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HaushaltskriseSprudelnde Steuereinnahmen sorgen für vorsichtigen Optimismus in Brühl

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Zu sehen ist das Brühler Rathaus.

Im Brühler Rathaus herrscht vorsichtiger Optimismus, um eine HSK-Pflicht herumzukommen.

Bürgermeister Dieter Freytag und Kämmerer Rolf Radermacher verabschieden sich vom Stadtrat.   

Mit einem Hoffnungsschimmer verabschiedete sich Kämmerer Rolf Radermacher vom Stadtrat gen Ruhestand: Seit Ende Juli habe sich „die Situation dergestalt verändert, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen weiterhin positiv entwickeln“, heißt es in der Vorlage für die Ratssitzung am Montag (1. September). Rund eine Million Euro dürften die in der Stadt ansässigen Unternehmer demnach zusätzlich in den Stadtsäckel zahlen.

Die Wahrscheinlichkeit, mit dem Defizit die Grenzen zu sprengen und zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts (HSK) gezwungen zu sein, ist damit gesunken. Marcus Venghaus, Fraktionsvorsitzender der SPD, zeigte sich erleichtert, wies allerdings auf das weiterhin bestehende Problem hin, als Kommune von Bund und Land nicht auskömmlich finanziert zu sein. „Und auch der Kreis muss überlegen, wie Kommunen entlastet werden können“, so der Sozialdemokrat. Die vom Kämmerer Anfang Juli verhängte Haushaltssperre müsse bestehen bleiben.

Vom Kämmerer verhängte Haushaltssperre gilt vorerst weiter

In dieses Horn stieß auch Simone Holderried, Fraktionschefin der Grünen. Die Sperre aufrechtzuerhalten sei angebracht. Es gelte „sehr transparent“ an den städtischen Finanzen zu arbeiten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Holger Köllejan sagte, er sei nicht so optimistisch. „Wir sind mit dem Thema HSK sicherlich noch nicht durch.“ Sein Pendant von der FDP, Jochem Pitz, verwies erneut auf die gewachsenen Ausgaben für städtisches Personal: „Das sind die Stellschrauben, die wir in der Hand haben.“

Bürgermeister Freytag entgegnete, man bewege sich bundesweit betrachtet im Durchschnitt, wesentlich für die Misere seien allgemeine Faktoren, die man nicht beeinflussen könne. 

Derzeit bewegt sich die Stadt auf ein Minus von 26,3 Millionen Euro zu. Knapp 27 Millionen Euro sollten bis Jahresende nicht überschritten werden. Denn die allgemeine Rücklage darf nicht um mehr als ein Viertel schrumpfen. Sonst droht die HSK-Pflicht. Die Verwaltung hatte auf etwas mehr Luft gehofft. Doch ein geplanter millionenschwerer Grundstücksverkauf lässt sich dieses Jahr nicht mehr realisieren. Der Erlös muss ins nächste Jahr verschoben werden.

Zu sehen sind Dieter Freytag und Rolf Radermacher.

Brühls Bürgermeister Dieter Freytag (l.) und Kämmerer Rolf Radermacher verabschiedeten sich vom Stadtrat.

Falls es nun eng werden sollte, könne zur Reduzierung des Defizits aber eine Entnahme aus der Gewinnrücklage der Stadtwerke erfolgen oder angesichts des lediglich verschobenen Grundstücksgeschäfts auch über einen Verlustvortrag nachgedacht werden, erklärte Radermacher, der seit 2014 Kämmerer in Brühl ist.

Bei der dortigen Verwaltung heuerte er bereits 1982 an, nachdem er zuvor bei der Gemeinde Hellenthal gearbeitet hatte. „Ich verlasse meinen Posten mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits habe ich künftig mehr Zeit für die Familie, andererseits hat mir die Arbeit immer viel Spaß gemacht“, so Radermacher, der den Job an Andrea Jülich übergeben wird. „Den Pfennigfuchser aus der Eifel muss ab jetzt meine Frau ertragen“, rief der Schleidener den Stadtverordneten zum Abschied zu.


Bürgermeister verabschiedet sich mit einem Appell

Dieter Freytag verabschiedete sich bei der letzten Sitzung vor der Kommunalwahl vom Brühler Stadtrat. Er wird am 14. September nicht erneut als Bürgermeister kandidieren. Der 70-Jährige führt die Verwaltung seit 2014. Zuvor war er 23 Jahre als Kämmerer in Brühl tätig. Im September 1979 wurde der Sozialdemokrat erstmals in den Rat gewählt.

Freytag bedankte sich bei Stadtverordneten und städtischen Mitarbeitern für die Zusammenarbeit. „Ich habe die Verwaltung immer sehr gerne geleitet“, sagte er und hatte eine Menge Daten parat. „Ich bin ein Zahlenmensch“, bekannte der scheidende Bürgermeister. Er habe zusammen rund zwei Milliarden Euro in den Haushalten verantwortet und 1000 Stunden Ratsarbeit erlebt. Freytag appellierte an die Bürger, am 14. September wählen zu gehen. Es gehe um die „unterste Ebene staatlichen Handelns“. Dort sei vieles möglich, was in Berlin oder Brüssel nicht gehe. Er mahnte, respektvoll miteinander umzugehen. „Alle eint schließlich das gemeinsame Ziel, Brühl attraktiv und lebenswert zu erhalten“, so Freytag, der mit Applaus verabschiedet wurde.