Nach Abstieg1. FC Köln vor Hängepartie bei Kaderplanung – Maina als Schnäppchen

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Christian Keller steht mit gesenkten Kopf auf dem Spielfeld.

Steht gehörig unter Druck: FC-Sportchef Christian Keller, der den Abstieg zu verantworten hat.

Der 1. FC Köln schwebt in einer prekären Situation. Nach dem Abstieg fällt die Transfersperre dem FC mit voller Wucht auf die Füße. Gleich sieben Ausstiegsklauseln erschweren die Planungen massiv.

Der letzte Eindruck passte zum Bild, das der 1. FC Köln bei der Schmach von Heidenheim abgegeben hatte. Kein einziger Spieler ließ sich am Montagabend beim Saisonausklang blicken, zu dem der Absteiger aus der Fußball-Bundesliga seine Mitarbeiter ins Geißbockheim geladen hatte. Nicht einmal Repräsentanten wie Kapitän Florian Kainz oder der Mannschaftsrat waren anwesend, als der Club, der sich öffentlichkeitswirksam gerne als „FC-Familie“ bezeichnet, in den schwärzesten Stunden der jüngeren Vereinsgeschichte zusammenkam. Zwar war der Mannschaft von Noch-Trainer Timo Schultz am ersten offiziellen Tag ihrer Sommerpause eine Teilnahme freigestellt. Gleichwohl ließ die vollständige Abwesenheit der FC-Profis tief blicken. Zusammenhalt sieht anders aus.

Ebenjenes Miteinander wird beim abgestürzten Europapokal-Teilnehmer von 2022 in diesem Sommer auf eine noch nie dagewesene Probe gestellt. Nach dem siebten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte fällt die bis Januar 2025 geltende Transfersperre dem FC mit vollem Gewicht auf die Füße. Zusätzlich verschärft wird die prekäre Situation, indem – entgegen der beschwichtigenden Aussagen von Sportchef Christian Keller auf dem Mitglieder-Stammtisch im Januar – gleich sieben Spieler den Club per Ausstiegsklausel verlassen können (die Rundschau berichtete).

Es ist eine extrem schwierige Situation mit der Transfersperre, weil wir nicht wissen, was für einen Kader wir zur Verfügung haben werden.
Florian Kainz, Kapitän 1. FC Köln

Torwart Marvin Schwäbe, die Innenverteidiger Jeff Chabot und Timo Hübers, der defensive Mittelfeldspieler Eric Martel sowie die Offensivakteure Florian Kainz, Jan Thielmann und Linton Maina verfügen in ihren Arbeitspapieren allesamt über eine entsprechende Vereinbarung, nach der sie sich gegen Zahlung einer Ablöse einer neuen Aufgabe stellen können. Ebenfalls zu bedenken ist, dass Dejan Ljubicic bereits vor der Saison wegwollte. Für den aufstrebenden Max Finkgräfe dürften sich auch ohne Ausstiegsklausel interessante Optionen auftun. Dem FC droht ein Ausverkauf, ohne dass er durch externe Zugänge gegensteuern kann.

Umso verwunderlicher ist in diesem Zusammenhang, dass Christian Keller als eigentlich naheliegende Reaktion auf die Transfersperre offenbar keine Anstrengungen unternommen hat, die Ausstiegsklauseln der Wechselkandidaten abzukaufen. Stattdessen stehen die Kölner vor einer wochenlangen Hängepartie mit ungewissem Ausgang. Erst Mitte, Ende Juni herrscht wohl endgültig Klarheit darüber, welche der sieben Spieler von ihrer Ausstiegsklausel tatsächlich Gebrauch machen werden. Ein Schwebezustand, der auch Auswirkungen auf die Trainersuche haben könnte.

Linton Maina kann offenbar für nur eine Million Euro Ablöse gehen

Als nahezu sicher gilt, dass Abwehrchef Jeff Chabot für eine kolportierte Ablöse von vier Millionen Euro dem Lockruf von Vizemeister VfB Stuttgart folgen wird, der sich bereits die ablösefreien Dienste von FC-Talent Justin Diehl gesichert hat. Bei Timo Hübers soll die Entschädigung etwas geringer fixiert sein. Linton Maina wird wiederum zum Schnäppchen. Nach Rundschau-Informationen soll der Sprinter für gerade mal eine Million Euro gehen können. Florian Kainz ließ seinen Verbleib zunächst offen. „Ich habe Vertrag in der Zweiten Liga. Alles Weitere werden wir sehen“, sagte der Kapitän kurz nach Besiegelung des Abstiegs. Kainz brachte das ganze Dilemma des FC auf den Punkt: „Es ist eine extrem schwierige Situation mit der Transfersperre, weil wir nicht wissen, was für einen Kader wir zur Verfügung haben werden“, zeigte sich der Österreicher nachdenklich.

Auch deshalb überrascht es, dass die sportliche Leitung um Christian Keller und Thomas Kessler erst Anfang Mai in die Gespräche mit den Spielern eingestiegen sein soll. Die lange Zeit fehlende Kommunikation soll für Unsicherheit in der Mannschaft gesorgt haben. Mit gutem Beispiel voranging dagegen Mark Uth, der am Tag vor dem Endspiel in Heidenheim seinen Verbleib zusicherte. „Der Verein bedeutet den Menschen in Köln alles, auch mir. Deshalb bleibe ich auch in der Zweiten Liga“, sagte der gebürtige Porzer, dessen bis 2025 laufender Vertrag ursprünglich nur für die Erste Liga Gültigkeit hatte. Uth richtete einen eindringlichen Appell an seine Mitspieler: „Ich hoffe, dass es mir einige nachtun, weil wir eine Transfersperre haben und jeden Spieler brauchen. Ich habe es so früh gemacht, um ein Zeichen zu setzen, damit einige Jungs sagen: ‚Okay, wir packen mit an‘.“


Fall Potocnik beim Mitglieder-Stammtisch

Es dürfte hochinteressant werden, wenn der 1. FC Köln am Mittwoch, 12. Juni (18 Uhr), seinen nächsten Mitglieder-Stammtisch abhält. Aufgrund des zu erwartenden großen Andrangs wurden als Ausrichtungsort wie schon im Januar die MMC-Studios in Ossendorf reserviert. „Wir möchten aufzeigen, unter welchen Voraussetzungen wir in die kommende Spielzeit gehen und welche Schlüsse wir nach der Aufarbeitung der Transfersperre ziehen. Vor allem wollen wir deutlich machen, warum wir trotz der riesigen sportlichen Enttäuschung davon überzeugt sind, dass der langfristig eingeschlagene Weg der letzten drei Jahre der richtige Weg für unseren FC ist“, schreiben Werner Wolf, Eckhard Sauren und Carsten Wettich in der am Dienstag versendeten Einladung. Zum Abstieg äußerte sich das Präsidium vorab wie folgt: „Es war eine Saison, die geprägt war von vielen Rückschlägen. Es war eine Saison, die mit einer weiteren wirtschaftlichen Stabilisierung des FC verbunden war. Es war eine Saison, in der Fehler gemacht wurden.“ (tca)

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