Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

StichwahlNiedrige Wahlbeteiligung in Rhein-Erft – Briefwähler in mehreren Städten verärgert

8 min
Rund 380.000 Wahlberechtigte können am Sonntag (28. September) ihre Stimme abgeben.

Rund 380.000 Wahlberechtigte können am Sonntag (28. September) ihre Stimme abgeben.

In fünf Städten werden Bürgermeister gewählt. Vor 14 Tagen hatte keiner die absolute Mehrheit erreicht. Auch zwei Landratskandidaten gehen ins Stechen.

15 Uhr: Der parteilose Bürgermeisterkandidat Partrick Gartmann kritisiert, dass etliche Briefwähler in Pulheim ihre Stimme nicht abgeben durften: „Dumm gelaufen oder vielleicht sogar gewollt. Es geht hier um die Briefwähler, die ihre Unterlagen nicht erhalten haben und heute wählen wollen, weil sie schließlich berufstätig sind. Die nicht berufstätigen Menschen konnten die ganze Woche im Rathaus wählen gehen. Mal sehen, was noch kommt. Daher ein Fehler der Verwaltung, was Konsequenzen haben muss.“

14.30 Uhr: Aus mehreren Städten werden Probleme aus den Wahllokalen gemeldet. Vornehmlich in Brühl, Kerpen, Frechen und Pulheim wollten mehrere Dutzend Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben. Nachdem sie ihre Briefwahlunterlagen nicht rechtzeitig erhalten hatten, glaubten sie, gegen Vorlage ihres Personalausweises wählen zu können. Das ist aber nicht möglich. Denn die Wahlvorstände können nicht kontrollieren, ob jemand bereits per Briefwahl seine Stimme abgegeben hat.

Bei Wählerinnen und Wählern waren die Enttäuschung und auch die Wut dementsprechend groß. Das Wahlamt in Kerpen hatte nicht öffentlich darüber informiert, dass es Probleme bei der Zustellung der Briefwahlunterlagen gegeben hat und es ausschließlich bis Samstag möglich sein würde, seine Stimme direkt im Rathaus abzugeben. Brühl hatte eine Pressemitteilung verschickt und auf die Probleme zudem auf seiner Homepage hingewiesen. Genützt hat es offenbar nichts. Pulheim wiederum hatte informiert, allerdings war die Stimmabgabe im Rathaus nur bis Freitag möglich.

13.55 Uhr: Für Patrick Gartmann begann der Wahlsonntag in Pulheim wie jeder andere Sonntag auch: Er holte bei Bäcker frische Brötchen für seine Familie. Danach frühstückte der parteilose Bürgermeisterkandidat, der es überraschend in die Stichwahl gegen Amtsinhaber Frank Keppeler (CDU) geschafft hatte. Gegen 11.30 Uhr stand der Weg ins Wahllokal an, wo er seine Stimme abgab.

Trotz aller sonntäglichen Rituale: „Natürlich ist dieser Sonntag kein ganz gewöhnlicher Tag, sondern ein besonderer“, sagt Gartmann. Der Mittag gehöre dann trotzdem ganz seiner Familie. Vielleicht werde er mit seiner Frau und eine Runde walken, „um den Kopf etwas frei zu bekommen“, sagte er auf Anfrage.

Patrick Gartmann hat in Pulheim gewählt.

Patrick Gartmann hat in Pulheim gewählt.

Am Nachmittag werde er dann zu Hause damit anfangen, für seine Unterstützer und Gäste den Abend vorzubereiten. Dort – und nicht im Rathaus wie Keppelers Anhänger – werde er die Auszählung der Stimmen verfolgen. Gartmann sagt: „Wie auch immer dieser Abend verläuft, gibt es für alle etwas zu feiern. Wir alle hatten eine aufregende Zeit.“

Amtsinhaber Keppeler teilte auf Anfrage mit, dass er bereits per Briefwahl seine Stimme abgegeben habe. Er verbringe den Tag mit seiner Frau Jennifer und den beiden gemeinsamen Kindern.

13.20 Uhr: Bis 12 Uhr lagt die vorläufige Wahlbeteiligung bei 31,8 Prozent, teilt die Kreisverwaltung mit. Davon entfielen 7,1 Prozent auf die Urnenwahl, während 24,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme bereits per Briefwahl abgegeben haben.

Zum Vergleich: Bei der ersten Runde der Kommunalwahl vor zwei Wochen lag die Beteiligung zum gleichen Zeitpunkt bei 40,4 Prozent (Urnenwahl: 13,7 Prozent, Briefwahl: 26,7 Prozent). Die nächste Information zur Wahlbeteiligung Stand aus dem Kreisgebiet wird gegen 17 Uhr erwartet (mit Stand 16 Uhr). Die Wahllokale sind noch bis 18 Uhr geöffnet.

13.15 Uhr: Auch Harald Stingl gab seine Stimme in seinem Stimmbezirk Kerpen-Mitte-Ost ab. Der Bürgermeisterkandidat der CDU wählte wie auch im ersten Wahldurchgang mit seiner Mutter. Für ihn geht es heute in die Stichwahl gegen den Kandidaten der SPD, Thomas Jurczyk.

