Wagner (l.) sagte Professor Karl Schneider, bei der Überflutung im Juli haben ihn überrascht, „dass die Extremität besonders hoch war“.

Im Gespräch mit dieser Zeitung forderte Schumacher, Rösrath müsse auf die Kommunen am Sülz-Oberlauf zugehen. „Im Grunde müsste es längst einen Arbeitskreis geben“, sagte er. Wenn Flächen in den Nachbarkommunen als Retentionsflächen gestaltet würden, müssten die Betroffenen entschädigt werden.

„Wir müssen dafür Geld in die Hand nehmen“, erklärte Schumacher. „Da muss ein vernünftiges Konzept her.“

Klimawandel: Weltweiter Temperaturanstieg eindeutig belegt

In seinem Vortrag brachte Schneider seine Forschungsergebnisse zum Klimawandel mit Daten aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis zusammen. Auf die Frage von Moderator Guido Wagner, Redaktionsleiter dieser Zeitung, ob er von dem Starkregen und den Überschwemmungen am 14./15. Juli überrascht gewesen sei, sagte der Experte: Ein extremes Ereignis sei „grundsätzlich statistisch erwartbar“ gewesen, es habe ihn aber überrascht, „dass die Extremität besonders hoch war“.

Zum Klimawandel stellte Schneider klar, der globale Temperaturanstieg sei „menschengemacht“. Bisher nehme der CO2 -Gehalt in der Atmosphäre weiter zu, eine Senkung müsse nun „bald“ erfolgen, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad oder „deutlich unter zwei Grad“ zu begrenzen. Der Temperaturanstieg sei eindeutig belegt, bei den Niederschlägen lasse sich kein eindeutiger Anstieg feststellen – erkennbar sei aber die Zunahme von Extremen, extreme Trockenheit und extrem starker Niederschläge.

Flussläufe naturnah gestalten, Flächen entsiegeln, Wasser speichern

Vor diesem Hintergrund seien auch die Maßstäbe zur Bewertung von Wetterereignissen anzupassen. Was bisher als 200-jährliches Hochwasserereignis gelte, könne künftig als 50-jährliches Ereignis eingestuft werden. „Die Statistik ändert sich gerade“, erklärte Schneider. „Das System ändert sich.“ Er warnte davor, sich nach der Katastrophe vom Juli in allzu großer Sicherheit zu wiegen: „Auch 200-jährliche Ereignisse können in zwei aufeinander folgenden Jahren vorkommen.“

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Als Möglichkeiten zur Vorsorge gegen Überschwemmungen nannte er die naturnahe Gestaltung von Flussläufen, die Entsiegelung von Flächen und das Schaffen von Möglichkeiten zum Speichern von Wasser, außerdem die Reduktion der Fließgeschwindigkeit eines Flusses, etwa durch die Gestaltung mit Kaskaden. Neben dem Verzicht auf Bebauung in Flussnähe nannte Schneider auch die Möglichkeit, „angepasst“ zu bauen.

Das sei beim Wiederaufbau nach der Flut zu berücksichtigen. Das Bewusstsein für Risiken müsse in der Gesellschaft wachsen, gefragt sei auch private Vorsorge. Risiken seien zu minimieren, in gefährdeten Gebieten seien wichtige Einrichtungen wie eine Heizung möglichst nicht im Keller unterzubringen. Nötig seien schließlich auch Solidarsysteme wie eine Versicherung, um einen Ausgleich zwischen stark Gefährdeten und weniger Gefährdeten zu schaffen.

Zweifel im Zukunftsausschuss

Mit Klimawandel und Klimaschutz beschäftigte sich auch der Zukunftsausschuss des Stadtrats – parallel zu dem Vortrag in Schloss Eulenbroich. Martin Beuker, Klimaschutzmanager des Rheinisch-Bergischen Kreises, empfahl, auch in den Kommunen Klimaschutzmanager zu benennen – das sei „fast schon unabdingbar“, sagte er auf Nachfrage von Tom Höhne (FDP).

Bürgerinnen und Bürger müssten dort Ansprechpartner haben, etwa beim Bau von Fotovoltaik-Anlagen, für die es viele Fördertöpfe gebe. Auch im Handwerk seien Ansprechpartner für den Einbau von Anlagen gefragt.

Nach den Kosten für klimafreundliche Maßnahmen , etwa Energieberatung, fragte Judith Dorff (CDU). Sie ließ Zweifel erkennen, damit die Steuerzahler zu belasten. Auch Leonard Nielen, stellvertretender CDU-Fraktionschef, ließ Bedenken anklingen: Er wollte wissen, wie sich Klimaziele auf die lokale Wirtschaft und die Verbraucherpreise auswirken. Jörg Vennedey (AfD) vertrat die Ansicht, der Mensch produziere nur eine geringe Menge CO2 , die Kosten müssten „in Relation dazu stehen“.

Position dagegen bezog Stephan Mohr, stellvertretender Grünen-Fraktionschef: „Nach den drei Trockenjahren und dem Starkregen wird jedem klar, dass Nichtstun das Teuerste ist.“

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