Tagebau HambachGeplanter See bei Kerpen und Elsdorf macht Niederländern Sorgen

Lesezeit 3 Minuten
Das Seeufer des zukünftigen Hambachsees.

So stellen sich die Planer das Elsdorfer Ufer des zukünftigen Hambachsees vor (Entwurf).

In sechs Jahren fließt das erste Rheinwasser in den Tagebau Hambach. Kritik kommt nicht nur aus der Region, sondern auch aus den Niederlanden.

Ab 2030 entsteht im Tagebau Hambach der tiefste See Deutschlands. Die neuen Pläne dafür hat die Gesellschaft Neuland Hambach gerade erst in Niederzier vorgestellt. Der Aufwand ist gewaltig: Über eine Rheinwasserleitung soll allein in den ersten zehn Jahren ein Minimum von 100.000 Litern Wasser pro Minute in den See laufen. Zweifellos hat das einen gewaltigen Einfluss auf Anrainerkommunen wie Elsdorf und Kerpen – und auf den Rhein.

Die Befürworter des Sees hoffen auf blühende Landschaften und tausende Touristen. Die Kritiker fürchten Dürren in der Region und belastetes Seewasser. Auch 50 Kilometer westlich vom Tagebau, jenseits der niederländischen Grenze, sehen Experten den See kritisch.

Niedrige Rheinpegel erhöhen den Salzgehalt im niederländischen Trinkwasser

In Nieuwegein südlich von Utrecht liegt der Sitz der „Vereniging van Rivierwaterbedrijven“ (RIWA), dem niederländischen Verband der Flusswasserwerke. Für seinen Direktor Dr. Gerard Stroomberg sind die Pläne der Neuland Hambach keine gute Nachricht. Die Trinkwasserversorgung der Niederländer sei stark vom Rhein abhängig, sagt Stroomberg. Vor allem salzhaltiges Wasser aus der Nordsee wirke sich negativ auf sie aus. Führt der Rhein wenig Wasser, kann er das salzhaltige Nordseewasser nicht zurückdrängen.

Alles zum Thema RWE

„Hinzu kommt: Wenn wir niedrige Rheinpegel haben, schließen wir die Wehre für den Schiffverkehr“, erläutert Stroomberg. „Dadurch steigt der Salzgehalt im Rhein noch stärker und mit ihm sinkt die Trinkwasserqualität.“

Hambacher See: Niederlande stark vom Rhein abhängig

Schon vor zwei Jahren litten die Niederländer unter niedrigen Rheinwasserständen. Die Befürchtung in Nieuwegein: Fließt Rheinwasser in den See, verfestigt sich dieser Zustand. Doch Stroomberg sagt auch: „Bisher sieht es so aus, als wären es nur kleine Mengen Rheinwasser, die uns fehlen.“ Noch seien die niederländischen Behörden aber nicht über die endgültigen Pläne im Rheinland informiert.

Tagebau Hambach.

Mindestens 100.000 Liter Rheinwasser sollen ab 2030 pro Minute in den Tagebau Hambach fließen.

Wichtiger ist für RIWA derzeit etwas anderes: dass sich die Wasserqualität des Rheins verbessert. „Die Wasserqualität nimmt ab und weil gleichzeitig der Wasserbedarf steigt, wird es für die Wasserversorger immer schwieriger, zuverlässig Trinkwasser zu liefern“, heißt es im Jahresbericht der RIWA, den Stroomberg mitverfasst hat. Gründe dafür seien etwa Bevölkerungswachstum und Dürreperioden.

Gutachter rechnet mit starkem Algenwachstum im Hambachsee

Hierzulande liegt der Fokus mehr auf der Beschaffenheit des Wassers als auf der Trinkwasserversorgung. Dass der See bis 2040 schon eine Füllhöhe 200 Metern haben soll, hält die Kerpener BUND-Umweltschützerin Jutta Schnütgen-Weber für ein Problem. „Es ist nicht klar, wie sich das auf die Wasserqualität auswirkt“, sagt sie. Sie sorge sich, dass das mineralstoffreiche Wasser zu sauer für die meisten Lebewesen sei – so wie das Zieselsmaar oder die Teiche um die Berrenrather Höhe.

Wichtig sei aus ihrer Sicht, dass der Zustand des Seewassers regelmäßig überprüft werde. Und das am besten in einem Zehn-Jahres-Rhythmus, sagt Schnütgen-Weber. „Aufbauend auf dem Uhlmann-Gutachten muss von instabilen Verhältnissen ausgegangen werden.“ Das Gutachten, auf das sich Schnütgen-Weber bezieht, hat der Geowissenschaftlers Dr. Wilfried Uhlmann 2022 im Auftrag von RWE erstellt.

Im Gutachten beschäftigt sich Uhlmann mit der Wasserqualität des Tagebausees. Für die meisten Gefahrenstoffe gibt Uhlmann Entwarnung. Allerdings würden polyzyklisch-aromatische Kohlenwasserstoffe aus dem Rhein in den Hambachsee gelangen. „Sonnenstrahlung und Mikroorganismen bauen sie aber schrittweise ab“, heißt es in dem Gutachten. Er empfiehlt trotzdem, die entsprechenden Werte zu überwachen.

In der frühen Flutungsphase drohen dem Hambachsee allerdings andere Konsequenzen. Das Rheinwasser enthalte große Mengen der Nährstoffe Phosphor und Stickstoff, schreibt Uhlmann. Das bedeutet: Vor allem in den Sommermonaten werden Algen im Hambachsee stark wachsen. Sauerstoffmangel ist die Folge. Erst mit den Jahren ändert sich das. Absterbende Algen und andere Organismen sollen laut Uhlmann Nährstoffe auf dem Boden des Sees binden. Bis er schließlich nach der Flutungsphase sogar als nährstoffarm gilt. So steht es jedenfalls im Gutachten.

Rundschau abonnieren