Vorsprung auf die Bayern schrumpftBayer Leverkusen mit torlosem Remis gegen Gladbach

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Florian Neuhaus Gladbach rettet den Ball vor Jeremie Frimpong

Jeremie Frimpong riss mit seinem Tempo oft Lücken in die meist formierte, teilweise aber auch aufgerückte 5:3:2-Defensive der Borussia.

Trotz 75 Prozent Ballbesitz und zahlreicher Torchancen, kommt Bayer nicht über ein 0:0 gegen disziplinierte Gladbacher hinaus.

„Nie Deutscher Meister, ihr werdet nie Deutscher Meister“, intonierten tausende von Gladbach-Fans nach dem torlosen Unentschieden in der BayArena. Die Schmähgesänge aus dem Gästeblock nahmen die Profis auf dem Rasen, wenn überhaupt, nur peripher wahr. Und doch standen sie nach Bayer Leverkusens erstem Saisonspiel ohne eigenen Treffer, sinnbildlich: 28 Torschüsse, 948 gespielte Pässe und 75 Prozent Ballbesitz hatten gegen das widerspenstige Borussia Mönchengladbach nicht gereicht, um den 3:2-Sieg des FC Bayern in Augsburg zu kontern und den eigenen Vier-Punkte-Vorsprung über den 19. Bundesliga-Spieltag zu transportieren.

„Natürlich waren das zwei verlorene Punkte“, grantelte Jonas Hofmann nach dem 0:0 gegen seinen Ex-Klub, „aber Xabi hat es direkt nach dem Spiel schon gesagt, wir werden in keinster Weise negativ“. Angesichts des Fehlens von sieben potentiellen Stammspielern, gab es beim Tabellenführer tatsächlich genügend Gründe, dem Ansatz des Trainers zu folgen. Nach dem Duell gegen den zwölfplatzierten NRW-Rivalen, bei dem Alonsos Vorgänger Gerardo Seoane an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrte und so etwas wie späte Genugtuung erfuhr, deuteten die Gesichtsausdrücke von Fernando Carro und Simon Rolfes aber das Gegenteil an:

Bayer Leverkusen mit viel Ballbesitz und hochkarätigen Torchancen

Hatte der Klubboss doch Bayer 04s Selbstverständnis betont, in allen Wettbewerben am Ende ganz oben stehen zu wollen. Und auch Geschäftsführer Rolfes wirkte angefressen, als er von fehlender „Entschlossenheit vor dem Tor“ und der „Gier den Treffer zu erzielen“ sprach. „Das war zwar kein schlechtes Spiel“, würdigte er den dominanten Ballbesitz seines Teams ebenso wenig herab, wie das griffige Gegenpressing, das Gladbache in 95 Minuten nur vier Torschüsse zuließ.

„Wenn wir es geschafft haben, im kleinen Zeitfenster einen freizuspielen, war der mögliche Torschütze aber häufig nicht vorbereitet“, ärgerte sich Rolfes über unsaubere, erste Ballkontakte, fehlende Vororientierung oder zu umständliches Angriffsspiel. Eine der dicksten Möglichkeiten hatte Florian Wirtz. Als das Leverkusener Pressing Franck Honorat dazu brachte, im eigenen Strafraum Granit Xhaka anzuspielen, kam der Ball über Patrik Schick zu ihm. Wirtz‘ Abschluss geriet gegen den eigentlich unvorbereiteten Moritz Nicolas aber zu zentral.

Nadiem Amiri erstmals bei Leverkusen in der Startelf

Um den Gästekeeper zu überwinden, fehlten dem erstmals für die Startelf nominierten Nadiem Amiri (neben Xhaka auf der Doppelsechs) aus der Distanz ein paar Zentimeter (5.), Hofmann, Wirtz und nochmal Hofmann ein besserer Winkel (18., 36., 45.+1) und Alejandro Grimaldo die Präzision (40.). Im eigenen Tor erhielt erstmals Matej Kovar den Bundesliga-Vorzug vor Lukas Hradecky. Der 23-jährige Tscheche hatte sich bei fünf Europa League- (2 Gegentore) und zwei DFB-Pokal-Siegen (3) bereits als zukünftige Nummer eins empfohlen und sollte sich mit Blick auf das Pokal-Viertelfinale gegen Stuttgart am 6. Februar einspielen.

„Die Idee war, dass er vor dem Pokal ein besseres Gefühl hat, aber Lukas ist gegen Darmstadt wieder im Tor“, erklärte Alonso seine überraschende, aber geglückte Torwart-Rotation. Bis auf eine Unsicherheit beim Schuss von Gladbachs Koné, den Kovar ohne schlimmere Konsequenz abprallen ließ (32.), blieb der elf Jahre jüngerer Herausforderer nahezu beschäftigungslos, strahlte aber Sicherheit aus. Diese konnten seine Vorderleute nutzen, um auch in Halbzeit zwei auf Sieg zu spielen.

Gladbach verteidigt mit 5-er-Kette

Jeremie Frimpong riss mit seinem Tempo oft Lücken in die meist formierte, teilweise aber auch aufgerückte 5:3:2-Defensive der Borussia. „Wir haben aber den letzten Punch, den Willen und die Bereitschaft vermissen lassen, dieses Tor zu erzielen“, monierte Jonas Hofmann das entscheidende Defizit. Wegen Frimongs ungenauem Flachschuss im Konter (57.), Grimaldos verzogener Großchance aus 13 Metern (60.) und Joker Nathan Tella, der den Ball aus kurzer Distanz nicht kontrolliert an Nicolas vorbeibrachte (90.+2), verpasste die Werkself den dritten Last-minute-Sieg in Folge.

Zwei Wochen vor dem Gipfeltreffen mit Bayern München betonte aber nicht nur Hofmann die eigene Tabellenführung. Auch Xabi Alonso ließen die Sprechchöre der gegnerischen Fans ebenso kalt, wie etwaige Störfeuer aus Bayerns Hauptstadt. „Es sind noch 15 Spiele. Wenn ich jetzt schon nervös wäre, bin ich im Mai kaputt und das ist nicht meine Idee“, stellte der spanische Weltmeister klar.

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