Ob Wohnen, Haushalt, Mobilität oder Integration: Das sind die Standpunkte der beiden Bürgermeisterkandidaten.
StichwahlDas haben die beiden Bürgermeisterkandidaten in Kerpen vor

Wer wird im Rathaus bald das Sagen haben? Am 28. September entscheidet der Bürger.
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Rund 52.000 Wahlberechtigte haben am Sonntag, 28. September, in Kerpen die Wahl zwischen zwei Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters: Der CDU-Kandidat Harald Stingl erreichte im ersten Wahldurchgang 33,6 Prozent, der SPD-Kandidat Thomas Jurczyk kam auf 25,2 Prozent der Stimmen. Sie streben die Nachfolge von Dieter Spürck (CDU) an, der aus gesundheitlichen Gründen seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Die beiden Politiker nehmen kurz vor der Stichwahl Stellung zu wichtigen Themen. Elena Pintus stellte die Fragen.
Haushalt und Finanzen
Harald Stingl betont, dass alle Ausgaben „weiterhin auf den Prüfstand“ müssen, damit ein Anstieg städtischer Ausgaben verhindert werden kann: „Dabei möchte ich aber betonen, dass das Einsparpotenzial – insbesondere bei den freiwilligen Leistungen – eher gering ist.“ Um einer strukturellen Unterfinanzierung vorzubeugen, sei vor allem an Bund und Land appelliert, die von dort aufgetragenen Leistungen vollständig gegenzufinanzieren. Vor einer Überschuldung, Unterfinanzierung und möglichen Handlungsunfähigkeit der Kommunen warne der Städte- und Gemeindebund „zu Recht“.
Thomas Jurczyk, der SPD-Bewerber, hat einen ähnlichen Ansatz: Er will „bei den vorhandenen Pflichtausgaben auf die Standards schauen und dort priorisieren, wo Einsparpotenzial vorhanden ist.“
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Wohnen
Wie wollen die Kandidaten mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen? Stingl will „im engen Austausch mit möglichen Investoren bleiben“ und die vorhandenen Handlungsmöglichkeiten, etwa über die Bebauungspläne, nutzen. Er verweist zudem auf das bereits erstellte Programm „Sozialgerechtes Bodenmanagement Kerpen plus“, das hierfür Grundlagen schaffe. Die Entwicklung von Baugebieten müsse maßvoll vorangetrieben werden.

Harald Stingl geht für die CDU in die Stichwahl für das Amt des Bürgermeisters.
Copyright: Elena Pintus
Jurczyk dagegen macht es knapp und setzt auf die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft. Den politischen Entwicklungen der vergangenen Ratssitzung folgend, sind die Weichen für dieses Vorhaben bereits vor seiner möglichen Amtszeit gestellt worden.
Integration
In Sachen Integration sei Kerpen auf einem guten Weg, ist Stingl überzeugt: „Aus dem Bereich Integration stammt der Satz Kerpen gelingt gemeinsam.“ Dies werde vor allem in der Kolpingstadt gelebt, so Stingl, der dies fast täglich „im Umgang mit ehrenamtlich Tätigen aus allen Bereichen“ erlebe. Er räumt aber ein: „Es gilt, das ehrenamtliche Engagement noch besser miteinander zu verknüpfen und Brücken zu bauen, durch kennenlernen und erleben, um noch einen Schritt weiter voranzukommen.“
Dem SPD-Kandidaten zufolge gelingt die Integration Geflüchteter vor allem durch die Bausteine Sprache, Beruf und Integration statt Ghettoisierung. Zudem sei es wichtig, die Anbindung in den sozialen Medien zu finden.
Schulen
Dass viele Schulen in Kerpen sanierungsbedürftig sind, ist bekannt. Laut Stingl waren diesbezüglich in der Vergangenheit Einsparungen aufgrund der Haushaltslage notwendig.
„Dringend notwendige Ausbau- oder Reparaturarbeiten wurden und werden aber weiterhin vorgenommen“, betont er: „Dass hier weiterer Handlungsbedarf besteht, ist klar ersichtlich. Im Rahmen der vorhandenen Ressourcen werde ich Sanierungen weiter vorantreiben. Und in die Zukunft plane ich weiterhin auch – Stichwort: Neubau Europagymnasium, Albert-Schweitzer-Schule oder dritte Grundschule in Sindorf.“
Der Kandidat der Sozialdemokraten Jurczyk dagegen macht deutlich, dass er Schulsanierungen vor anderen Projekten priorisieren wolle.
Mobilität
Wie können Außenbezirke besser an das ÖPNV-Netz angebunden werden? Harald Stingl ist überzeugt, dass Kerpen bereits über ein gutes ÖPNV-Netz verfügt, „das in den vergangenen Jahren stetig verbessert wurde, so dass auch Außenbezirke versorgt sind“. Ein stetiger Austausch mit der REVG, um bei Bedarf nachzubessern und weiter auszubauen, sei aber weiter notwendig. Wichtig sei zudem, die Menschen auch über das bestehende Angebot zu informieren und zur Nutzung des ÖPNV anzuregen.
Jurczyk schlägt einen „Grünen Tisch“ mit der REVG vor, „um auszuloten, wo Verbesserungen möglich sind.“
Kitas
Kitaschließungen durch Personalmangel waren in der Vergangenheit auch in Kerpen ein Thema. Mittlerweile seien hier aber beinahe alle Stellen in der Kolpingstadt besetzt, sagt der CDU-Kandidat Stingl. Er räumt aber ein: Jede Schließung belaste Eltern und Kinder. „Daher müssen die Kernzeiten weiterhin abgedeckt sein, um den Familien Planungssicherheit zu geben. Der Hauptteil des Personals muss in diesem Zeitrahmen zur Verfügung stehen, um gegebenenfalls kurzfristige Ausfälle abfedern zu können.“

