Prozess in BonnLohmarer wegen 15-fachen Missbrauchs von Kindern zu Haftstrafe verurteilt

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Der Eingang zum Bonner Landgericht.

Ein Lohmarer wurde am Landgericht Bonn zu fünf Jahren Haft verurteilt. (Symbolbild)

Ein 36-Jähriger aus Lohmar hatte sich in Chats zwei Jahre lang als Jugendlicher ausgegeben, um Kontakt zu Kindern aufzubauen.

Zwei Jahre lang hatte der Mann aus Lohmar ein Doppelleben geführt, war tagsüber ehrbarer Kaufmann, nachts oder an Wochenende jedoch lebte er seine pädophile Neigung aus, von der er seit 2012 weiß. Als die sichtbar wurde, ging „seine ganze bürgerliche Existenz den Bach runter“, formulierte es gestern Wolfgang Schmitz-Justen, der Vorsitzende der 2. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts.

Denn die Lebensgefährtin des Angeklagten, mit der er gerade ein Eigenheim gekauft hatte, machte Knall auf Fall Schluss mit ihm, er verlor seinen Job, und muss nun wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes, 15-fachen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt sowie Verbreitung von Kinderpornografie für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

Lohmarer hatte seit dem Start der Ermittlungen alles gestanden

Die Strafe wäre weit höher ausgefallen, wenn der 36-Jährige nicht seit dem Beginn der Ermittlungen im Herbst vergangenen Jahres alles gestanden hätte. So ersparte er den Kindern eine Aussage vor Gericht.

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45 Sexualstraftaten hatte die Staatsanwaltschaft angeklagt, einige Fälle stellte die Kammer ein, am Ende gab es 35 Geschädigte, „das ist sehr, sehr viel“, so der Richter. Laut Urteil suchte der Mann zwischen November 2020 und November 2022 auf verschiedenen Plattformen Kontakt zu neun- bis 13-jährigen Mädchen, gab sich als 16-jähriger Junge aus, nannte sich mal Leon, mal Julian und brachte die Kinder nach einiger Zeit dazu, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen, diese zu fotografieren oder als Video aufzunehmen und ihm die Bilder zu schicken.

Auch er selbst sandte eindeutige Fotos von sich. Der Angeklagte ging dabei, so der Richter, „sehr manipulativ und perfide“ vor, habe seine „intellektuelle Überlegenheit“ gegenüber den Mädchen ausgenutzt. Wenn es zu seiner Zufriedenheit gelaufen sei, antwortete er mit einem  Herzchen-Emoji, verschenkte auch mal Gutscheine über 10 oder 15 Euro. Lief es nicht nach seinen Wünschen, tadelte er oder brach den Kontakt ab. Mit einem Opfer soll er sich getroffen haben. Einige der Videos bot er in einschlägigen Kreisen zum Tausch an.

Lohmarer verurteilt: Vater einer Zwölfjährigen fiel der Missbrauch auf

Der Missbrauch flog auf, als der Vater einer Zwölfjährigen ins Zimmer seiner Tochter kam und sie dabei überraschte, wie sie nackt vor dem Spiegel stand und für den Lohmarer ein Filmchen drehte. Der Vater schaltete die Polizei ein, die dem Angeklagten schnell ausfindig machte und bei einer Razzia in seinem Haus die gesamten Dateien beschlagnahmte, darunter Kinderpornos, die er getauscht hatte. Am 18. November 2022 wurde er festgenommen, einen Tag vorher hatte er noch mit einem Kind gechattet.

Für die Opfer hat der Missbrauch „ganz schlimme Folgen“, aus den Akten wisse die Kammer, dass Eltern einer Tochter gedroht hätten, sie zu verstoßen, weil sie dem Angeklagten zu Willen gewesen sei, sagte Schmitz-Justen.

Er kritisierte in der Urteilsbegründung, dass der Gesetzgeber den Besitz von Kinderpornografie härter bestrafe als die Tat, mit der ein Kind gezwungen werde, an sich selbst sexuelle Handlungen vorzunehmen.  Der Deutsche Richterbund hatte unlängst die von der Großen Koalition beschlossene drastische Strafverschärfung für Kinderpornografie und Kindesmissbrauch als „nicht praxistauglich“ bezeichnet. Die Ampelkoalition strebt eine Neuregelung an.

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