Pläne von Erftstadt und HürthNeues Gewerbegebiet im zweiten Anlauf

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Erftstadt/Hürth – In einem zweiten politischen Anlauf hat sich doch noch eine politische Mehrheit in Erftstadt gefunden, die ein interkommunales Gewerbegebiet im Nordosten von Kierdorf befürwortet. SPD, FDP, Grüne und Freie Wählergemeinschaft Erftstadt sprachen sich im Ausschuss für Stadtentwicklung einstimmig dafür aus, das Vorhaben gemeinsam mit der Stadt Hürth umzusetzen. Ende 2016 hatte der Rat dieses Ansinnen noch mit den Stimmen von CDU und Grünen abgelehnt.

Dabei geht es um ein rund 100 Hektar großes Areal. Der größte Teil der Flächen liegt südwestlich der Autobahnraststätte Ville-Ost auf Erftstädter Gebiet, der Rest gehört zu Hürth. Im fraglichen Gebiet liegt auch der Barbarahof, der zu Kierdorf gehört.

Die Hürther halten seit Langem an dem Gewerbegebiet-Vorhaben fest, an dem auch die Städte Wesseling und Brühl beteiligt werden sollen. Beide Nachbarkommunen haben zwar keine Flächen in dem Plangebiet, könnten aber den erforderlichen landesplanerischen Bedarf an Industrieflächen in die Kooperation einbringen, den sie auf eigenem Stadtgebiet nicht decken können.

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Die Grünen waren ursprünglich aus Umweltschutzgründen gegen das Gewerbegebiet. „Auch und insbesondere im Hinblick auf die angespannte Haushaltslage der Stadt sind wir noch einmal in uns gegangen“, erläuterte Fraktionschefin Marion Sand nun im Ausschuss. Das Gewerbegebiet könne zusätzliche Einnahmen für die Kommune bringen. Man werde aber streng darauf achten, dass Belange des Umweltschutzes berücksichtigt werden.

Die CDU enthielt sich der Stimme. Sie möchte, dass die Stadtverwaltung vor einer endgültigen Entscheidung im Stadtrat noch einige Fragen beantwortet. „Der Barbarahof ist ein Vollerwerbshof. Wir wollen keine Enteignung und auch keine Zwangsumsiedlung“, betonte CDU-Stadtverordneter Michael Schmalen. Mehr als 40 Hektar Wald müssten dem Gewerbegebiet weichen. Hier sei zu klären, wo Ausgleichsflächen geschaffen werden könnten. Ersatzbäume auf Ackerflächen mit ihren wertvollen Böden zu pflanzen, sei wenig sinnvoll.

Die Stadtverwaltung soll auf Wunsch der CDU eine Stellungnahme des Barbarahof-Betreibers einholen zu der Frage, ob die mögliche Umsiedlung des Hofes in einem Tauschverfahren mit RWE einvernehmlich geregelt werden könnte. Zudem soll ihm ein zeitlicher Rahmen genannt werden.

Einfluss nehmen

SPD, FDP und Grüne machten in einem gemeinsamen Antrag deutlich, dass sie Einfluss darauf nehmen wollen, welche Betriebe in diesem Gebiet angesiedelt werden können. Geprüft werden müssen im weiteren Verlauf der Diskussion auch Verkehrsaufkommen, Umweltverträglichkeit und die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr.

Eine Vergrößerung des Gewerbegebietes May-Werke in Köttingen in einer Größenordnung von knapp zehn Hektar wird davon abhängig gemacht, dass die Orte Köttingen, Kierdorf und Blessem nicht zusätzlich belastet werden.

Einstimmig waren die Beschlüsse zu den Erweiterungsflächen in Friesheim (rund zehn Hektar) und am Wirtschaftspark zwischen Lechenich und Liblar. Dort sollen sowohl südlich als auch nördlich zusätzliche Flächen ausgewiesen werden.

Ebenfalls beschlossen wurde, dass für die Erweiterung des Betriebsgeländes der Logistikfirma DPD eine Änderung des Flächennutzungsplans in Angriff genommen wird. Im Nordosten ragen die geplanten neuen Gewerbeflächen in eine Zone hinein, die im bestehenden Flächennutzungsplan als Grünzug zwischen Lechenich und Liblar eingezeichnet ist.

Bei der Unterbrechung des Grünzugs handelt es sich laut Ausschussvorsitzendem Bernd Bohlen um eine Abweichung von bisherigen Planungszielen. Die Verwaltung solle diese Planung nochmals unter städtebaulichen Aspekten beleuchten.

Im weiteren Verlauf wird bei allen Flächen das gesetzlich vorgeschrieben Flächennutzungsplan- und Bebauungsplanverfahren durchgeführt. Dabei haben auch die Bürger die Möglichkeit, Anregungen und Bedenken einzubringen, erläuterte CDU-Ratsherr Schmalen. Zudem fänden auch noch Bürgerversammlungen statt. Die abschließende Entscheidung zu den Flächen für weitere Gewerbeansiedlung fällt im Stadtrat am 20. März.

Erhebliche Einnahmen

Volker Erner, Bürgermeister in Erftstadt, zeigt sich mit der Entwicklung sehr zufrieden. Er habe die politischen Vertreter immer wieder deutlich ermahnt, sich in dieser Sache zu bewegen und dies auch in seiner Haushaltsrede betont.

Das gemeinsame Gewerbegebiet-Projekt mit den Nachbarkommunen sei eine große Chance. Erftstadt habe die Möglichkeit, 75 Hektar in dieses interkommunale Projekt einzubringen. Die Stadt könne so erhebliche Einnahmen durch Gewerbesteuer erzielen. Das Entwicklungspotenzial des interkommunalen Gewerbegebietes sei enorm.

Dirk Breuer, Bürgermeister in Hürth, begrüßt die neue Entwicklung in Erftstadt. „Für die Region ist es besser, wenn man für mehr Unternehmen Platz schaffen kann.“ Die Hürther hätten das Projekt notfalls auch ohne Erftstädter Beteiligung auf ihren

eigenen Flächen verfolgt. Grundstücke für Industriebetriebe seien generell knapp, sagte Breuer. Landesweit gebe es kaum mehr Möglichkeiten, Flächen für die Ansiedlung von Industrie auszuweisen. Die Flächen zwischen Knapsack und Kierdorf seien ideal, weil sie verkehrsgünstig gelegen seien und leicht an das bestehende Industriegebiet in Hürth-Knapsack angebunden werden könnten. (kom/aen)

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