Thomas Jurczyk geht für die SPD in die Stichwahl für das Amt des Bürgermeisters.
Copyright: Roberto Frau
Der SPD-Kandidat beantwortet die Frage, wie temporäre Kitaschließungen durch Personalmangel zu verhindern seien mit: „Mit mehr Personal!“ Auch will er neben den Schulsanierungen die Sanierungen der Kitas vorantreiben und priorisiert betrachten.
Pflege
Einen Mangel an Personal sieht Harald Stingl auch in Kerpen im Bereich Pflege: „Viele Pflegeheime und auch mobile Pflegedienste leiden an erheblichem Personalmangel. Diesen gilt es zu bekämpfen.“ Er verweist etwa auf die Caritas-Akademie, die in der Kolpingstadt sitzt und Pflegekräfte ausbildet.
Thomas Jurczyk dagegen sagt: „Es gilt, über den Kreis Druck auszuüben, neue Konzepte zu denken, Synergien, Pflegeangebote in Vollzeit, oder betreutes Wohnen in Verbindung mit Kitas zu schaffen, um eine Vereinsamung unserer älteren Menschen zu verhindern und gleichzeitig das Kita-Personal zu unterstützen.“ Denn dass es zu wenig Pflegeplätze gibt, sieht auch er so.
Wirtschaft
Neue Arbeitsplätze schaffen will der CDU-Kandidat durch die weitere Unterstützung von Gewerbetreibenden und den Ausbau von Gewerbeflächen. Dies sei etwa durch die örtliche Wirtschaftsförderung auch in der Vergangenheit geschehen. Es mangele nicht an Interessenten, sondern an „ausreichend dimensionierten Gewerbeflächen“, sagt Stingl.
Auch der Konkurrent der SPD möchte auf Gewerbeflächen setzen und diese für potenzielle Abnehmer zur Verfügung stellen, allerdings zu „annehmbaren Bedingungen“.
Innenstadt
Auch in Kerpen verzeichnen die Innenstädte vermehrt leerstehende Geschäfte. Diese Entwicklung sowie die Tatsache, dass der Stadt oft die Hände gebunden seien, sofern es sich um Privateigentum handele, seien ein großes Problem, so Stingl. „Hier muss man in den Dialog mit den Eigentümern, Gewerbetreibenden und Interessenten treten, um Missstände zu besprechen und Lösungsansätze zu finden.“
Was die Innenstädte wieder voranbringt? „Handel, Handel, Handel!“, sagt Thomas Jurczyk: „Die Innenstädte müssen wiederbelebt werden. Der Leerstand von vielen Geschäften in Kerpen, etwa an der Hahnenpassage, muss unterbunden werden.“ Zudem setzt er auf „mehr Aktionen im innerstädtischen Bereich, um die Gesellschaft wieder zusammenzuführen.“
Sicherheit
Damit sich Bürger überall und zu jeder Tageszeit sicher fühlen, will Harald Stingl weiterhin einen ständigen Austausch zwischen dem städtischen Ordnungsamt und der Kreispolizeibehörde anstreben. Auch die Feuerwehr müsse künftig unverändert eingebunden werden. Problemzonen und -orte „müssen erkannt und benannt werden, um jeweils maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln“.
Um das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in der Kolpingstadt zu steigern, will Thomas Jurczyk das Ordnungsamt personell stärken sowie eine gezielte Überwachung vor Ort mithilfe der Polizei anstreben.
Bürgernähe
Wie stellen sich die Kandidaten eine bürgerfreundliche Verwaltung vor? Harald Stingl sieht das Rathaus vor allem als einen Ort, der für alle Bürgerinnen und Bürger offenstehen muss. „Ich sehe die Kommunalverwaltung als Dienstleister, und so muss auch der Auftritt gegenüber dem Bürger erfolgen, das heißt immer mit Wertschätzung und lösungsorientiert.“
An die Mitarbeitenden appelliert er: „Wir sind für die Menschen da und behandelt sie so, wie Ihr selber behandelt werden möchtet!“ Er betont zudem die Relevanz der Digitalisierung. „Mit der Digitalisierung von Verwaltungsgängen können Prozesse vereinfacht und beschleunigt werden.“ Dabei dürfte jedoch nicht das Angebot für die Menschen vergessen werden, die die städtischen Leistungen nicht digital in Anspruch nehmen können oder wollen.
Eine bürgerfreundliche Verwaltung stellt sich der Bewerber der SPD „bürgernah, erreichbar, digitalisiert, entbürokratisiert“ vor.