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Interview

KEC-Trainer Kari Jalonen
„Ich muss meine Teams nicht anschreien“

5 min
Trainer Kari Jalonen (Kölner Haie)

Trainer Kari Jalonen (Kölner Haie)

Kari Jalonen will die Kölner Haie zum ersten Titel seit 2002 führen, bevor er zurück nach Finnland geht. Wir haben mit ihm gesprochen.

Kari Jalonen schickt sich an, die erste Deutsche Eishockey-Meisterschaft seit 2002 nach Köln zu holen. Dafür müsste der Haie-Coach wiederholen, was ihm in seiner finnischen Heimat mit Oulun Kärpät und HIFK Helsinki gelang. 2008 und 2011 verabschiedete er sich dort jeweils mit dem Titel. Alexander Wolf hat sich vor dem Spiel am Freitag in Wolfsburg mit dem 65-Jährigen unterhalten.

Herr Jalonen, vor der Deutschland Cup-Pause haben Sie betont, wie wichtig es ist, ein paar Tage abzuschalten. Konnten Sie tatsächlich mal nicht an Eishockey denken?

Ja, ich bin in der Pause nach Finnland gefahren und habe dort Zeit mit der Familie verbracht. Aber dann ging es schnell an die Analyse der bisherigen Saison. Es sind jetzt 17 Spiele gespielt und die größte Sache, die ich sehe, sind nicht die Resultate (10 Siege und 7 Niederlagen; Anm. d. Red.), unser Unterzahlspiel (sechstbestes der Liga) oder das Powerplay (nur Mannheim ist stärker). Es ist der tolle Teamgeist, den wir aufgebaut haben. Das habe ich zum Beispiel am Dienstag gemerkt, als sich alle Spieler zum Sessionsauftakt Kostüme angezogen und einen schönen Tag verbracht haben.

Auch der Karneval ist also nicht an Ihnen vorbeigegangen. Wie haben sie den Elften im Elften am Dienstag erlebt?

An diesem Tag habe ich Dinge gesehen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe (lacht). Die Karnevalseröffnung in der Stadt habe ich im vergangenen Jahr nicht mitbekommen. Ich bin am Dienstag gegen 17 Uhr durch Köln gelaufen und war wirklich erstaunt über die tollen Kostüme, die die Kinder, aber auch ganze Familien getragen haben. Das werde ich niemals vergessen.

In solchen Momenten fällt Ihnen der Abschied aus Köln nach dieser Saison sicher noch etwas schwerer?

Ich habe das schon im Oktober, als es um dieses Thema ging, gesagt. Der Hauptgrund für meine Entscheidung ist die Familie. Meine Frau, die zwei Kinder und unser Haus in Turku. Aber ich genieße meine Zeit hier in Köln wirklich sehr. Wir haben in der vergangenen Saison überrascht, als wir ins Finale gekommen sind und ich bin wirklich glücklich hier. Dass es nach der Saison zurück in die Heimat geht, bespreche ich nicht gerne, weil wir noch viel Arbeit zu erledigen haben.

Die Reaktion der Mannschaft auf die Nachricht, dass sie gehen werde, war bemerkenswert. Es gab keine Spur von Verdrossenheit. Im Gegenteil: Das Team hat in den Spielen noch einmal ein paar Schippen draufgelegt.

Jeder im Team versteht es. Das spricht auch für den Charakter der Jungs. Sie haben auf dem Schirm, dass ich in den vergangenen 14 Jahren an vielen unterschiedlichen Orten, in Europa und auch in Russland war. Aber irgendwann ist die Zeit gekommen, nach Hause zu gehen.

In Oulu und Helsinki haben Sie sich als Trainer jeweils mit der Meisterschaft verabschiedet…

Ja, das stimmt, das ist so passiert. Aber ich sage immer, wenn du im Sportbusiness bist, egal ob als Läufer, Skifahrer oder Eishockeyprofi. Du solltest immer einen Traum haben. Auch ich habe natürlich einen Traum und hoffe, dass wir nach dem Finale im Vorjahr jetzt den ganzen Weg gehen können.

Im Vergleich zu Ihrer ersten Saison beim KEC wirkt die Mannschaft jetzt schon weiter. Bestätigen Sie diesen Eindruck?

Ja, die Dinge gehen jetzt schneller vonstatten, weil die Hälfte des Teams schon im vergangenen Jahr da war. Jetzt haben wir die Struktur schon verinnerlicht. Das ging viel schneller als in der vergangenen Saison, als wir und vor allem ich als Trainer sehr geduldig sein mussten. Jetzt wissen die Jungs, wie wir spielen wollen. Aber selbst wenn wir in einer guten Position sind, gibt es noch viel Potenzial.