Das Foto zeigt Harald Stingl bei der Stimmabgabe.

Harald Stingl, der CDU-Bürgermeisterkandidat in Kerpen, wählte am Tag der Stichwahl in seinem Stimmbezirk.

12.50 Uhr: Nun hat auch Simone Holderried, Bürgermeisterkandidatin der Brühler Grünen, ihre Stimme abgegeben. Dazu begab sich die 56-Jährige in ein Wahllokal im Brühler Max-Ernst-Gymnasium. „Ich bin hoffnungsfroh und sehr gespannt. Die Arbeit ist gemacht, jetzt geht es um das Ergebnis“, sagte sie. Sie habe zuletzt noch einmal viel Zuspruch erhalten. CDU-Kandidat Marc Prokop hatte seine Stimme bereits per Briefwahl abgegeben. „Ich lenke mich ab und bin mit dem Hund spazieren gegangen“, sagt der 56-Jährige über seinen Sonntagvormittag.

Zu sehen ist Simone Holderried bei der Stimmabgabe.

Simone Holderried, Bürgermeister-Kandidatin der Brühler Grünen, hat ihre Stimme im Max-Ernst-Gymnasium abgegeben.

12.15 Uhr: Landrat Frank Rock (CDU), der sich in der Stichwahl Herausforderin Iris Heinisch (SPD) gegenüber sieht, hat am Morgen seine Stimme in seinem Hürther Wahllokal abgegeben. Sein Programm am Wahltag ist voll: Nach der kleinen Runde mit Hund Robb zum Wahllokal gab es ein Frühstück mit der ganzen Familie, um 11.15 Uhr der Gottesdienst in Efferen, danach das Aufräumen des Wahlkampfbusses und anschließend einen Gang auf den Friedhof. Nach dem Besuch des Festes an der Hürther Moschee soll ein großer Nachmittagsspaziergang mit Familie und Hund folgen.

Heinisch wiederum hat bereits per Briefwahl gewählt und nutzt den Sonntag für Zeit mit ihrem Mann in der Natur. Am Nachmittag besucht sie ein Konzert in der Marienkapelle in Erftstadt.

Zu sehen ist Frank Rock, Landrat des Rhein-Erft-Kreises, wie er einen Zettel in eine Wahlurne einwirft.

Landrat Frank Rock gibt am Sonntagmorgen, 28. September, seine Stimme für die Stichwahl in seinem Hürther Wahllokal ab. Iris Heinisch (SPD) und er ringen um den Chefposten im Kreishaus.

11.30 Uhr: Auch der Frechener CDU-Bürgermeisterkandidat Gerd Koslowski nutzte den Vormittag zur Stimmabgabe. Er wurde von seiner Frau Ruth und seiner Mutter beim Wahlgang begleitet. Er holte im ersten Wahldurchgang 39,9 Prozent der Stimmen, sein Konkurrent von der SPD, Uwe Tietz, kam auf 34,9 Prozent.

Auf dem Bild ist das Ehepaar Ruth und Gerd Koslowski bei der Stimmabgabe zu sehen.

Der CDU-Bürgermeisterkandidat Gerd Koslowski gab gemeinsam mit seiner Frau Ruth am Vormittag seine Stimme ab.

Koslowski geht den Wahltag nach eigenen Angaben „entspannt“ an: „Erst einmal bin ich heute Morgen eine Runde Laufen gewesen. Dann habe ich mit meiner Mutter und meiner Frau gewählt. Vielleicht gehen wir heute Mittag noch etwas spazieren. Heute Abend treffen sich die CDU-Wahlkämpfer in der Kreisgeschäftsstelle der CDU in Frechen bei Pizza und Pasta.“

10.30 Uhr: In Frechen hat der SPD-Bürgermeisterkandidat Uwe Tietz am Vormittag seine Stimme für die Stich- und Landratswahl im Wahllokal abgegeben. Er stimmte gemeinsam mit seiner Frau Kerstin und Tochter Muriel ab, auch Familienhund Titus kam mit an die Wahlurne.

Auf dem Bild ist der SPD-Kandidat Uwe Tietz mit seiner Frau, seiner Tochter und dem Familienhund an der Wahlurne zu sehen.

Der Bürgermeisterkandidat der SPD in Frechen, Uwe Tietz, seine Frau Kerstin und Tochter Muriel gaben am frühen Vormittag ihre Stimmen ab.

Tietz tritt gegen Gerd Koslowski (CDU) an. Koslowski erhielt im ersten Wahldurchgang 39,9 Prozent, Tietz kam auf 34,9 Prozent der Stimmen. 

