Jakub Kaminski hat erst drei Pflichtspiele für den 1. FC Köln absolviert und ist schon Leistungsträger. Tobias Carspecken hat den 23-Jährigen vor seiner Rückkehr am Samstag zu seinem Ex-Klub VfL Wolfsburg zum Gespräch getroffen.
Jakub Kaminski zum 1. FC Köln„Die Leute hier sind alle verrückt - ich finde das total super“

Jubelt auch im Trikot der polnischen Nationalmannschaft: FC-Profi Jakub Kaminski (l.).
Copyright: IMAGO/Newspix
Herr Kaminski, Sie haben Ihr Tor beim 3:1-Sieg der polnischen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Finnland mit einem Radschlag gefeiert. Sind Sie auch ein guter Turner?
Meine Eltern waren Gymnastiktrainer. In der Jugend war ich jeden Tag in der Sporthalle, um zu üben. Der Radschlag ist meine Art des Jubelns. Ich mag ihn sehr.
Was bedeutet Ihnen dieses Erfolgserlebnis?
Alles zum Thema Fußball-Bundesliga
- 1. FC Köln Drei etablierte Spieler stehen nicht im Kader
- Gegen Frankfurter Eintracht Schwere Bayer-Premiere für Hjulmand
- Drei Tore in sechs Spielen Malek El Mala sorgt beim 1. FC Köln für Highlights abseits des Rampenlichts
- Frauenfußball Trainerin Britta Carlson fordert vom 1. FC Köln Mut und Intensität
- Hjulmand startet Vom „Seelsorger der Nation“ zum Krisenmanager bei Bayer 04
- 1. FC Köln Wolfsburg gegen Köln wird zum Duell der Überraschungstrainer
- 1. FC Köln Timo Hübers spürt die Leichtigkeit des erfolgreichen Auftakts
Es war ein wichtiger Sieg für uns. Unsere Ausgangsposition ist jetzt viel besser als noch im Juni. Ich freue mich auch deshalb besonders, weil ich mehr als 20 Spiele auf mein zweites Tor für die polnische Nationalmannschaft warten musste. Jetzt hoffe ich, dass schon bald weitere Tore hinzukommen.
Es zeichnet sich ein Zweikampf mit den Niederlanden um den Sieg in der Gruppe G ab. Wie groß ist Ihre Hoffnung?
Sollten wir die Niederlande im Rückspiel schlagen, können wir die Gruppe sogar gewinnen. Realistischer ist aber der zweite Platz. Dann hätten wir die Möglichkeit, uns über die Playoffs für die WM zu qualifizieren.
Was würde Polen und Ihnen persönlich eine WM-Teilnahme bedeuten?
Wir haben uns seit 2016 für alle großen Turniere qualifiziert und wollen auch 2026 dabei sein. Das wäre sehr wichtig für uns. Ich selbst habe vor drei Jahren in Katar meine erste WM-Teilnahme erleben dürfen. Es wäre unglaublich für mich, auch in den USA, Kanada und Mexiko dabei zu sein.
Haben Sie mit Blick auf die WM 2026 bewusst nach einem Klub gesucht, der Ihnen viel Spielzeit geben kann?
Spielzeit ist sehr wichtig für mich. Ich habe mir eine gute Ausgangsposition in Köln erarbeitet und hoffe auf eine erfolgreiche Saison, an deren Ende ich zur WM fahren möchte. Das wäre ein Traum für mich.
Warum ist Ihre Wahl auf den 1. FC Köln gefallen?
Nach drei Jahren in Wolfsburg brauchte ich ein neues Ziel in meiner Karriere. Ich habe zwar 70 Bundesligaspiele für den VfL absolviert, musste aber häufig die Position wechseln. Dadurch habe ich nicht das nötige Vertrauen gespürt. In Köln ist das anders. Thomas Kessler und Lukas Kwasniok sehen meine Qualität.
Warum konnten Sie sich in Wolfsburg nicht durchsetzen?
Wolfsburg hat mich im Alter von 20 Jahren für zehn Millionen Euro Ablöse aus Posen gekauft. Da war ich noch sehr jung, und es war nicht ganz einfach für mich. Ein neues Land, das hohe Level in der Bundesliga. Dennoch war das ein guter Schritt für mich.
Warum spielen Sie am liebsten auf der linken Seite?
Meine bislang beste Saison habe ich als Linksaußen bei Lech Posen gespielt. Wir wurden polnischer Meister. Bei Posen haben wir mit Viererkette gespielt, ich fühle mich aber auch in Köln mit Dreierkette wohl. Es fühlt sich gut an, mit den Jungs auf dem Platz zu stehen. Ich bin ein schneller, dynamischer Spieler, der viel laufen kann, auch hochintensiv gegen den Ball. Deshalb ist diese Position gut für mich.
Sie sind zunächst bis Saisonende ausgeliehen, der FC verfügt aber über eine Kaufoption. Können Sie sich einen langfristigen Verbleib vorstellen?