Wo genau sehen Sie dieses Potenzial?

Ich habe den Jungs gesagt, dass wir jetzt wissen, wie jeder Gegner spielt, es aber an der Zeit ist, uns auf unser Spiel zu konzentrieren. Es geht um Kleinigkeiten, die wir besser machen können. Der Prozess geht in die richtige Richtung, aber offensiv können wir sicherlich noch etwas mehr scoren. Deswegen versuchen wir den Jungs zu helfen, indem wir die Reihen immer mal wieder etwas verändern.

Durch die Verpflichtung von Import-Goalie Janne Juvonen kam es zur Situation, dass Tanner Kero als Stürmer der ersten Reihe zum überzähligen Importspieler wurde. Eine harte Entscheidung?

Nein, ich sehe das nicht so. Ich betrachte die Situation professionell. Es geht immer um das nächste Spiel. Wir bestimmen das Lineup, auch abhängig von der gegnerischen Spielweise. Ich sehe es lieber, wenn ein Spieler im Training noch härter arbeitet, um wieder reinzukommen und dem Team zu helfen.

Hilft Ihnen auch die Zeit als aktiver Spieler, um solche Situationen zu managen?

Auch wenn ich als Topspieler oft in den vorderen Reihen stand, gab es Zeiten, in denen ich hintenanstand. Also weiß ich, wie die Jungs sich fühlen. Heutzutage wird über solche Entscheidungen gesprochen, früher war das nicht so. Aber ich glaube, dass solche Gespräche vor der Mannschaft und auch individuell mit den Spielern helfen. Das ist für mich Führungsstärke.

Wie würden Sie ihren Führungsstil beschreiben?

Um ein starker Anführer zu sein, muss ich meine Teams nicht anschreien. Mir geht es immer um die Situation, die wir gemeinsam analysieren, darüber sprechen und dann geht es vorwärts. Ich probiere auch in schlechten Phasen immer das Positive zu fokussieren. Und wenn es gut läuft, gibt es trotzdem immer etwas zu verbessern.

So waren Sie nicht nur in Ihrer Heimat sondern auch in Russland, Tschechien oder der Schweiz als Trainer sehr erfolgreich. Gibt es etwas, das all Ihre erfolgreichen Teams eint?

Der Teamspirit ist der stärkste Faktor, den alle großen Teams brauchen. Das war überall so und auch im vergangenen Jahr waren wir bei den Haien schon sehr eng zusammen. Aber das kommt nicht von alleine, das muss die Gruppe auch herausarbeiten. Als Trainer bin ich nur ein Teil des Ganzen. Ich mag es zum Beispiel, wenn der Klub Weihnachtsfeiern, Halloween oder Karneval organisiert.

Zuletzt haben mit Gregor MacLeod der Topscorer und Valtteri Kemiläinen als Nummer eins-Verteidiger ihre Verträge bis 2028 verlängert. Ist das ein Zeichen, dass es auch ohne Kari Jalonen in Köln gut weitergehen kann?

Mit Sicherheit. Da haben Matthias Baldys und Co. einen guten Job gemacht. Das sind gute Unterschriften für den Klub, auch für die Spieler und die Fans. Nur weil ich die Organisation verlasse, muss sich hier niemand Sorgen machen.

Wie interpretieren Sie die aktuelle Lage in der DEL?

Die Liga ist besser als in der vergangenen Spielzeit. Straubing spielt als führendes Team aktuell stark. Auch Augsburg ist gut unterwegs. Wenn man sieht, dass Berlin nach vielen Verletzungen hinter uns liegt, weiß jeder, dass sie noch groß aufkommen werden, wenn sie mehr gesunde Spieler haben. Auch München hatte vielleicht keinen guten Saisonstart, spielt aber sehr gut. Das wird ein gutes und spannendes Rennen um die Top-Sechs.

Bis zu Ihrem Abschied im Sommer haben Sie also viel zu arbeiten?

Das ist nicht meine Arbeit, das ist meine Leidenschaft, also ein großer Unterschied. Wenn es anfängt, sich wie Arbeit anzufühlen, dann höre ich auf. Ich habe nach wie vor diese Leidenschaft, komme immer mit einem Lachen aufs Eis. Ich liebe Eishockey, liebe es, mit den Jungs jeden Tag zu arbeiten. Das ist eine gute Situation.

Das klingt nicht so, als würden Sie ab Sommer 2026 in Ruhestand gehen. Was treibt Sie an?

Ich mag Herausforderungen und verfolge immer die nächste. Wenn ich eine neue Challenge gefunden habe, versuche ich mein Bestes zu geben, dem Klub und den Spielern zu helfen. So sehe ich das.