Mario Loskill war der dienstälteste Bürgermeister im Kreis und trat aus freien Stücken nicht mehr an. Der 52-Jährige freut sich auf einen neuen Job.
„Ich habe fast alle Ziele erreicht“Bürgermeister von Ruppichteroth freut sich auf den neuen Job

Mario Loskill vor dem Wappen am Rathaus Schönenberg, mit der lateinischen Aufschrift „mons praeclare“ (ganz klarer Berg), die für Schönenberg steht.
Copyright: Cordula Orphal
An das erste Interview vor seiner Wahl zum Bürgermeister vor rund 16 Jahren erinnern wir uns beide sehr gut. Durch seinen Garten in Ennenbach watschelten zwei Laufenten, und Mario Loskill verriet, reiten lernen zu wollen, um mit seiner Frau auf dem Pferderücken die Landschaft zu genießen. Dieses Ziel hat er erreicht, wie so manches andere. Nun treffen wir uns zum letzten Gespräch im Bürgermeisterbüro, das der 52-Jährige in wenigen Tagen räumen wird.
Was werden Sie beruflich tun ab November, wird es eine Tätigkeit im Sozialen sein, wie zu hören ist?
Diese Frage bewegt tatsächlich viele Menschen, die Bürger sprechen mich an, und ich kommuniziere das auch offen. Noch ist tatsächlich nichts entschieden, ich habe drei Optionen: eine Position im öffentlichen Dienst, da ist man auf mich zugekommen. Interessant fände ich auch eine Tätigkeit als kommunaler Berater in einer privaten Gesellschaft oder als Berufsbetreuer, hier habe ich letztens ein Tagesseminar besucht. Und ich betreue schon länger ehrenamtlich eine junge Frau aus der Nachbarschaft.
Sie waren ja der dienstälteste Bürgermeister im Kreis und einer der wenigen parteilosen, wird Ihnen das nicht fehlen?
Die Menschen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte, werden mir fehlen. Mein tolles Team. Noch ist zu tun, ich bereite die konstituierende Ratssitzung mit vor, und ich arbeite den neuen Bürgermeister ein, es ist schon wichtig, dass sich der Amtsinhaber und der Nachfolger verstehen. Es ist schön, selbstbestimmt zu gehen. Abgewählt zu werden, trotz guter Arbeit, wie es meinen geschätzten Kolleginnen in Neunkirchen-Seelscheid und Lohmar passierte, ist schon bitter.
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Waren Sie zuletzt auch ein wenig amtsmüde?
Nein, überhaupt nicht. Ich wollte mich zur rechten Zeit noch einmal beruflich neu orientieren, strebe aber auch eine Aufgabe an, die mir etwas mehr Zeit für die Familie lässt, meine Frau und meine Tochter, sie ist jetzt 15 und hat mich ja nur als Bürgermeister erlebt, mit häufigen Terminen abends und am Wochenende. Ich gehe zufrieden, meine Ziele sind erreicht.
Was haben Sie bewegt?
Erstens wollte ich mehr Wohnraum schaffen, ein Gebiet in Schönenberg ist fertig, zwei sind in der Entwicklung. Zweitens etwas für den Einzelhandel und das Gewerbe tun. Das Huwilcenter läuft, das erste Gewerbegebiet ebenfalls, das zweite, Ruppichteroth Nord-Ost, ist im Entstehen. Drittens ging es mir um unsere Kinder und Jugendlichen, unsere Hauptschule kränkelte, zusammen mit Nümbrecht haben wir eine leistungsfähige Sekundarschule geschaffen, mit neuen Raummöglichkeiten und einer Mensa. Die Mobilität wurde mit der Linie Buslinie 531 und dem Schnellbus ebenfalls verbessert, den Bürgerbusverein habe ich mitgegründet.
Was ist Ihnen nicht gelungen?
Die finanzielle Lage bedrückt mich. Ich hätte gern einen ausgeglichenen Haushalt übergeben. Wir haben tatsächlich zweimal einen Jahresabschluss im Plus geschafft, vor Corona. Danach war es vorbei. Das ist aber nicht nur mein Los, so geht es den meisten Kommunen. Entweder Bund und Land geben uns echtes Geld, oder man entlastet uns von Sozialleistungen. Ich hoffe auf eine Altschuldenregelung, das Investitionspaket dürfte nur ein Strohfeuer bewirken.
Sie haben vor rund zwei Jahren Schlagzeilen gemacht mit der Ankündigung, die Grundsteuern exorbitant zu erhöhen. Am Ende ist es anders gekommen. War der Druck der Öffentlichkeit zu hoch?
Ich habe das nie so gemeint, wollte nur deutlich machen, dass wir nur eine Chance haben, um einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. 1550 Prozent, das war mir von Anfang an klar, hätte die meisten Bürger überfordert. Wir haben uns dann mit der Politik auf 850 verständigt, das ist auch schon hoch. Gespart haben wir mit interkommunaler Zusammenarbeit, zum Beispiel beim Archivwesen, durch die Abgabe aller städtischen Kindergärten an andere Träger und durch Fremdfirmen bei der Reinigung.
Hätten Sie das Grundsteuer-Thema anders vermitteln müssen?
Ja, das war ganz klar ein Kommunikationsfehler, dafür habe ich mich auch entschuldigt. Und die meisten Bürger haben es dann auch verstanden. Für mich waren aber die persönlichen Angriffe erschreckend, meine Familie wurde bedroht. Die Aggressivität ist eindeutig gestiegen mit den Jahren, sie geht aber nach wie vor von einer kleinen Minderheit aus.
Worauf freuen Sie sich am meisten?
Erstmal nehme ich mir eine Auszeit bis Ende des Jahres. Ich werde häufiger in Ruhe mit meiner Frau frühstücken, in Ruhe Tierfutter kaufen, mit der Familie ausreiten. Laufenten haben wir nicht mehr, nach dem dritten Erpel, den der Fuchs geholt hat, war Schluss. Dafür aber zwei Hunde. Bei Spaziergängen kann ich mich sehr gut entspannen und auch beim Rasenmähen. Wir planen E-Bike-Touren in der Gegend. Vielleicht spiele ich auch wieder Fußball. Zuschauen ist auch schön, vor allem bei den Spielen meiner Tochter. Und beim FC, die ganze Familie ist Mitglied.