Unser Ziel ist klar: Wir wollen in der Bundesliga bleiben. Wenn wir das schaffen, spricht nichts dagegen, dass ich für die nächsten Jahre hierbleibe. Dafür werde ich alles geben diese Saison.
Die FC-Mannschaft ist neu zusammengestellt. Wie ist Ihr Eindruck?
Wir haben eine gute Stimmung und Energie im Team. Die Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern passt auf jeden Fall sehr gut.
Köln ist als Aufsteiger mit zwei Siegen hervorragend gestartet. Hat Sie das überrascht?
Der Start ist gut. Jetzt geht es darum, diese Leistungen über einen längeren Zeitraum zu bestätigen. Die Fans dürfen gerne von Europa träumen (lacht). Als Mannschaft müssen wir uns aber auf jedes Spiel neu konzentrieren. Wir haben noch einen langen Weg vor uns und müssen immer alles geben. Dann schauen wir, was herauskommt.
Marius Bülter, Jan Thielmann und Sie haben zusammen bereits vier Tore erzielt. Warum klappt das Zusammenspiel so gut?
Wir verstehen uns gut. Das Verständnis für das Spiel des anderen ist da. Wir haben keine klaren Positionen, sondern wechseln viel, mit einem hohen läuferischen Aufwand und einer hohen Intensität. Wir haben vorher noch nie zusammengespielt, Bülti ist erst spät dazugekommen. Aber dafür klappt es wirklich schon gut – und wir können unsere Gegner damit vor Probleme stellen.
Der Konkurrenzkampf ist auf der linken Seite besonders groß. Spornt Sie das zusätzlich an?
In der Bundesliga ist die Konkurrenz in jeder Mannschaft groß. Man muss immer bereit sein und sich in jedem Training und Spiel beweisen. Auch ich muss um meinen Platz kämpfen. Said (El Mala) lauert auf seine Chance.
FC-Trainer Lukas Kwasniok wurde wie Sie in Polen geboren. Haben Sie dadurch ein engeres Verhältnis zueinander?
In Einzelgesprächen sprechen wir auf Polnisch miteinander. Dann können wir noch mehr ins Detail gehen. Das ist gut für uns beide.
Wie nehmen Sie den Coach wahr?
Der Trainer ist sehr motiviert. Er hat vorher noch nicht in der Bundesliga trainiert und will zeigen, dass er das kann. Er bringt viel Energie und gute Stimmung rein. Wir sind eine gute Mannschaft, die ideal zu seinen Vorstellungen passt.
Beim 4:1-Heimsieg gegen Freiburg haben Sie Ihr erstes FC-Tor erzielt. Wie haben Sie die Stimmung im Stadion erlebt?
Die Leute hier sind alle verrückt. Ich finde das total super. Die Fans sind unser zwölfter Mann. Wir brauchen sie für unsere Energie auf dem Platz.
Wie fühlt sich die Wucht des 1. FC Köln im Vergleich zum VfL Wolfsburg an?
Es ist ganz anders hier und nicht miteinander zu vergleichen. In Wolfsburg gibt es nicht so viele Zuschauer. Hier dreht sich alles um den FC. Die Aufmerksamkeit ist viel größer.
Am Samstag geht es für Sie erstmals zurück nach Wolfsburg. Muss man Sie überhaupt noch motivieren?
Es ist ein besonderes Spiel für mich – und natürlich bin ich voll motiviert. Es ist kurios, dass ich bereits am dritten Spieltag nach Wolfsburg zurückkehre. Ich habe dort auf und neben dem Platz Freunde gefunden. Jetzt bin ich aber Spieler des 1. FC Köln. Ich werde alles dafür geben, damit wir das Spiel gewinnen.
Haben Sie noch Kontakt nach Wolfsburg?
Ich stehe mit Spielern und Mitarbeitern in Kontakt. Nach dem Spiel können wir gerne sprechen. Vor dem Spiel muss die Freundschaft ruhen (lacht).
Der VfL ist mit vier Punkten gegen Heidenheim und Mainz gestartet. Wie schätzen Sie die Mannschaft ein?
Das ist schwer zu sagen. Der Trainer (Paul Simonis; Anm. d. Red.) ist neu, viele Spieler sind neu und mit Christian Eriksen ist jetzt ein Star dazugekommen. Der Start ist ihnen gelungen. Ich bin gespannt.
Was für ein Spiel erwarten Sie?
Volkswagen feiert am Samstag mit einem Jubiläumsspiel gegen den FC sein 80-jähriges Bestehen. Das Stadion ist ausverkauft. Es wird hoffentlich ein geiles Spiel. Und ich hoffe, dass wir die drei Punkte mitnehmen.
Werden Sie jubeln, sollten Sie ein Tor erzielen?
Ich habe Respekt vor Wolfsburg. Der Verein hat mir die Chance gegeben, in der Bundesliga zu spielen. Von daher glaube ich, dass ich eher leise jubeln werde.