Den heutigen Wahlsonntag widmet Uwe Tietz seiner Familie: „Am Tag der Stichwahl gehört die Zeit ganz meiner Familie. In den vergangenen Monaten mussten meine Frau und meine Tochter oft zurückstecken. Deshalb ist das ihr Tag – und ich lasse mich überraschen, was sie mit mir vorhaben.“

Ab circa 18 Uhr wird er mit seinen Parteikollegen im Alten Sitzungssaal des Rathauses zusammen kommen – zu dieser Veranstaltung hat die Partei auch Vertreter der unterstützenden Parteien eingeladen. Tietz wird von allen demokratischen Parteien des neuen Stadtrats - bis auf die CDU- als Bürgermeister favorisiert: Die Perspektive für Frechen, die Grünen, die FDP, das BSW und die Linken hatten ihre Unterstützung für den SPD-Kandidaten im Vorfeld der Stichwahl öffentlich gemacht. Auch der dritte Bürgermeisterkandidat, Wolfgang Höfig von der Perspektive für Frechen, der es mit 25,2 Prozent nicht in die Stichwahl geschafft hat, hat sich für Uwe Tietz ausgesprochen und ihm viel Erfolg gewünscht. 

Das Rathaus in Frechen ist im Gegensatz zum ersten Wahlsonntag ab 18 Uhr für die Bürgerinnen und Bürger geöffnet: Im Neuen Sitzungssaal werden die Ergebnisse übertragen.

10.15 Uhr: Die SPD Bergheim hat ihre Anhänger erneut dazu aufgerufen, dem amtierenden Bürgermeister Volker Mießeler (CDU) ihre Stimme zu geben. Er tritt in der Stichwahl gegen Wolfgang Linke (AfD) an. „Als Sozialdemokraten sind wir dem Erhalt unserer Demokratie verpflichtet“, heißt es in einem Post der Sozialdemokraten auf ihrer Facebook-Seite. Und weiter: „Setzt ein Zeichen für Demokratie und gegen Populismus und Rechtsextremismus.“

Mießeler hatte vor 14 Tagen 49,7 Prozent erhalten, Linke, 18,7. Dem CDU-Politiker hatten 88 Stimmen für die absolute Mehrheit gefehlt.

Für sie sei es selbstverständlich, in einer Stichwahl gegen „gegen einen Kandidaten einer unserer Meinung nach verfassungsfeindlichen Partei“ den demokratischen Kandidaten zu unterstützen.

8 Uhr: Die Wahllokale zwischen Bedburg und Wesseling haben geöffnet. Bis 18 Uhr können rund 380.000 Wahlberechtigte ihre Stimme für die Stichwahl abgeben. Gesucht werden fünf Bürgermeister und ein Landrat.

Wird Simone Holderried die erste Bürgermeisterin der Grünen im Rhein-Erft-Kreis? Oder verteidigt Marc Prokop (CDU) in Brühl seinen Vorsprung aus der Wahl vor 14 Tagen – so wie auch die vier anderen Bürgermeisterkandidaten seiner Partei, die am Sonntag (28. September) in die Stichwahl müssen? Harald Stingl in Kerpen, Gerd Koslowski in Frechen, Frank Keppeler in Pulheim und Volker Mießeler in Bergheim?

Oder aber gelingt es Thomas Jurczyk und Uwe Tietz in Kerpen und Frechen, die Rathäuser für die SPD zu erobern? Was Balsam für die Sozialdemokraten wäre, die bei der Kommunalwahl erneut Stimmen einbüßen mussten.

Stichwahlen kommen erfahrungsgemäß nicht über 40 Prozent hinaus

Und am Abend wird auch die Frage beantwortet, ob Frank Rock (CDU) eine zweite Amtszeit als Landrat erhält, oder ob seine Herausforderin Iris Heinisch (SPD) den Rückstand von rund 45.000 Stimmen wettmachen kann.

Das entscheiden 380.000 Wählerinnen und Wähler am Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr – so lange sind die Wahllokale zwischen Bedburg und Wesseling geöffnet. Doch längst nicht alle werden ihre Stimme abgeben. Vor 14 Tagen lag die Wahlbeteiligung bei knapp 60 Prozent – da wurden auch die Stadträte gewählt. Stichwahlen kommen erfahrungsgemäß nicht über 40 Prozent hinaus. Vor fünf Jahren betrug sie im Rhein-Erft-Kreis enttäuschende 34,4 Prozent.

Bergheim: Weniger Anträge für die Briefwahl als für den 14. September

Und es deutet nichts darauf hin, dass sich diese Entwicklung umkehrt. So teilte eine Sprecherin der Kreisstadt Bergheim gestern mit, dass   bis Freitag 8292 Wahlbriefe im Wahlbüro   eingegangen seien. Vor 14 Tagen waren es rund 2500 mehr. Ähnlich niedrige Zahlen über die Rückläufe sind auch aus anderen Rathäusern zu hören.

Am mangelnden Einsatz der zehn Männer und zwei Frauen und ihrer Parteien und Unterstützer hat es jedenfalls nicht gelegen. In den vergangenen Tagen wurde vielerorts noch einmal massiv plakatiert – die CDU in Frechen war besonders emsig –, die Social-Media-Kanäle wurden gefüllt, und zahlreiche Verbände und Organisationen haben die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, zur Wahl zu gehen.